Die Chefwissenschaftlerin der Weltgesundheitsorganisation hat ausdrücklich vor dem heterologen Impfschema gewarnt. Die STIKO-Empfehlung gerät unter Druck.
Die dem Bundesgesundheitsministerium von Jens Spahn (CDU) beigeordnete Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert-Koch-Institut gerät wissenschaftlich unter Druck. Die WHO-Chefwissenschaftlerin Soumya Swaminathan nannte das von den deutschen Impfexperten empfohlene heterologe COVID-19-Impfschema einen gefährlichen Trend. "Wir befinden uns in einer daten- und beweisfreien Zone, was das Mischen und Kombinieren angeht", so die Inderin am Montag vor der Presse.
Die vor allem in deutschen Medien vielzitierte wissenschaftliche Hinterlegung des Nutzens einer Kombination des Impfstoffes von AstraZeneca (Erstimpfung) und der mRNA-Vakzine von Biontech (Zweitimpfung), vor allem gegen die Delta-Variante, durch eine Nicht-Inferioritätsstudie der Universität Oxford, ist nicht sehr belastbar. Nur gut 450 Serumproben nach dem heterologen Schema Geimpfter wurden darin einer nicht begutachteten Studie zufolge untersucht. Die Datenbasis sei laut Swaminathan viel zu dünn, um Empfehlungen auszusprechen. Medienberichte in Deutschland suggerierten dagegen, es gebe einen breiten wissenschaftlichen Konsens für das von der EMA nicht zugelassene Impfschema, dessen haftungsrechtliche Konsequenzen bei ernsten Nebenwirkungen nach Einschätzung von Experten offen seien. Am 2. Juli hatte die Gesundheitsministerkonferenz die anscheinend wissenschaftlich fragwürdige Empfehlung der Behörde umgesetzt.
Nach Stand vom 8. Juli 2021 empfiehlt die STIKO die Impfung gegen COVID-19 mit einem der beiden zugelassenen mRNA-Impfstoffe (Comirnaty von Biontech/Pfizer, COVID-19-Vaccine Moderna von Moderna) oder einem der beiden zugelassenen Vektor-basierten Impfstoffe (Vaxzevria von AstraZeneca, COVID-19 Vaccine Janssen von Janssen-Cilag International). Die Impfung gegen COVID-19 soll allen Personen ab dem Alter von 18 Jahren angeboten werden. Im Anfang Juli veröffentlichten Epidemiologischen Bulletin 27/2021 hatte die STIKO offiziell ihre Empfehlung einer zweimaligen Vaxzevria-Impfung bei über 60-Jährigen geändert. Sie empfiehlt nunmehr auch für diese Altersgruppe ein heterologes Impfschema. Die erste Impfung erfolgt demnach mit Vaxzevria, gefolgt von einem der zugelassenen mRNA-Impfstoffe in einem Abstand von mindestens vier Wochen. Bereits zuvor hatte die STIKO die Anwendung des heterologen Impfschemas jüngeren Menschen angeraten, die eine Erstimpfung mit der AstraZeneca-Vakzine erhalten hatten.
Ob vor der Entscheidung für das heterologe Impfschema politischer Druck auf die STIKO ausgeübt wurde, ist nicht bekannt. Getrieben war die Entscheidung durch das seltene Auftreten thromboembolischer Nebenwirkungen nach der Verabreichung Adenovirus-basierter Vektorimpfstoffe. Unterdessen wurden auch Herzbeutelentzündungen als seltene Nebenwirkung der zuvor als sicher geltenden zugelassenen mRNA-Vakzine von Biontech festgestellt.
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