Was kommt, was bleibt?
Hat „Science Fiction“ einen Platz in |transkript? Eigentlich nicht, doch Ausnahmen bestätigen die Regel. Ist dieser vielerorts ebenso heiße wie extrem trockene Sommer ein Vorgeschmack auf das, was kommt, wenn die Menschheit (!) nicht dringlichst das fossile Zeitalter beendet? Was passiert eigentlich, wenn wir die Erderwärmung nicht auf 1,5 oder 2 Grad begrenzen? Jüngste Veröffentlichungen in Nature oder PNAS beschäftigen sich mit dem bislang Undenkbaren: das baldige Ende des Anthropozäns. Die verschiedenen Autoren verweisen darauf, dass sämtliche der großen Massenauslöschungen in der Weltgeschichte von klimatischen Umbrüchen zumindest begleitet waren. Seit rund 12.000 Jahren nun war das Klima weitgehend stabil – und jetzt kommen wir und stören oder zerstören dieses Gleichgewicht binnen 200 Jahren. Vor Kipppunkten warnen die Klimaforscher schon seit Jahrzehnten. Doch jetzt kommt ins Spiel, dass es möglicherweise oder wahrscheinlich ökologische Kippelemente gibt, die wir mangels Erfahrung noch gar nicht kennen! Die verschiedenen Einflüsse des Menschen mit seinem „öko-suizidalen Lebensstil“ potenzieren sich womöglich gegenseitig in ihren negativen Auswirkungen. Immer mehr Wissenschaftler richten nun ihr Augenmerk auf das, was die Politik weltweit noch ausblendet: ein Zusammenbruch der menschlichen Zivilisation, gar das Aussterben der Menschheit.
An dieser Stelle das versprochene Häppchen Science Fiction zur Verdeutlichung: In ein paar hunderttausend Jahren hat sich die Erde erholt, ein blaues Juwel mit grünen Kontinenten. Im Unterholz der riesigen Wälder tummeln sich kleine, flaum-pelzige Hominiden, die sich in einer simplen Glottisschlag-Sprache miteinander verständigen. Die Nachkommen des Homo sapiens. Verrückt? Die mächtigen Dinosaurier hätten sich auch nicht träumen lassen, dass ihre Nachfahren dereinst als Singvögel die Vorgärten von Säugetieren bevölkern.
Nun denn, wir halten es dennoch mit denen, die am Vorabend der Apokalypse noch einen (standortgerechten) Apfelbaum pflanzen und pilgern Anfang Oktober zur INDUSTRIA BIOTEC nach Berlin, wo Europas Industrielle Biotechnologie Lösungen vorstellen wird, mit denen wir den drohenden Untergang noch abwenden können.
Auf Sicht gesehen scheinen wir Europäer uns ja so langsam an den Gedanken einer Rezession zu gewöhnen. Dass Deutschland sich in eine Abhängigkeit von Putins Gas begeben hatte, war eine Eselei. Dass die Granden der Europäischen Zentralbank die Rückkehr der Inflation so lange übersehen wollten, eine andere. Das, plus die globalen Störungen und die Klimakrise, lassen Optimismus schwerfallen. Wie sich die Biotech-Branche in solchen Zeiten schlägt, wird spannend zu beobachten sein. Die Megatrends Gesundheit und Biologisierung bleiben schließlich intakt.
So bietet denn auch diese neue Ausgabe von |transkript eine Fülle spannender Themen: Krach bei Biofrontera, Künstliche Intelligenz, Menschen- kontra Datenschutz, Neues bei Corona, ein Blick auf Finanzierungen, Interviews, Kommentare und vieles mehr. Ein dickes Heft für den Herbst, zu dem die Redaktion allen Lesern eine informative Lektüre wünscht.
Das Editorial ist der aktuellen Ausgabe von |transkript entnommen.