Das Vorzeigeprodukt der Biotech-Firma Advancecor zeigt erste positive Daten in einer explorativen Phase-II-Studie. Das lässt auch für die weiteren Studien hoffen.
Revacept ist Advancecors Vorzeigeprodukt. Es handelt sich um ein aus zwei Teilen fusioniertes Protein: dem Glykoprotein VI (GPVI) und dem Fc-Fragment, der konstanten Region eines Antikörpers. Das Präparat bedeckt wie eine Art Gefäßpflaster arterielle Läsionen, hemmt so lokal die Aktivierung von Blutplättchen (Thrombozyten) und verhindert damit Blutgerinnsel – ohne jedoch die Blutstillung systemisch zu beeinflussen.
In einer explorativen doppelt verblindeten und randomisierten Studie wurde nun untersucht, wie sich das Auftreten von (Mikro)Hirnfarkten verändert, wenn das Mittel gegeben wird. Insgesamt 158 Patienten nahmen an der Studie teil. Sie litten an symptomatischer Verengung der Hals-Schlagader, was vorübergehende Hirn-Durchblutungsstörung, eine "transient ischemic attack" (TIA) oder Schlaganfall (Apoplex), zur Folge hatte. Alle Patienten wurden auch mit Blutplättchenhemmern gemäß Leitlinien behandelt, außerdem mittels operativer Thrombenentfernung (Endarterektomie) der Halsschlagader (80,4% aller Patienten), Stenting der Halsschlagader (7,6%) oder nur der besten verfügbaren Medikamententherapie (12,0%).
Die Studienergebnisse waren positiv: Sie konnten zeigen, dass deutlich weniger Hirninfarkte auftraten, wenn Revacept gegeben wurde. Gegenüber Placebo gab es 23% weniger Vorfälle und mit Blick auf die Dosierung war eine Gabe von 120mg besser als 40mg. "Eine einzelne Infusion Revacept hat das Potential, ischämische Hirn-Infarkte aufgrund Atherothrombose zu verhindern, und das peri-interventionelle Schlaganfall-Risiko kurz- und mittelfristig zu verringern. Revacept könnte als Sekundärprophylaxe von ischämischen Komplikationen bei Patienten mit Hirngefäß-Erkrankung nach Schlaganfall und auch während chirurgischer oder interventioneller Eingriffe dienen", bilanziert Acvancecor-CEO Götz Münch die ersten Ergebnisse.
Aktuell wird noch eine größere Investigator-initiierte klinische Phase II-Studie mit Revacept bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung (NCT 03315285; Eudra-CT 2015-000686) durchgeführt, die in einer Zusammenarbeit der Teams von Adnan Kastrati vom Deutschen Herzzentrum München und von Steffen Massberg vom Klinikum Großhadern der Ludwig-Maximilians-Universität München läuft. Weitere große Kliniken sind beteiligt, die im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) zusammenarbeiten. In dieser doppelt verblindeten, Placebo-kontrollierten Studie wurden bereits fast alle vorgesehenen 332 Patienten rekrutiert. Sicherheitsprobleme traten dabei keine auf. Wegen des verblindeten Studiendesigns wird die endgültige Auswertung erst nach Studienende verfügbar sein.
Aber schon mit dem nun vorliegenden ersten Ergebnis aus der explorativen Studie dürften die Investoren zufrieden sein. 2018 hatte Michael Motschmann, Vorstand des Advancecor-Investors MIG AG, gegenüber |transkript betont, dass die Ergebnisse der Studien den Konzeptbeweis liefern müssten und bei positiven Ergebnis dann weitere Schritt Richtung Exit oder Pharmapartnerschaft gegangen werden können. „Es zeichnet sich dann ein Verkauf des Assets oder die gemeinsame weitere Entwicklung mit einem großen Pharmapartner ab“, wurde Motschmann damals zitiert. Sollten auch die weiteren Studien positive Daten liefern, sehen die Perspektiven bei Advancecor gut aus.
Das Kernteam des Herzspezialisten Advancecor kommt von der Corimmun GmbH, die 2012 für 100 Mio. US-Dollar von Johnson & Johnson (USA) gekauft wurde. Einen Anteil seines Erlöses steckte Corimmun-Mitgründer Götz Münch gleich wieder in die neue Firma Advancecor, die viele der Corimmun-Projekte weiterführte. Die erste Finanzierungsrunde über 6,5 Mio. Euro stemmten 2013 Leitinvestor MIG AG sowie Bayern Kapital, BioM, der High-Tech-Gründerfonds (HTGF) und die KfW Bank. 2015 kamen noch einmal 2,2 Mio. Euro in einer zweiten Finanzierungsrunde hinzu. Nach dem ersten Closing 2017 konnte Advancecor im Mai 2018 die dritte Runde über insgesamt 6 Mio. Euro schließen. Neu dabei sind First Capital Partner und Occident Group. Insgesamt wurden somit bisher 14,7 Mio. Euro Eigenkapital eingeworben. In Corimmun steckten beim Exit übrigens nur 13,5 Mio. Euro. Bei der Firmengründung hat auch eine Förderung durch das Bundesforschungsministerium im Rahmen von GO-Bio unterstützt.
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