Forscher weltweit verfolgen mit Hochdruck das besorgniserregende Auftreten einer neuen Variante des Coronavirus in Südafrika. Die Variante weist zahlreiche Mutationen auf, die auch bei anderen Varianten – einschließlich Delta – zu finden sind, und scheint sich in Südafrika rasch auszubreiten.
Die neue Virusmutante wurde kürzlichen erstmals in Botswana identifiziert und ist bei Reisenden aus Südafrika nach Hongkong aufgetaucht. "Das Mutationsprofil gibt uns Anlass zur Sorge, aber jetzt müssen wir die Bedeutung dieser Variante und ihre Bedeutung für die Reaktion auf die Pandemie verstehen", hieß es auf einer Pressekonferenz des südafrikanischen Gesundheitsministeriums am 25. November.
Eine Expertengruppe der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wird heute zusammentreten und den Stamm, der derzeit als B.1.1.529 bekannt/benannt ist, wahrscheinlich als besorgniserregende oder interessante Variante einstufen, sagte Tulio de Oliveira, Bioinformatiker an der Universität von KwaZulu-Natal, bei der Pressekonferenz.
Die Forscher entdeckten B.1.1.529 in Genomsequenzierungsdaten aus Botswana. Die Variante fiel auf, weil sie mehr als 30 Veränderungen am Spike-Protein enthält – dem SARS-CoV-2-Protein, das Wirtszellen erkennt und das Hauptziel der körpereigenen Immunreaktionen ist. Viele der Veränderungen wurden bereits bei den Varianten Delta und Alpha gefunden und stehen im Zusammenhang mit einer erhöhten Infektiosität und der Fähigkeit, Antikörpern, die die Infektion blockieren, zu entgehen. Aber auch der offensichtlich starke Anstieg der Variante in der südafrikanischen Provinz Gauteng, in der Johannesburg liegt, lässt die Alarmglocken schrillen. Laut Lessells haben die Fälle in der Provinz im November rapide zugenommen, insbesondere in Schulen und unter jungen Menschen. Die Genomsequenzierung und andere genetische Analysen des Teams von de Oliveria ergaben, dass die Variante B.1.1.529 für alle 77 analysierten Virusproben aus Gauteng verantwortlich war, die zwischen dem 12. und 20. November gesammelt wurden.
Viele Mutationen im Spike-Protein
Die Variante weise eine Spike-Mutation auf, die es ermögliche, sie durch Genotypisierungstests nachzuweisen, die wesentlich schneller Ergebnisse liefern als die Genomsequenzierung. Die hohe Anzahl von Mutationen in Regionen des Spike-Proteins lässt vermuten, dass die Wirksamkeit von Antikörpern geschwächt sein könnte. Erste Computermodellierungen deuten nach einem Bericht von Nature sogar darauf hin, dass B.1.1.529 die von den T-Zellen verliehene Immunität umgehen könnte. "Eine brennende Frage ist, ob es die Wirksamkeit des Impfstoffs beeinträchtigt, weil es so viele Veränderungen aufweist", kommentierte Aris Katzourakis, der sich an der Universität Oxford (Großbritannien) mit der Evolution des Virus beschäftigt, die Geschehnisse. Noch sei unklar, ob die neue Variante wirklich zu höherer Infektiosität oder Schwere der Erkrankung führe.
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