Lektine vs. COVID
transkript. Im September 2020 hat die Nomad Bioscience eine Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-IZI vereinbart, die die GMP-gerechte Produktion antiviraler Lektine mit Aktivität gegen umhüllte Viren wie SARS-CoV-2 vorsieht. Was wollen Sie tun und wo stehen Sie?
Gleba. Die antivirale Produktpipeline von Nomad besteht aus Lektinen – Biologika, die ein hohes Potential als vorbeugende Therapeutika gegen umhüllte Viren aufweisen. Wegen der aktuellen Zuspitzung der Coronavirus-Pandemie hat Nomad präklinische Studien zur Entwicklung von Griffithsin (GRFT), dem bekanntesten Lektin, gestartet. Parallel werden eine Reihe anderer Lektine mit hoher antiviraler Aktivität gegen umhüllte Viren, einschließlich Coronaviren, als potentielle Wirkstoffe zur Vorbeugung und frühen Therapie einer Infektion mit SARS-CoV-2 entwickelt. Dies erfolgt in enger Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig und Halle (IZI, IZI-MWT). In Kooperation mit beiden Instituten entwickeln wir mehrere präklinische In-vitro- und In-vivo-Testsysteme unter Nutzung aktiver Viren zur Beurteilung von Sicherheit und Wirksamkeit. Diese Zusammenarbeit ermöglicht es, unsere präklinische Entwicklungsarbeit erheblich zu beschleunigen.
transkript. Welches Expressionssystem wollen Sie nutzen, um antivirale Lektine wie Griffithsin zu produzieren, und inwieweit bietet es einen Vorteil gegenüber E. coli-basierten Produktionssystemen?
Gleba. Die pflanzlichen Proteinexpressionstechnologien von Nomad wurden über mehr als 20 Jahre von Forschern der Icon Genetics und von Nomad Bioscience in Halle entwickelt. Die Plattform ist der Goldstandard der Branche. Sie bietet das höchste Expressionsniveau an rekombinanten Proteinen in Pflanzen, was zu niedrigsten Produktionskosten führt. Nomad hat eine effiziente, GMP-fähige und skalierbare Produktionsmethode zur Herstellung von GRFT in Tabakpflanzen entwickelt, die sich durch sehr hohes Expressionsniveau, Reinheit und Ausbeute auszeichnet.
transkript. Welche Art an Medizinprodukten zur Prävention und Therapeutika zur Behandlung frisch diagnostizierter COVID-19-Infizierter haben Sie dabei im Sinn?
Gleba. Das in der Entwicklung befindliche Medizinprodukt ist ein Nasenspray – eine Inhalationstherapie wird ebenfalls untersucht –, um die Übertragung von SARS-CoV-2 über den Nasen-Rachenraum zu verhindern. Unabhängig davon kann das Produkt für alternative vorbeugende Maßnahmen wie die Imprägnierung von Gesichtsmasken oder die Implementierung in Lüftungs- und Klimaanlagen entwickelt werden. Sowohl Anwendungen vor als auch zeitnah nach der Infektion werden in laufenden Studien getestet.
transkript. Wie sieht Ihr Zeitplan hinsichtlich der zur Zulassung, CE-Zertifizierung erforderlichen klinischen Studien aus und wann können Sie auf dem Markt sein?
Gleba. Wir planen, alle vorklinischen Studien im Jahr 2021 und die klinischen Studien im Zeitraum 2022–23 abzuschließen. Die anschließende Registrierung, Skalierung und Herstellung eines direkt wirkenden antiviralen GRFT-Produktes sollen ab Ende 2023, Anfang 2024 zur Verfügbarkeit der Präparate führen.
transkript. Inwieweit konnten Sie bereits Fördermittel (zum Beispiel EFRE) akquirieren, um dem Ziel der Produktentwicklung näherzukommen?
Gleba. Begleitet durch die BMD Life Sciences und deren Geschäftsführer Michael Täger haben wir bereits in der Vergangenheit aktive Unterstützung durch das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen der F&E-Förderung mit EFRE-Mitteln erfahren und sind dafür sehr dankbar. Aktuell haben wir zwei Projekte beantragt, die explizit auf die Prävention und Therapie von Corona-Infektionen abzielen und mit denen die oben genannten Entwicklungen unserer Lektin-Kandidaten realisiert werden sollen. Darüber hinaus befindet sich eine GRW-Zuwendung für die Kofinanzierung unserer geplanten GMP-Produktionseinheit in Halle (Saale) in der Antragsbearbeitung.
Interview aus |transkript 1/2021