Das Bundesforschungsministerium macht ernst mit seiner COVID-19-Therapieoffensive: Am Montag wurden die ersten sechs Kandidaten für Phase III-Studien vorgestellt.
Das Bundesforschungsministerium hat die ersten sechs geförderten Biotech-Unternehmen seiner mit bis zu 300 Mio. Euro geförderten COVID-19-Therapieoffensive bekanntgegeben. Im Rahmen der Förderung sollen auch Phase III-Zulassungsstudien finanziell beschleunigt werden, um die medizinische Versorgung Erkrankter zu verbessern. Freuen dürfen sich die Unternehmen AdrenoMed AG, Apogenix AG, Atriva Therapeutics GmbH, CORAT Therapeutics GmbH, InflaRX GmbH und die DRK Baden-Württemberg-Hessen gGmbH, die sowohl Arzneien entwickeln, die die Virusvermehrung im frühen Erkrankungsstadien stoppen, als auch Kandidaten, die die schwere immunbedingte Symptomatik späterer Erkrankungsstadien lindern helfen sollen.
„Noch hilft nur Impfen gegen Corona", sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn. „Aber wir wollen der Pandemie auch langfristig ihren Schrecken nehmen. Deshalb fördern wir die Entwicklung neuer Medikamente, um auch in Zukunft Corona-Patienten gut behandeln zu können. Und wir investieren in die Zukunft, weil wir damit auch den deutschen Forschungs- und Entwicklungsstandort im Bereich Biotechnologie stärken.“ Bundesforschungsministerin Anja Karliczek erklärte: „Selbst bei flächendeckender Verfügbarkeit von COVID-19-Impfstoffen werden nicht alle Menschen eine Impfung erhalten können. Daher werden weitere wirksame Arzneimittel gebraucht, um Erkrankte zu behandeln. Aufgrund der unterschiedlichen Schwere und Stadien der Erkrankung benötigen die Patienten und Patientinnen unterschiedliche Therapien. Es bedarf folglich eines breiten Behandlungsrepertoires.”
Entwickler und Biotech-Experten, wie etwa BioM-Chef Prof. Dr. Horst Domdey, die Mitglieder der Initiative BEAT-CoV sowie der Unternehmensverband BIO Deutschland hatten zum Teil bereits seit März 2020 auf einen hohen Bedarf an COVID-19-Therapien für Infizierte hingewiesen. Zunächst stießen sie jedoch auf taube Minister-Ohren mit ihrem Anliegen, die klinische Entwicklung bereits vorhandener Therapiekandidaten zu fördern. Denn die Priorität lag zunächst auf der Impfstoffentwicklung zum Schutz Nicht-Infizierter. Ein 45 Mio. Förderprogramm des BMBF fokussierte zunächst auf den akademischen Erkenntnisgewinn über den Erreger und weniger auf die schnelle Entwicklung von Therapien wie etwa im Rahmen des milliardenschweren ACTIVE-Programmes der US National Institutes of Health, die bereits im Dezember mit ersten zugelassenen Antikörperkandidaten aufwarten konnten.
Nachdem im Dezember der Freistaat Bayern ein 50 Mio. Euro-Programm gestartet hatte, um die Finanzierungslücke bei den kapitalschwachen Biotech-Entwicklern von COVID-19-Therapien zu schließen und die Entwicklung von COVID-19-Arzneien zu beschleunigen, zog das BMBF im Januar mit einem Förderprogramm für Phase I- und II-Studien nach. Nach massiver Lobbyarbeit von Unternehmensverbänden und BEAT-CoV sowie mehrerer parlamentarischer Anfragen von Bündnis 90/Die Grünen sowie der FDP legten das BMBF und das Bundesgesundheitsministerium Mitte Mai die 300 Mio. Euro-Inititiative für Phase IIb- und -III-Studien auf. Im Gegensatz zum ACTIVE-Programm, das durch permanente Beobachtung der Entwicklungspipeline nur zehn Wochen brauchte, um die vielversprechendsten Kandidaten zur Förderung zu bringen, lief in Deutschland eine einstufige Ausschreibung, die bei Rückdatierung der Förderbescheide laut einem Ministeriumssprecher vier bis fünf Monate bis zum Förderbescheid braucht.
Auf europäischer Ebene wurde zeitgleich ein 91 Mio. Euro-Programm aufgelegt, das die Arzneimittelzulassung für COVID-19-Präparate beschleunigen soll. Die im Rahmen des ACTIVE-Programmes entwickelten und in den USA längst zugelassenen Antikörperpräparate und Immunsuppressiva stehen dadurch nun auch zur Zulassung durch die Europäische Arzneimittelagentur EMA an.
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