Ein Hochleistungsmikroskop, das erschwinglich ist auch für diejenigen, die sich solch eine Ausrüstung normalerweise nicht leisten können, hat ein junges Forscherteam in Jena entwickelt.
Man nehme einen 3D-druckbaren Würfel mit einer Kantenlänge von 5 cm und bestücke ihn je nach Bedarf mit Linsen, LEDs und einer Smartphone-Kamera. Werden mehrere dieser Würfel auf eine magnetische Raster-Grundplatte gesteckt – ähnlich wie bei den altbekannten Steckbausteinsystemen aus Kindertagen –, entsteht ein Hochleistungsmikroskop, das hochaufgelöste Bilder liefert wie seine kommerzielle Konkurrenz, aber im Gegensatz dazu nur wenige hundert Euro kostet. „Mit unserer Methode lässt sich schnell das passende Gerät zusammenstellen, um bestimmte Zellen abzubilden“, erläutert Benedict Diederich, Doktorand am Leibniz-IPHT, der den optischen Baukasten dort gemeinsam mit René Lachmann entwickelte. „Wird beispielsweise eine rote Wellenlänge als Anregung benötigt, baut man einfach den passenden Laser ein und tauscht den Filter. Braucht man ein inverses Mikroskop, stapelt man die Würfel entsprechend.“ Je nach benötigter Auflösung, Stabilität, Dauer oder Mikroskopiemethode lassen sich Elemente kombinieren und im Rapid-Prototyping-Verfahren testen.
„Kommerzielle Mikroskope, mit denen sich Pathogene über einen längeren Zeitraum untersuchen lassen, kosten das Hundert- bis Tausendfache unseres UC2-Aufbaus“, so Diederich. „Die schleust man kaum in ein kontaminiertes Labor ein, aus dem man sie gegebenenfalls nicht mehr herausholen kann, weil die Reinigung nicht ohne weiteres möglich ist.“ Das UC2-Mikroskop hingegen könnte nach einem Einsatz im biologischen Sicherheitslabor einfach recycelt oder verbrannt werden.
An der Entwicklung des Optikbaukastens UC2 (You.See.Too.) waren nicht nur Nachwuchswissenschaftler vom Leibniz-Institut für photonische Technologien (IPHT), sondern auch von der Friedrich-Schiller-Universität und dem Universitätsklinikum Jena beteiligt. Baupläne und Software sind frei zugänglich für jedermann auf der Entwicklungsplattform GitHub. Rückmeldungen der Nutzer ergänzen und verbessern das System, ausführliche Dokumentationen machen eine Reproduktion der Experimente und ihre Weiterentwicklung möglich. Die Jenaer Forscher sehen das als ihren Beitrag zu einer offenen und transparenten wissenschaftlichen Arbeit, von der Forscher überall auf der Welt profitieren können – unabhängig von ihrer finanziellen Ausstattung. (Benedict Diederich, René Lachmann et al.: A Versatile and Customizable Low-Cost 3D-Printed Open Standard for Microscopic Imaging. Nature Communications 11 (2020), DOI: 10.1038/s41467-020-19447-9.)
Für Menschen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs wurde "UC2: The Box" entwickelt, darin ein Bausatz, mit dem optische Konzepte und Mikroskopie-Methoden kennengelernt und ausprobiert werden können. „Die Bauteile lassen sich zum Projektor oder zum Teleskop kombinieren; man kann sich ein Spektrometer oder ein Smartphone-Mikroskop bauen“, erläutert Barbora Maršíková, die die Experimente entwickelt hat. So haben sich Jenaer Schüler mit Hilfe des Bausatzes und eines Smartphones ein eigenes Mikroskop gebaut und auf die Suche nach Plastikpartikeln in Kosmetika gemacht.
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