Wettbewerb um Talente
transkript. Frau Zirngibl, Recruiter, Personalagentur, Personalberater, Headhunter … wo ordnet sich die DCZ da ein und warum?
Carmen Zirngibl. Wir haben uns immer als Beraterinnen gesehen. Am Anfang steht stets eine tiefgreifende Analyse der Anforderungen unserer Kunden – welches Know-how und welche Erfahrungen werden gebraucht. Wir müssen vor dem Projektstart verstehen, wie das Unternehmen tickt. So stelle ich mir immer die Frage, ob ich in diesem Unternehmen auch selbst gern arbeiten würde. Damit gelingt es uns, gerade auch die nachgefragten Talente zu aktivieren.
transkript. Aber Sie persönlich sollen ja nicht eingestellt werden ...
Carmen Zirngibl. Natürlich nicht, aber wenn ich etwas genauer hinter die Kulissen schaue, lerne ich erst die Dinge kennen, die heute auch unsere Talente interessieren: wie wird im Unternehmen gearbeitet, wie wird kommuniziert, wie sind die Hierarchien aufgebaut, wie präsentiert sich die Unternehmensführung? Denn diese Analyse ist das wichtige Profil, die Visitenkarte, mit der wir Top-talente ansprechen können, um für beide Seiten einen Mehrwert und Zufriedenheit zu schaffen.
transkript. Dann beraten Sie also auch Unternehmen, welche Themen für die heutige Generation der zukünftigen Mitarbeiter wichtig sind?
Carmen Zirngibl. Ja, das beste für unsere Kunden zu leisten und ihnen unsere Erfahrung zur Verfügung zu stellen, ist ein wesentlicher Aspekt. Aber unsere Kandidaten und Kandidatinnen werden von uns genauso wertgeschätzt und unterstützt. Dieser Fokus ist uns schon seit mehr als zwei Jahrzenten wichtig und in der heutigen Zeit für uns auch nicht mehr wegzudenken.
transkript. Hat sich dieses Beziehungsgefüge Unternehmen/Kandidat in den vergangenen 25 Jahren gewandelt?
Carmen Zirngibl. Komplett. Der Fachkräftemangel schlägt durch, gut Qualifizierte können sich ihren Arbeitsplatz aussuchen. Auch darum werden die Unternehmen verstärkt aktiv, die Außenwahrnehmung weg von den Produkten und Technologien auf weitere Themen zu lenken. So sind zum Beispiel Nachhaltigkeit auf mehreren Ebenen keine Modethemen, sondern echte Auswahlkriterien für Kandidaten.
transkript. Aber ist das nicht eben doch nur ein Modethema, bei dem ja niemand wirklich dagegen sein kann, also alle machen es eigentlich und es gibt gar keine Unterschiede?
Carmen Zirngibl. Keinesfalls! Ein Unternehmen, das authentisch, plausibel und sichtbar das Thema Nachhaltigkeit als wichtigen Teil der Unternehmensstrategie lebt, hat einen klaren Wettbewerbsvorteil, um die Besten an Bord zu holen.
transkript. Der heutigen Generation wird oft vorgeworfen, dass Lifestyle und Work-Life-Balance wichtiger sind als der Beruf. Ein Missverständnis?
Carmen Zirngibl. Ein Missverständnis ist, wenn man Nachhaltigkeitsthemen als „Lifestyle“ abtut. Nicht nur für die jüngere Generation sind dies drängende Fragen. Die Menschen wollen ihre Arbeitskraft in etwas Sinnhaftes investieren. Optimal wäre, wenn man aus dem Job Energie ziehen kann und nicht ausgepowert und nahe am Burn-out nach Hause geht. Die Zeit außerhalb des Jobs ist wichtig, um daraus physische und psychische Anregungen zu erhalten, die dann wieder in den Arbeitsalltag eingebracht werden können. Es geht dieser Generation um eine bessere Balance von Arbeit, Leben, Familie, Freunden und Gesundheit und davon profitieren am Ende auch die Unternehmen.
transkript. Wie sollen vor allem kleine Unternehmen ohne Personalabteilung diese Wünsche erfüllen?
Carmen Zirngibl. Das ist eine Herausforderung, aber nicht alles muss intern abgebildet sein. Wir unterstützen Start-ups, das Unternehmen nicht nur über die Wissenschaft oder die Technologie zu definieren, sondern als wachsenden Organismus zu begreifen. Hier sind Individuen, die unterschiedliche Motivationen und Qualifikationen mitbringen, man braucht Leute mit Erfahrung und die Teams müssen gut gemischt sein. Eine passgenaue Personalstrategie, das ist genau unsere Stärke. Hier können wir einen echten Beitrag für kleinere Unternehmen liefern.
transkript. Da hat das Biologiestudium also doch etwas gebracht, wenn Sie immer wieder den ganzen Organismus des Unternehmens ins Spiel bringen?
Carmen Zirngibl. (lacht) Tatsächlich bereitet das Biologie-Studium auf ganz verschiedene Arbeitsgebiete vor. Aber Spaß beiseite: Die Talente kommen heute nicht mehr als Bittsteller zum Unternehmen, und das Unternehmen sucht kreative, engagierte Mitarbeiter, die (Selbst-)Verantwortung übernehmen – das muss eine Symbiose sein. Ein wichtiges Element einer solchen Partnerschaft im Beruf ist, wie in anderen Partnerschaften auch, eine gute Kommunikation und Umgang mit Respekt für einander.
transkript. Und damit kommen wir nochmal zum Thema Nachhaltigkeit, das Unternehmen als „Wettbewerbsvorteil“ ausspielen können. Was haben Sie da an konkreten Beispielen?
Carmen Zirngibl. Tatsächlich ist das heutzutage eine sehr wichtige Frage, die sogar vor der Frage nach dem Gehalt kommt. Ein Unternehmen muss heute belegen können, dass es aktiv soziale und ökologische Verantwortung übernimmt. Gerade in unserer Life-Sciences-Branche ist zum Beispiel die Frage nach dem grünen Labor und gelebte Nachhaltigkeit im Unternehmen ganz weit oben auf der Checkliste. Wer hier punkten kann, hat auch als Start-up Wettbewerbsvorteile.
Dieses Interview wurde der |transkript-Ausgabe 3/2022 entnommen.