CO2 braucht einen Preis – die Politik muss jetzt handeln
Warum ein CO2-Preis? Erstens straft er den Verbrauch von Kohle, Öl und Gas gemäß ihres Kohlenstoffgehalts und macht gleichzeitig CO2-freie Technologien wie Wind oder Solar wettbewerbsfähig. Denn wenngleich die Erneuerbaren günstiger werden, gibt es immer noch ein Überangebot an noch billigeren fossilen Energieträgern: Während nur noch etwa 1.100 Gigatonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen dürfen, damit das 2 °C-Ziel eingehalten wird, lagern noch etwa 15.000 Gigatonnen CO2 in Form von Öl-, Gas- und vor allem Kohleressourcen im Boden. Diese werden auf absehbare Zeit nicht zur Neige gehen. Ein Preis auf CO2 wirkt dieser ungleichen und wenig umweltfreundlichen Gewichtung entgegen und verhindert, dass die Klimapolitik kontinuierlich gegen die Marktkräfte ankämpfen muss. Ökonomen plädieren schon lange für einen angemessen hohen Preis auf CO2.
Wenngleich die Notwendigkeit eines Preises für effektiven Klimaschutz schon lange klar ist, so hapert es doch bei der politischen Umsetzung, denn höhere Steuern oder Abgaben sind weder in der Wirtschaft noch bei der Bevölkerung beliebt. Um Proteste wie in Frankreich zu vermeiden, ist eine sozialverträgliche Umsetzung die Grundbedingung.
Neben Investitionen in CO2-arme Infrastruktur verspricht vor allem eine Maßnahme Erfolg: die zielgerichtete Kompensation bestimmter Bevölkerungsgruppen beziehungsweise Firmen. Dies verursacht zwar Kosten, die aber mit Einnahmen aus der CO2-Bepreisung ausgeglichen werden können. Das sind keine Luftschlösser, sondern dafür gibt es schon zahlreiche internationale Beispiele: von der Schweiz bis Kanada, von Indien bis Kolumbien wird die Rückgabe von Einnahmen an die Bevölkerung bereits erfolgreich durchgeführt. Die Akzeptanz für die Einführung von CO2-Preisen hängt dabei vor allem von der Verwendung der Steuereinnahmen, einer transparenten Kommunikation der Reform sowie von der Vermeidung sozialer Härtefälle ab.
Besonders für im internationalen Wettbewerb stehende Industrien ist – neben möglichen Kompensationen – darüber hinaus wichtig, dass nicht nur national ein CO2-Preis eingeführt wird, sondern auch international, so dass einheitliche Wettbewerbsbedingungen herrschen. Wichtiger Anknüpfungspunkt wären hier die G20-Staaten, die für mehr als 80 Prozent der Emissionen verantwortlich sind. Hier hat sich in den vergangenen Jahren schon einiges getan. Zuletzt hat China mit der Ankündigung, einen Emissionshandel einführen zu wollen, für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Weltweit gibt es schon jetzt mehr als 50 Länder oder regionale Initiativen wie in den USA, die eine Bepreisung von CO2 eingeführt haben.
Um der schnell voranschreitenden Erwärmung der Erde Einhalt zu gebieten, muss aber dringend mehr passieren: Denn ungefähr 50% der an die Energiewinnung gekoppelten Emissionen in den OECD- und G20-Ländern ist bisher noch komplett unbepreist, selbst unter Einrechnen der Energiesteuern. Lediglich knapp 10% dieser Emissionen sind mit einem Preis belegt, der mit den Pariser Klimazielen vereinbar ist. Das ist zu wenig. Wenn die Politik das Erreichen der Ziele des Pariser Klimaabkommens ernst nimmt, sollte sie diese Handlungslücke möglichst schnell schließen und höhere CO2-Preise einführen. Nicht nur für Strom und bestimmte Teile der Industrie, wie derzeit, sondern auch in den Sektoren Verkehr und Gebäude. Deutschland könnte hier mit europäischen Partnern vorangehen. Denn ohne einen angemessenen CO2-Preis wird sich die Tür zum 2 °C-Ziel unwiderruflich schließen. •
Erschienen in |transkript 01/2019