Um Impfstoffe dort herstellen zu können, wo sie gebraucht werden, hat die Curevac AG eine mobile Mini-Fabrik entwickelt. Jetzt erhalten die Tübinger 34 Mio. US-Dollar (29,9 Mio. Euro) zur Weiterentwicklung des neuen Geschäftsfelds.
Damit aus dem Prototypen – Curevac hat ihn The RNA Printer getauft – möglichst bald ein serienreifes Produkt wird, unterstützt die Koalition für Innovationen zur Vorsorge vor Epidemien (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations, CEPI) die Weiterentwicklung der Maschine mit bis zu 34 Mio. US-Dollar (29,9 Mio. Euro). Ein entsprechender Vertrag wurde Ende Februar unterzeichnet. In den kommenden drei Jahren wird Curevac nun seine mRNA-Plattform für die präklinische Entwicklung von Impfstoffkandidaten gegen das Lassafieber (das von der WHO als Krankheit mit hoher Priorität geführt wird), Tollwut und Gelbfieber einsetzen. Nach präklinischen Tests für die drei genannten Indikationen werden zwei der Impfstoffkandidaten in klinischen Phase I-Studien im Menschen untersucht. Weitere Projektpartner sind unter anderem die University of Wisconsin-Madison, der italienische Impfstofftester Vismederi srl, das Institut für Tropenmedizin Tübingen sowie ein Partner aus dem Bereich Maschinenbau.
Stolz bezeichnet der Wirkstoffentwickler sein Gerät als „disruptiv”. Und in der Tat könnte eine transportable Plattform zur Herstellung von Impfstoffen für die schnelle Bekämpfung zahlreicher Krankheiten die klassische Impfstoffindustrie samt der entsprechenden Transportlogistik umkrempeln. Bis dahin ist es allerdings noch ein langer Weg. Curevac forscht an mRNA-Impfstoffen und auch die Mini-Fabrik (siehe Abb.) produziert diese. Das Problem: Bis jetzt gibt es noch keinen zugelassenen mRNA-Impfstoff, also auch keinen mit etablierten Methoden hergestellten. Curevac hat bereits 420 Mio. US-Dollar (400 Mio. Euro) an Eigenkapitalinvestitionen erhalten. Zwar liegt Curevacs Fokus auf der Behandlung von Tumoren, aber immerhin ein mRNA-Impfstoff (gegen Tollwut) wird derzeit in einer Phase I-Studie untersucht.
Bei Curevacs „Drucker” handelt es sich um eine mobile, automatisierte Produktionseinheit zur Herstellung von geringen Mengen an mRNA (messenger oder Boten-RNA). Diese Plattform bietet eine schnelle Versorgung mit Lipidnanopartikel (LNP)-formulierten mRNA-Impfstoffkandidaten, die sich gegen bekannte Pathogene richten, und ermöglicht zudem eine schnelle Reaktion auf neue und bisher unbekannte (von der WHO als „Krankheit X” bezeichnete) Pathogene. Das Gerät kann innerhalb von wenigen Wochen mehrere Gramm der LNP-formulierten mRNA herstellen – laut Curevac genug, um mehr als hunderttausend Impfstoff-Dosen zu produzieren. Zudem können mRNA-Impfstoffkandidaten gegen mehrere Pathogene hergestellt werden, was im Vergleich zu anderen Impfstoffplattformen Zeit spart und Kosten senken soll.
„Die Impfstoffplattform von Curevac könnte bahnbrechend sein und unsere Möglichkeiten, auf das Auftreten von Krankheit X zu reagieren, radikal verbessern", sagte Richard Hatchett, CEO der CEPI. „Krankheit X könnte plötzlich auftreten und tödliche Folgen haben. Wir haben das bei Ebola, dem MERS-Coronavirus, Zika und unzähligen anderen Krankheiten bereits erlebt. Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, Impfstoffplattformen mit schneller Reaktionszeit zu entwickeln – wie die mRNA-Technologie von Curevac – um uns gegen diese unbekannten Pathogene verteidigen zu können. CEPI fördert bisher drei solcher Plattformen im Wert von insgesamt mehr als 50 Mio. US-Dollar.”
Im Sommer 2018 wurde ein Forschungskonsortium unter Federführung der IDT Biologika GmbH aus Dessau von der CEPI mit der Entwicklung einer Impfung von Kameln im Kampf gegen MERS-Coronaviren betraut. Mit 36 Mio. Euro war die Förderung ähnlich hoch wie bei dem Curevac-Projekt.
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