Protac-Analyse in Echtzeit
Die bifunktionalen Protacs (Proteolysis targeting chimera) führen ein spezifisches Protein und eine E3-Ubiquitin-Ligase zusammen. Dieser Komplex (ternärer Komplex) führt zur Übertragung von Ubiquitin durch die Ligase auf das Protein, das anschließend durch das Proteasom degradiert wird. Die Möglichkeit, spezifisch Proteine für den Abbau zu markieren, macht das Proteasom für therapeutische Zwecke interessant. Fehlerhafte Proteine, die für Krankheiten verantwortlich sind, können so eliminiert und die Krankheit behandelt werden.
Protacs agieren im Zytoplasma und benötigen daher zellbasierte Methoden. Lumineszenzassays verfolgen die Protac-Aktivität in der Zelle und in Echtzeit. Der Assay funktioniert folgendermaßen: Der Nachweis der Bildung des ternären Komplexes aus E3-Ligase, Protein und dem Protac erfolgt mit Hilfe von NanoBRETTM (Promega). Das Protein wird an eine Luciferase gekoppelt und die Ligase an ein Fluorophor. Sobald beide durch ein Protac verbunden sind, wird Energie von der Luciferase auf das Fluorophor übertragen und die Bildung des Komplexes angezeigt. Die Energieübertragung von einer Luciferase auf ein Fluorophor nennt sich Biolumineszenz-Resonanz-Energie-Transfer (BRET), die Verwendung der hellen Nano-Luciferase heißt NanoBRET.
Dieses Prinzip wurde für die Analyse eines Protacs für die Ubiquitinierung von BRD4 durch die E3-Ligase VHL angewendet. BRD4 interagiert mit acetylierten Histonen und Transkriptionsfaktoren und ist an der Transkription von Onkogenen beteiligt. Somit ist es ein Arzneimittelziel für Krebsmedikamente. Für die Protac-Untersuchung wurden HEK293-Zellen genutzt, die LgBiT exprimieren, eine nicht funktionale Luciferase. Durch ein Knock-in von BRD4-HiBiT wird die Luciferase komplettiert und funktionsfähig. Zudem ist BRD4 nun an die Luciferase gebunden. Durch Transfektion exprimieren die Zellen zusätzlich die Fluorophor-tragende E3-Ligase VHL. Bringt ein Protac die Fluorophor-gekoppelte Ligase und das Luciferase-gebundene Protein zusammen, kommt es zum Energietransfer (Abb. A).
Dieses Zellsystem wurde mit verschiedenen Konzentrationen des Protac-Moleküls ARV-771 inkubiert. Die Signale von Luciferase und Fluorophor wurden mit dem Mikroplattenreader CLARIOstar® Plus über drei Stunden nach Protac-Zugabe gemessen. Das Gerät schafft mit CO2- und Temperaturregelung optimale Zellkulturbedingungen und erfasst zuverlässig die Signaländerungen. Das Ergebnis wird als Verhältnis von Fluoreszenz zur Lumineszenz angegeben: der BRET-Ratio. Diese steigt nach Zugabe der Protacs an und zeigt die Bildung des ternären Komplexes zwischen BRD4, Protac und VHL. Der Anstieg der BRET-Ratio hängt von der Konzentration ab: je höher die Protac-Konzentration desto schneller steigt das BRET-Signal an und desto höher ist es am Ende des Versuchs nach drei Stunden (Abb. B).
aus transkript 3/2020, LABORWELT-Spezial Zellbiologie & Genomics