Für den Münchener Technologie-Entwickler Electrochaea schließt sich ein Kreis: Die ursprünglich in den USA ersonnene Idee zur Herstellung von grünem Methan kehrt in das Heimatland zurück. Im mittleren Westen wurde Mitte August eine vom US-Gasnetzbetreiber Socalgas finanzierte Pilotanlage eröffnet. Außerdem ist der Bau einer größeren Anlage angedacht.
Die Electrochaea GmbH hat eine Technologie zur biologischen Methanisierung vorangetrieben. Als ein Power-to-Gas-Prozess könnte sie in Zukunft bei der saisonalen Speicherung von überschüssigem erneuerbaren Strom in Form von Methan zentrale Bedeutung erlangen. Nach ersten Anlagen in Dänemark wurde im Mai 2019 im Rahmen des EU-Projektes „STORE&GO” auch in der Schweiz erstmals grünes Methan auf diese Weise hergestellt.
Bei dem Verfahren wandeln Archaeen grünen Wasserstoff (mittels Elektrolyse aus Wasser gewonnen) und CO2 in grünes Methan um. Ab einer Methankonzentration von 96% kann das erneuerbare Gas uneingeschränkt in das herkömmliche Gasnetz eingespeist werden. Dies erfolgte in der Schweiz erstmals vier Tage nach dem Anlaufen der in Zuchwil aufgebauten Anlage. Die in der Schweiz durchgeführten Tests und Optimierungen flossen in die Projektierung der Pilotanlage in Golden (Colorado, USA) ein. So ist die Leistung der US-Anlage mit 250 kW zwar geringer als die der bereits laufenden Anlagen. Dafür kann sie aber mit einem höheren Druck arbeiten (18 bar im Vergleich zu bisher 10 bar).
Premiere für die USA
Laut Electrochaea ist die Anlage die erste in den USA, die grünes Methan aus Wasser, erneuerbarem Strom und CO2 produziert. Die zündende Idee kam ursprünglich aus Chicago (Illinois, USA) und St. Louis (Missouri, USA). Da sich dort aber zunächst keiner für die Weiterentwicklung interessierte, reiste die Technologie nach Europa, wo sie auch finanziell gefördert wurde. „Für Electrochaea ist besonders wichtig, dass es nun erstmals eine Anlage mit der Archaeen-Technologie in den USA gibt, die man potentiellen Kunden vor Ort zeigen kann. Der US-Markt hat darüber hinaus eine wichtige Signalwirkung für andere Märkte”, so CEO Mich Hein gegenüber transkript.de.
Die Anlagen in Zuchwil und Golden sind die Basis der großtechnischen Weiterentwicklung des Power-to-Gas-Verfahrens. Auch von der im Mai in Regensburg (Deutschland) in Betrieb genommenen Forschungsanlage zur Optimierung von Rieselbett-Bioreaktoren für die Methansynthese erhofft sich Electrochaea wichtige Erkenntnisse. Am sogenannten ORBIT-Projekt sind auch die Electrochaea-Wettbewerber MicrobEnergy GmbH der Viessmann-Gruppe sowie die MicroPyros GmbH beteiligt.
Das Pilotprojekt in den USA wird innerhalb des National Renewable Energy Laboratory (NREL) des US-Energieministeriums in der Abteilung Energy System Integration umgesetzt, die sich in Golden befindet. In den kommenden 24 Monaten wird unter anderem die Wirtschaftlichkeit dieses Power-to-Gas-Ansatzes für die Energiespeicherung und Dekarbonisierung untersucht. Auch wird die Planung einer größeren Anlage mit einer Leistung von mindestens 10 MW vorangetrieben. Eine ähnlich dimensionierte Electrochaea-Anlage soll in Ungarn entstehen. Das 2017 vorgestellte Projekt vom Betreiber Power-to-Gas Hungary Kft. ist aber noch nicht über die Planungsphase hinaus gediehen.
Größere Anlage für Kalifornien geplant
Aktuell liegt der Wirkungsgrad der Anlage bei 50% bis 60%. Von 10 kW mit Solar- oder Windanlagen produziertem Strom sind am Ende 5 kW bis 6 kW in Form von Methan gespeichert. Electrochaeas Partner in den USA ist der Gasnetzbetreiber Socalgas (Los Angeles, USA), eine Tochtergesellschaft der börsennotierten Firma Sempra Energy. Mit Socalgas ist – bei Erreichen der Ziele innerhalb des Pilotprojektes – der Bau einer deutlich größeren Anlage zur Speicherung von erneuerbarem Strom in Form von Methan angedacht.
Nach Schätzungen von Socalgas und Electrochaea wird Kalifornien ohne den Ausbau von Energiespeichern ab 2025 voraussichtlich jedes Jahr erneuerbaren Strom in einer Höhe vergeuden, die dem Monatsverbrauch des ganzen Los Angeles County entspricht, dem bevölkerungsreichsten Landkreis der USA.
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