Insgesamt 36 Tonnen biosynthetisch hergestellter CBD-Isolate will das Frankfurter Unternehmen Farmako an die kanadische Cannabis-Firma Zenabis Global Inc. liefern. Es ist die weltweit erste kommerzielle Vereinbarung für biosynthetisch hergestellte Cannabinoide.
Update 10.07.2019: Laut Recherchen des Manager Magazins soll Farmakos Herstellungstechnik nach aktuellem Stand nicht umsetzbar sein. Von Farmako hieß es daraufhin, das man nie behauptet habe, eine solche Methode bereits gefunden zu haben. Auch wenn angeblich 17 Wissenschaftler in Farmakos Labor mit Hochdruck an der Biotech-Herstellung arbeiten, dass die Produktion wie angekündigt Ende 2019 anläuft, darf ernsthaft bezweifelt werden. Das dürfte auch Eckhardt Weber, Geschäftsführer des Investors Heartbeat Labs, so gesehen haben. Anfang Juli musste Farmako-Mitgründer und Unternehmenschef Niklas Kouparanis seinen Stuhl räumen: “Der Geschäftsführer konnte den Gesellschafteransprüchen leider nicht mehr gerecht werden, weshalb sich alle anderen Gesellschafter einstimmig dazu entschlossen haben, Farmako ohne ihn fortzuführen.”
Farmako wurde erst im September vergangenen Jahres gegründet. Nun hat das junge Cannabis-Unternehmen den weltweit ersten kommerziellen Vertrag für den Export biosynthetisch hergestellter Cannabinoide abgeschlossen. Damit wollen sich die Gründer nicht nur einen Wettbewerbsvorteil auf dem globalen Cannabis-Markt verschaffen, sondern auch die Lücke zwischen Cannabis und Pharma überbrücken. Die Frankfurter stellen biosynthetisch hergestellte Cannabinoide mit dem patentierten Bakterium Zynmomonas cannabinoidis her. „Anders als bei anderen synthetischen Methoden fügt unser Bakterium Zymomonas cannabinoidis dem Medium kontinuierlich und ohne Unterbrechung Cannabinoide hinzu", sagt Patrick Schmitt, Mitgründer und CSO von Farmako. Das hat dem jungen Unternehmen nun den weltweit ersten Exportvertrag für die Produktion und Lieferung von biosynthetisch hergestelltem CBD eingebracht. Insgesamt 36.000 Kilogramm der Isolate will die kanadische Zenabis Global Inc, in den nächsten drei Jahren kaufen. Die erste Lieferung ist für Ende 2019 geplant.
Durch den Verkauf erwartet das junge Unternehmen Umsätze im hohen zweistelligen Millionenbereich. Außerdem sei es das erste Mal, dass eine kanadische Firma Cannabinoide von einem unabhängigen deutschen Pharmaunternehmen importiert. Zusätzlich beabsichtigt Zenabis, Farmako mit jährlich 5.000 kg EU-GMP-zertifiziertem Cannabis zu beliefern. „Wir werden der einzige Produzent weltweit sein, der CBD und THC sowie viele weitere Cannabinoide skalierbar biosynthetisch produzieren kann. Uns ist es damit möglich, im Vergleich zu extrahierten Produkten qualitativ bessere Produkte zu niedrigeren Preisen bereitzustellen", so Farmako-Investor und -Partner Sebastian Diemer.
Pharma- und Cannabis-Industrie rücken zusammen
Im Februar hat Farmako das Patent für seinen Mikroorganismus angemeldet. Im Vergleich zu anderen biosynthetischen Verfahren, die auf Hefepilzen basieren, sollen mit dem gentechnisch veränderten Tequila-Bakterium von Farmako alle 180 verschiedene Cannabinoide zu niedrigen Preisen hergestellt werden können. „Unser Patent wird die Pharmaindustrie in Sachen Cannabis ähnlich revolutionieren wie die erstmalige Biosynthese von Insulin“, beschreibt Niklas Kouparanis, Geschäftsführer und Gründer von Farmako, die Erfindung. Mit dem CRISPR/Cas-Verfahren wurden Gene, die eigentlich für die Alkoholproduktion verantwortlich sind, aus dem Erbgut des Bakteriums Zymomonas mobilis entfernt. „Im Prinzip passiert bei der Biosynthese nichts anderes als bei der Alkoholgärung, mit dem Unterschied, dass als Endprodukte Cannabinoide statt Alkohol entstehen. Dafür brauchen wir als Ausgangsbasis lediglich Traubenzucker.” Die Produktion von Cannabinoiden in prokaryotischen Syntheseorganismen wie Zymomonas cannabinoidis sei dabei viel wirtschaftlicher als ein eukaryotischer Organismus wie Bierhefe. Mit einem Produktionsdurchlauf können ohne Unterbrechung 900 Stunden lang Cannabinoide produziert werden. In dieser Zeit entstehen beispielsweise 4,5 kg THC pro Gramm Bakterienmasse.
Bisher werden für medizinische Zwecke noch immer Cannabis-Pflanzen angebaut und natürliche Blüten oder Öle verschrieben. Zuletzt waren die Engpässe so groß, dass Patienten ihre verschriebenen Medikamente nicht erhalten konnten. Zur langen Anbauzeit kommen die Kosten für den GMP-konformen Anbau – entsprechend teuer sind die Cannabis-Medikamente.
Farmako im Portfolio von Heartbeat Labs
Im Dezember investierte die Berliner Gesundheitsplattform Heartbeat Labs in Farmako. In einer Seed-Finanzierung spielte die junge Firma einen siebenstelligen Betrag ein. Mit dem strategischen Investment der Heartbeat Labs plant Farmako, die eigene Forschung und Entwicklung sowie ihr europäisches Wachstum zu beschleunigen. Der Markt für medizinisches Cannabis in Europa soll Experteneinschätzungen zufolge von 59,3 Mio. Euro 2018 bis auf 55,2 Mrd. Euro 2028 anwachsen. Farmako ist ein forschendes Pharmaunternehmen und Distributor für medizinisches Cannabis und ist in allen europäischen Märkten aktiv, die eine gesetzliche Grundlage für Cannabinoidtherapien geschaffen haben.