Celeris Therapeutics – Überflieger aus Graz
Für ein im Januar 2021 gegründetes Unternehmen geht bei Celeris alles wie in Lichtgeschwindigkeit: Schon im März folgte ein Pre-Seed-Investment von 400.000 Euro, bei dem die auf künstliche Intelligenz und Deep Science spezialisierte R42 Group aus dem Silicon Valley einstieg. Dies führte zu einer Portion Extraaufmerksamkeit in den USA, aber auch im Heimatland Österreich ging es finanziell voran: innerhalb weniger Wochen kam noch eine Förderung des Austria Wirtschaftsservice (aws) im Umfang von 600.000 Euro hinzu. Und schon damals trauten die beiden Gründer Christopher Trummer und Jakob Hohenberger ihren Augen kaum: „In nur drei Monaten eine Million Euro zu generieren, bestätigt uns auf unserem Weg.“ Dass dieser noch längst nicht zu Ende ist oder gar ins Stocken gerät, zeigt nun die aktuelle Finanzierungsrunde in Höhe von 4,4 Mio. US-Dollar.
Als Investoren beteiligen sich an der jüngsten Finanzierungsrunde Pace Ventures Enigma aus Deutschland, i&i Biotech Fund aus Luxemburg und Apex Ventures aus Österreich. Die Bestandsinvestoren R42 Group und Longevitytech.fund a.s. begleiteten die Lead-Investoren mit Folgeinvestitionen, wie Celeris Therapeutics Mitte Februar bekannt gab.
Das Start-up nutzt maschinelles Lernen, um mit Hilfe von Deep Learning „biomolekulare Interaktionen“ vorherzusagen. Der Ansatz macht sich das zelleigene Abbau- und Recycling-Verfahren über Ubiquitin und das Proteasom zunutze und entwickelt zielgerichtete "Markierungen", die ein dysfunktionales Protein, aber auch ein fehlerhaft hochreguliertes Protein wegfängt und in diese Abbaumaschinerie einschleust. Die spezfischen Linker und Marker zu entwickeln, das überlassen die Gründer aus Graz ihren intelligenten Werkzeugen.
|transkript.de sprach mit Christopher Trummer über seine transatlantischen Erfahrungen bei dieser rasanten Firmenentwicklung.
|transkript.de: Ein Unternehmen aus Graz mischt nun Kalifornien auf? Wie ist es dazu überhaupt gekommen?
Trummer: Celeris Therapeutics wurde ursprünglich in Graz, der zweitgrößten Stadt in Österreich, gegründet. Nachdem unsere ersten Investoren, die Venture Capital Gesellschaften R42 und longevitytech.fund, stark im Silicon Valley verwurzelt sind, lag die Entscheidung auf der Hand. Der Zugang zu Kapital ist nicht vergleichbar mit dem in Europa, alleine in den Regionen Menlo Park und Palo Alto sitzen viele der größten Risikokapitalgeber der Welt. Neben diesem Faktor ist auch die Nähe zu Universitäten wie Stanford und Berkeley förderlich, die allesamt auch großes Interesse an computerbasierter Arzneimittelforschung haben. In einer Region wie Graz ist es schwieriger, den internationalen Vergleich zu forcieren, und durch den US Flip stehen wir im direkten Vergleich und Bewerb mit den US Biotech-Unternehmen, die ähnliche Visionen haben.
|transkript.de: Wie steil ist die Lernkurve, wenn Sie nun viel in Amerika unterwegs sind und sich diesem Wettbewerb vor Ort ganz direkt stellen müssen?
Trummer: Ich denke, die eigentliche Lernkurve in der Entwicklung und Forschung zu Arzneistoffen ist überschaubar. Gerade hier hat Europa eine große Historie. Was definitiv eine große Lesson darstellt, sind die unkonventoniellen Zugänge zur Computertechnologie, im Sinne von fail fast und learn faster. Wir als Europäer tendieren dazu, stark an Bestehendem festzuhalten und dieses immer weiter zu verbessern – womöglich bis zu einem Zeitpunkt, wo es kein Zurück gibt. Die Kultur des Scheiterns und daraus lernen, und Neues implementieren, war wohl die größte Erkenntnis für uns. Zusätzlich ist natürlich auch das Ökosystem in der Biotech-Branche riesig, weshalb man schnell Kontakte knüpft.
|transkript.de: Auf wie viel Verständnis für den Celeris-Ansatz stoßen Sie dabei und wie würden Sie das mit Ihrem Heimatland oder dem europäischen Setting vergleichen?
Trummer: Das Silicon Valley nimmt Machine Learning-getriebene Arzneimittelforschung besser auf als Österreich. Man ist es einfach gewohnt, ständig zu innovieren. Machine Learning ist aus meiner Sicht der Gamechanger für Pharma und Biotech und das bereits mittelfristig. Natürlich hört man immer wieder Kritik, die unter anderem Interpretierbarkeit von Resultaten, Generalisierbarkeit unserer Voraussagen und vieles mehr betrifft. Aber am Ende des Tages gibt uns der bisherige Erfolg mit unserer Pipeline und den Partnerschaften recht, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und man wird – egal wo – immer auf Individuen stoßen, die von solch einem Unternehmen begeistert sind und das Potential sehen, und Kritiker, die dem gegenüber negativer eingestellt sind. Das ist aber normal und nicht auf uns beschränkt.
|transkript.de: In die Glaskugel geschaut: Wo stehen Sie in drei Jahren?
Trummer: Ganz klar: Initial Public Offering am US-Markt sowie Moleküle nahe oder bereits in der Klinik. Wir werden ein integrierter Biopharma-Player, der global tätig ist, und den R&D-Fokus auf Graz, Österreich legt.
|transkript.de: Vielen Dank!
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