In einem Interview wünschte sich einer der Gründer Qiagens, dass das Biotech-Unternehmen unabhängig bleibt. Die Angestellten sieht Detlev Riesner indes gut geschützt, sollte eine derzeit heiß diskutierte Übernahme doch kommen.
Die anhaltenden Übernahmegerüchte haben die Aktien der Qiagen NV auf ein neues Rekordniveau gehoben. In einem Interview mit der Rheinischen Post bezieht der aktuell nur als Kleinaktionär mit Qiagen verbundene Qiagen-Gründer Prof. Dr. Detlev Riesner zur aktuellen Situation Stellung. So wünsche er sich zwar, dass die Firma mit Hauptsitz in Hilden (Nordrhein-Westfalen) unabhängig bleibt. „Wenn Qiagen aber übernommen werden sollte, wäre ein Übernahmekampf nichts Schlechtes: Ein Übernahmekampf treibt den Preis, das ist gut für die Aktionäre. Und die Arbeitnehmervertreter können in Verhandlungen mehr herausholen”, so Riesner. So müsse zum Beispiel der Vorstand vor dem Durchwinken der Übernahmepläne nicht nur die Interessen der Aktionäre, sondern auch der Arbeitnehmer berücksichtigen.
Fast die Hälfte der knapp 5.000 Angestellten ist in Hilden tätig. Riesner wirbt dafür, dass der Standort im Falle einer Übernahme stark bleibt: „Ich hoffe sehr, dass ein Investor am Standort Hilden festhält. Diese Ballung an Forscher-Kompetenz und Biotech-Erfahrung sollte man nicht leichtfertig aufgeben. In Hilden arbeiten Top-Kräfte, die sich für das Rheinland entschieden haben, die gehen nicht einfach in die USA.”
Den Rückzug von Peer Schatz am gleichen Tag zu verkünden wie das Aus des hauseigenen Genereader NGS Systems sei „sehr unglücklich” gewesen. Laut Riesner sei Schatz allein aus dem Grund gegangen, weil er „nochmal was Neues wagen” wollte.
Die Qiagen-Story begann Mitte der 80er Jahre: Die drei Freunde Karsten Henco, Metin Colpan und Jürgen Schumacher entwickelten unter den Fittichen ihres Professors Detlev Riesner ein Verfahren, um Nukleinsäuren aufzureinigen und in großen Mengen zur Verfügung zu stellen. Was den Wissenschaftlern zunächst ganz nützlich für die eigene Arbeit erschien, offenbarte im gerade erst angebrochenen Gentechnik-Zeitalter plötzlich großes Potential. Der Bedarf an Genstücken war enorm – also an jenen Nukleinsäuren, mit deren Handhabung sich Henco, Colpan und Schumacher bestens auskennen. Aus der Geschäftsidee wurde eine gestandene Firma, die seit 1996 an der NASDAQ notiert und seit 1997 an der Deutschen Börse Frankfurt. Nicht zuletzt gaben die vier Qiagen-Gründer der Branche über die Jahre Expertise und Startkapital zurück. Evotec (1993), Coley, Genpat77 (1997), GPC, Ingenium (1998), Direvo (2000), U3 Pharma, Neuraxo, Bibitec (2001), AC Immune, Norbitec, Evocatal (2003), Morphosys (2004) und CT Atlantic (2009) sind nur einige der Firmengründungen, bei denen das Quartett in der einen oder anderen Form seine Hände im Spiel hatte.
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