Und plötzlich Duisburg: mit 87 Mio. Euro erhält die Emergence Therapeutics AG die zweithöchste Serie-A-Finanzierung in der deutschen Biotechnologie-Branche. Das Duisburger Unternehmen entwickelt neuartige Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) gegen Krebserkrankungen, die derzeit kaum oder nur unzureichend behandelt werden können. Investor Dr. Peter Neubeck im Gespräch mit |transkript.de
Dies ist die zweithöchste Serie-A-Finanzierung in der deutschen Biotech-Branche, wobei BioNTech dieses Ranking mit seiner stark USA-getriebenen Serie-A aus dem Jahr 2018 (über 225 Mio. Euro) weiterhin unangefochten anführt. Die 2019 gegründete Emergence schiebt sich jedoch deutlich vor die Berliner T-Knife (66 Mio. Euro) und die Essener Abalos therapeutics (43 Mio. Euro). Damit bestätigt sich ein Trend zu sehr hohen Erstfinanzierungsrunden auch in Deutschland.
Die Unternehmensgründung war durch die Investoren Kurma Partners, NRW.BANK, High-Tech Gründerfonds, Gründerfonds Ruhr und Bpifrance über den Fonds InnoBio 2 sowie eine Förderung aus dem 2 Mrd.-Maßnahmenpaket der Bundesregierung angeschoben worden und verbindet die wissenschaftliche Expertise eines Krebsforschers aus Marseille (Frankreich) mit erfahrenen Biotech-Managern aus Zentraleuropa. Die nun abgeschlossene Runde zeichnet sich durch starken US-amerikanischen Einfluss aus, wurde von Pontifax Venture Capital angeführt und umfasst neben RA Capital Management, OrbiMed Advisors, Surveyor Capital auch die skandinavische Hadean Ventures als neue Investoren zu den bestehenden. Auch das Management beteiligte sich nach Angaben des Unternehmens.
Emergences Hauptprodukt, ETx-22, zielt als ein mit einem Toxin verknüpfter Antikörper auf den Tumormarker Nectin-4. Dieser wurde bei mehreren soliden Tumoren von einer Forschergruppe aus Marseille als spezifischer Marker identifiziert. ETx-22 ist nach Unternehmensangaben nachweislich selektiv für tumorexprimiertes Nectin-4 und verfügt über eine tumorspezifische Dekonjugation, löst sich also nur am vorgesehenen Zielort ab, um dort die zelltoxische Wirkung zu entfalten, was zu geringeren Nebenwirkungen führen soll. ETx-22 wird zunächst für Blasenkrebs und dreifach negativen Brustkrebs sowie für bösartige Erkrankungen mit mittlerer und geringer Nectin-4-Expression entwickelt, darunter Eierstock-, Kopf- und Hals- sowie Lungenkrebs. Die Erlöse aus der Finanzierung werden auch die Entwicklung einer Pipeline weiterer ADC-Kandidaten unterstützen.
|transkript.de sprach mit Dr. Peter Neubeck, Partner bei Kurma Partners, über die Finanzierungsrunde und das Unternehmen.
|transkript.de: Eine so große Serie-A in Deutschlands Biotech-Szene – ist Duisburg nun plötzlich das „neue Mainz“?
PN: Duisburg steht für die Flexibilität heutiger Gründer und Investoren „Company Creation“ so effizient wie möglich zu gestalten – Emergence Duisburg ist in Wirklichkeit eine Art Cloud, die die über ganz Europa verstreuten Aktivitäten und Teammitglieder bündelt und steuert.
|transkript.de: Nun etwas ernsthafter: der ADC-Bereich sieht große Sprünge im Augenblick, zum Beispiel auch bei der tschechischen Sotio. Bei Emergence steht aber gar nicht die ADC-Technologie so sehr im Vordergrund, sondern das Target, richtig?
PN: Ja und nein – es ist richtig, dass der Ursprung der Company Creation in einem best in class Anti-Nectin-4-Antikörper liegt, aber die Company hat genauso den Anspruch, die besten Technologien zu identifizieren und dann das perfekte ADC zu entwickeln.
|transkript.de: Trotzdem ist die bei 87 Mio. Euro schon sehr hohe Finanzierung sogar noch überzeichnet, was ist das gewisse Etwas am Ansatz von Emergence?
PN: Emergence ist vor allem ein intelligenter Kombinierer, das heißt das Team nutzt seine Erfahrung und die Kompetenzen vor allem dafür, die am besten geeigneten Targets mit der dafür am best-passenden Linker- und Payload-Technology zu verbinden. Dieser Ansatz mit interessantem Wachstumspotential hat vor allem die finanzstarken amerikanischen Investoren überzeugt.
|transkript.de: Wie geht es nun weiter und wie weit soll diese Finanzierung tragen?
PN: Jetzt geht es mit dem Nectin-4-Programm volle Fahrt voraus in Richtung Klinik und parallel dazu wird die Pipeline (momentan zwei weitere ADC-Kandidaten) in Richtung IND entwickelt.
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