Von Krokodilen, Robotern und einem Silberstreif am Horizont
Das große Krokodil bewegt sich nur, wenn es muss
„Your old road is rapidly aging“ – diese Zeile aus einem Lied Jahrgang 1963 geistert mir durch den Kopf, wenn ich, denselben schüttelnd, die quälende Regierungsbildung in Deutschland verfolge. Die einen wollen ideenlos nur an den Töpfen bleiben, die anderen sind entweder ratlos oder verfolgen eine politische Agenda von vorgestern. Dieses ganze Sondierungspapier ist doch derart rückwärtsgewandt, dass einem klar wird, dass die GroKo-Parteien eines nicht verstanden haben: „The times they are a-changin“. Es lohnt sich übrigens, den ganzen Liedtext zu lesen – passt prima zu den heutigen echten Herausforderungen, von denen Bob Dylan damals noch nichts wissen konnte. Bei „...admit that the waters around you have grown“ könnte man an die Klimaerwärmung denken. Wenn ich mir für die kommenden Jahre etwas wünschen dürfte: Die Einrichtung eines Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Zukunft (BMNZ), das jegliche Regierungsvorhaben auf Langfristtauglichkeit prüft und im Negativfall ein Vetorecht hat. Und vor allem eine Verfassungsänderung, die die Amtszeit des Bundeskanzlers auf zwei Legislaturperioden begrenzt. Mit dieser Regelung haben viele Länder beste Erfahrungen gemacht, von Costa Rica bis zu den USA.
Die aktuelle Sau, die durchs Dorf getrieben wird
Zur angeblich besinnlichen Jahreswende konnte man wieder viel über Disruption und „the next big thing“ lesen. Der größte Aufreger ist derzeit die Künstliche Intelligenz, kurz KI. Allerlei Propheten, die uns sonst den 24. Pizza-Bringdienst mit App als Fortschritt verkaufen wollen, schwadronieren nun von der glückseligmachenden Zukunft der autonomen Computer. Oder von der grauenhaften Bedrohung durch ebendiese. Biologen kommen dabei nicht zu Wort. Worauf beruht denn der bisherige kulturelle und technische Fortschritt? Auf der eingebauten Unruhe des Menschen, die aus einer Kombination von Emotion und Intellekt besteht. Gefühle wie Liebe, Hass, Gier oder Barmherzigkeit sind es letztlich, die für den Antrieb sorgen, theoretisch Gelerntes zu kombinieren und in die Realität zu übertragen. Eine komfortable Sprachsteuerung für „Elektronengehirne“ mag manches in unserem Alltag verändern, den Menschen aber bestimmt nicht. Erstaunlich ist für mich, dass die größte echte Disruption der letzten Jahrzehnte so selten in den Fokus der Wahrsager und Propheten am Jahresende gerät: Die Erkenntnisse der molekularen Biologie haben nun wirklich das Potential, unsere Zukunft zu gestalten – im Guten wie im Schlechten. Denn sie geben uns das Werkzeug in die Hand, uns selbst zu verändern. Hier wird sich in den kommenden Jahrzehnten das wirklich Entscheidende für die Zukunft der Menschheit tun. Das selbstfahrende Auto ist nur die letzte Zuckung einer technischen Entwicklung des 19. Jahrhunderts.
Und wo bleibt das Positive?
Das im Vorfeld des Weltwirtschaftsforums in Davos veröffentlichte „Edelman Trust Barometer“ hat ermittelt, dass in Zeiten der „Fake News“ hierzulande den seriösen Medien und auch den Journalisten ein wieder steigendes Vertrauen entgegengebracht wird. Die BIO Deutschland hat derweil ihre Mitglieder befragt, welche Informationsmedien sie nutzen. Das Ergebnis freut uns natürlich besonders: |transkript ist mit mehr als 90% das absolut wichtigste Fachmedium in den deutschen Biotechnologie-Unternehmen. Das bedeutet Verpflichtung und Ansporn zugleich im 24. Jahrgang.