Von Janus, Deals und dem stummen Frühling
Janus
Es scheint, dass der römische Gott Janus derzeit die Biotechnologie-Branche hierzulande beherrscht. Der war nämlich für die Ursprünge, den Anfang und das Ende, die Ein- und Ausgänge und ganz besonders für Unternehmungen zuständig, denen er Schutz und Unterstützung gewähren sollte. „Janus symbolisiert die Dualität in den ewigen Gesetzen. Beide Seiten der Dualität entziehen sich dabei immer einer objektiven Wertung und sind damit weder gut noch schlecht“, heißt es bei Wikipedia. Insofern muss ich vorsichtig sein mit dem, was ich hier schreibe. Zwei „Deals“ werden in diesem Heft vermeldet, bei denen hiesige Unternehmen in ausländische Hände übergehen: Rigontec und Metabolomic Discoveries. Auf der einen Seite der Dualität steht, dass dies Beweis und Anerkennung für die Leistungsfähigkeit der deutschen Forschung sind, die Investoren ein erfreuliches „Multiple“ einstreichen können und überhaupt auch deutsche Firmen im Ausland zukaufen. Globalisierung halt. Die andere Seite lässt Besorgnis um den Zustand der KMU-geprägten Branche wachsen, das böse Wort vom „Ausverkauf“ ist zu vernehmen, auch „Verstoffwechselung von Fördergeldern“ wird schon beklagt. Das unternehmerische Wollen – sprich das Verlangen, ein Unternehmen langfristig und unabhängig zu betreiben – scheint häufig nicht sehr stark zu sein. Da mag der Zeitgeist eine Rolle spielen, das Denken in Projekten, Apps & Co. lassen grüßen. Anderswo auf der Welt ist man ehrgeiziger, da geht die Post ab. Sie merken schon, liebe Leser, ich bin letztlich doch nicht wie der olle Janus, der die Sache mit der Dualität so gelassen sah – der hatte schließlich auch zwei Gesichter. Ich habe nur eines und mache mir bei jedem Unternehmen weniger zumindest volkswirtschaftliche Sorgen.
Wahlen 2017
„It‘s the economy, stupid!“ Oh, wie recht Bill Clinton doch hatte. In Deutschland brummt die Wirtschaft, da lässt sich die Bevölkerung doch gerne von „Mutti“ sedieren. Zum Glück ist dieser angebliche Wahlkampf bald zu Ende und hoffentlich führt die gähnende Langeweile desselben nicht zu peinlich niedriger Wahlbeteiligung. (In Österreich wird übrigens kurze Zeit später gewählt. Mit mehr Tiefgang?) Haben Sie auch den Wahl-O-Mat genutzt, liebe Leser? Wenn dessen Fragen das widerspiegeln, was die Bürger tatsächlich umtreibt, na dann Gute Nacht. Auf die angebotene „Wichtung“ hatte ich diesmal verzichtet, weil mir keine einzige Frage dafür wichtig genug war. Um nur ein einziges Gegenbeispiel zu nennen: Sehr wichtig wäre mir gewesen, dass der dramatische Rückgang der Insekten in Deutschland thematisiert wird, mit allen ökologischen Folgen für die nahe Zukunft. Mit Rachel Carsons Buch „Der stumme Frühling“ fing meine Beschäftigung mit der Biologie vor langer Zeit an – nie hätte ich gedacht, Jahrzehnte später einmal einem vergleichbaren Szenario gegenüberstehen zu müssen. Ein toller Sommerflieder steht vor meinem Haus. Über Wochen habe ich nicht einen einzigen Schmetterling darauf gesehen. Artenvielfalt? Biodiversität? Neonicotinoide? Kein Wort dazu. Die Kanzlerin besuchte lieber die „Gamescom“ in Köln, das nationale Treffen der Computerspiele-Branche, deren Größe übrigens mit der der deutschen Biotech-KMU-Branche vergleichbar ist. Da wären wir wieder beim alten Rom: Panem et circensis, Brot und Spiele, funktionierte damals schon. Mit bekanntem Ergebnis: Sic transit gloria mundi!