Rund 850 Life-Sciences-Führungskräfte feierten das Wiedersehen auf der ersten Präsenzveranstaltung des Swiss Biotech Day seit Beginn der COVID-19-Pandemie.
Die Schweizer Biotech-Branche lässt sich auch durch die COVID-19-Pandemie nicht bremsen – das zeigte sich auf dem ersten live veranstalteten Swiss Biotech Day seit Beginn der Pandemie. „Obgleich es gerade bei den innovativen Biotech-Unternehmen zu Rohstoffengpässen, Verzögerungen des Fundings und von klinischen Studien durch die Pandemie kam, wurde im Jahr 2020 dreimal so viel in Schweizer Biotech-Unternehmen investiert als ein Jahr zuvor,“ erklärte Michael Altorfer, CEO der Swiss Biotech Association (SBA) vor 850 Besuchern. Dementsprechend herrschte Hochstimmung bei den Ausstellern und offiziell 850 Besuchern auf der von der SBA ausgerichteten und von der BIOCOM AG organisierten Veranstaltung im Kongresszentrum Basel.
Die positive Entwicklung scheint sich auch in diesem Jahr fortzusetzen. „Es ist genug Geld im Markt”, erklärte Jürg Zurcher, Partner und Co-Autor des Swiss Biotech Reports bei EY gegenüber dem Fachmagazin European Biotechnology auf die Frage nach der aktuellen Entwicklung der Schweizer Biotech-Branche im laufenden Jahr.
Laut dem Swiss Biotech Report betrug das Investitionsvolumen im Jahr 2000, getragen durch IPOs und Kapitalaufnahmen börsennotierter Unternehmen wie CRISPR Therapeutics, Indorsia, ADC Therapeutics, Basilea und Molecular Partners sowie großen Finanzierungsrunden privater Unternehmen wie Vectivbio Therapeutics, SOPHIA Genetics oder NoemaPharma, satte 3,4 Mrd. CHF – dreimal so viel wie im Jahr 2019. Und das, ohne dass die Entwicklungen der Pandemie darin reflektiert wären, die erst im aktuellen Jahr zu Buche schlagen werden. Zudem stiegen die F&E-Investitionen 2020 um 22% und die Exportquote kratzte an der 100 Mrd. CHF-Marke – ebenfalls ein Rekord. Ein auf dem Swiss Biotech Day präsentierter Site Selection Report von KPMG und ein hohes Interesse von US-amerikanischen und asiatischen Investoren weisen die Schweiz als ein Top-Biopharma-Cluster in Europa aus. Nicht zuletzt bei den COVID-19-Therapeutika könnten Schweizer Unternehmen wie Molecular Partners eine entscheidende Rolle spielen: Ein Darpin, der durch Bindung von gleich drei Targets im Spikeprotein die Entstehung von Varianten unterbinden dürfte, befindet sich in Phase III-Tests.
Und der Standort, dessen Life-Science-Ökosystem aus rund 1.000 Unternehmen (davon rund 314 private Biotech-Entwickler) und exzellenter akademischer Forschung seit Jahren den globalen Innovationsindex anführt, wird weiter ausgebaut. Nicht nur der Einsatz der künstlichen Intelligenz in der Entwicklung innovativer Biologics-Formate (wie etwa durch das Antikörper-Start-up DeepCDR) spielte neben Präsentationen kleiner und großer Biotech-Player eine Rolle: Nachdem die mRNA-Vakzine-Technologie im Rahmen der Pandemie durch die Marktzulassung von mRNA-Vakzinen validiert wurde, will die Schweiz zum globalen Top-Produktionsstandort für mRNA-Impfstoffe, aber auch für RNA-basierte Arzneien auf Basis der RNA-Interferenz, Genschere CRISPR- oder Antisense-Technologie aufsteigen.
Gerade beim mRNA-Biomanufacturing habe man "durch die Partnerschaft mit Moderna das erforderliche Know-how aufgebaut“ stellte Lonza-Chairman Albert Bähny in Basel klar. Laut Ex-EFPL-Chef Patrick Aebischer lägen die Vorteile wie Mischbarkeit verschiedener mRNAs und geringe Produktionskosten auf der Hand. Nun gelte es, eine Produktionspipeline in der Schweiz zu etablieren, bei der Forschung, Public-Private Partnerships und im kommerziellen Maßstab produzierende Auftragshersteller nahtlos zusammenarbeiten. Grundsätzlich sei die im Zuge der COVID-19-Pandemie zu beobachtende Kleinstaaterei zugunsten einer globalen Ausrichtung und Vermarktung innovativer Wirkstoffformate, wie etwa Peptide, aufzugeben, betonte Bachem-CEO Thomas Meier.
Dabei hat der Standort gegenüber Nachbarstaaten wie Deutschland, das ähnliche Ambitionen hat, einige Pluspunkte, allen voran ein gut funktionierendes Finanzierungsnetzwerk, das erst im Juli um ein neues SIX-Börsensegment namens Sparks ergänzt wurde und zunächst den Finanzierungsbedarf von Schweizer Biotechs decken wird.
Zusammen mit dem von Novartis übernommenen Antikörperhersteller Esbatech, der Novimmune, der Basilea Pharmaceutica erhielten die Hersteller Lonza und Bachem auf dem Swiss Biotech Day den Swiss Success Story Award. Um asiatischen und US-amerikanischen Investoren das bereits existierende Potential am Standard aufzuzeigen, hatte die SBA unlängst das Online-Portal Swiss Biotech Ventures lanciert.
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