Arkeon macht Aminosäuren aus CO2
Wie Arkeon aktuell vermeldet, konnte das Unternehmen eine Seed-Investmentrunde von über 6,5 Mio. Euro abschließen. Als Investoren beteiligen sich Synthesis Capital und ReGen Ventures. Das frische Kapital soll unter anderem zum weiteren Ausbau der Produktion, der Verfahrenstechnik und Produktentwicklung verwendet werden. Die Unternehmensgründung von Arkeon erfolgte im Juli 2021 durch die drei Wissenschaftler Simon Rittman, Günther Bochmann und Gregor Tegl. Möglich machte dies der Berliner Company Builder EVIG, der sich mit einem beträchtlichen Prozentsatz am Unternehmen beteiligte. Augenscheinlich passt Arkeon genau in das Konzept: Die EVIG Group um Gary Lin und Simon Fabich ist spezialisiert auf Beteiligungen an Start-ups und Unternehmen, die die Produktion von Lebensmitteln mit Hilfe von alternativen Proteinquellen revolutionieren wollen.
Was macht Arkeon? Das „gefühlte“ Wiener Biotechnologie-Unternehmen mit Sitz im benachbarten Niederösterreich hat einen besonderen Bakterienstamm unter den Archaeen identifiziert, der CO2 mit Hilfe von Wasserstoff als Energiequelle in alle 20 Aminosäuren umwandelt, die für die Proteingewinnung und menschliche Ernährung essentiell sind. Das Urbakterium gibt dabei diese Aminosäuremischung selbst ins Umgebungsmedium ab.
|transkript.de sprach mit einem der Gründer, Gregor Tegl, über die Möglichkeiten und Unterschiede dieses neuen Verfahrens im Vergleich zu anderen alternativen Protein-Ansätzen.
|tk: Können Sie uns kurz das Besondere an Ihrer Entdeckung erklären?
Gregor Tegl: Unser Mikroorganismus produziert alle Aminosäuren, schleust sie von selbst in die Umgebung aus, braucht dazu nur CO2 als einzige Kohlenstoffquelle und Wasserstoff als Energiequelle, so dass wir hier ein Gasfermentationsverfahren aus der Natur haben. Wir erhalten diese Aminosäuren in der Salzlösung quasi 'um das Archaeon herum' und müssen als einzigen Reinigungsschritt das Salz von den Aminosäuren trennen.
|tk: Ist nicht häufig die Kultivierung gerade von Archaeen eine große technische Herausforderung?
Gregor Tegl: Die Kultivierbarkeit haben meine Mitgründer über Jahre studiert. Es hat sich gezeigt, dass hier keine sehr komplizierten Bedingungen geschaffen werden müssen. Das ist also für uns überhaupt keine Hürde (mehr).
|tk: Was machen Sie dann mit diesen Aminosäuren?
Gregor Tegl: Neben den Aminosäuren werden wir auch ein zweites Modul aufbauen, in dem wir die Aminosäuren gleich zu bestimmten Peptiden verknüpfen. Aminosäure alleine kann man sich gut direkt in der Nahrungsergänzung vorstellen, mit unseren zielgerichteten Peptiden können wir das heute häufig verwendete unkontrollierte „Hydrolysat“ eines Peptidgemischs ersetzen und unter Kontrolle bekommen.
|tk: Eine andere Frage ist der Preis für diese Produktion. Wie wettbewerbsfähig sind Sie?
Gregor Tegl: Wir skalieren jetzt unseren Prozess, wenn wir den 10 m3-Maßstab erreicht haben, werden wir zu heute üblichen Preisen produzieren können. Wir zielen aber auf einen Maßstab von 1.000 m3! Wir haben auch einen Vorteil in Supply und Logistik: Alle Aminosäuren aus einem natürlichen Produktionsstamm zu bekommen, bedeutet natürlich auch, dass unsere Kunden nur eine Supply Chain benötigen. Wenn man sich den Wettbewerb der ganz Großen ansieht, dann können diese einzelne Aminosäure heute in optimierten Produktionsstämmen sehr effizient und kostengünstig liefern. Wir bündeln alle diese einzelnen Produktionswege in einem einzigen Verfahren, bei dem alle Aminosäuren auf einen Schlag entstehen. Hier können wir sicherlich auch auf einzelne Fraktionen fokussieren, aber das Schöne ist erst einmal, dass wir keine komplexen parallelen Verfahren mehr benötigen, sondern diese Komplexität aus einem Archaeon quasi frei Haus geliefert bekommen.
|tk: Was war der eigentliche Anstoß für die Gründung? War die Zeit reif oder auch viel Zufall im Spiel?
Gregor Tegl: Simon Rittman und Günther Bochmann haben das Archaeon entdeckt und den Gasfermentationsprozess entwickelt. Der technologische Fortschritt war also auf akademischer Ebene gegeben, und dann bin ich als Lebensmitteltechnologe dazugekommen. Die Berliner EVIG-Gruppe ist ein sehr moderner Company Builder im Foodbereich, mit dem wir eher zufällig zusammengekommen sind. Aber dort sind wir auf offene Ohren und so großes Interesse gestoßen, dass der Rest unglaublich schnell ging. Das Netzwerk an Investoren und Food-Industrie von Start-up bis Großindustrie dort ist unbezahlbar.
|tk: Wie weit trägt nun die Seedfinanzierung, was kommt dann?
Gregor Tegl: Mit der Seedfinanzierung kommen wir jetzt ca. 18 Monate aus, dabei haben wir einige Wachstumsschritte zu tun. Anfang 2023 soll dann eine Serie A stehen, die uns befähigt, in die Produktion zu gelangen.
|tk: Und wo sehen Sie Ihre größten Herausforderungen?
Gregor Tegl: Das sind eher die üblichen Start-up-Themen: eine gute Gestaltung des Wachstums. Technologisch sind wir sehr optimistisch, da wir alle unsere Hausaufgaben gemacht haben. Wir produzieren aber jetzt noch nicht in großer Menge, machen keine Umsätze, in diese Bereiche stoßen wir jetzt erst vor. Uns hilft das Umfeld in Wien, um Wien herum, weil wir hier auch sehr einfach neue, hochmotivierte Mitarbeiter finden können. Vom Platz her ist es zwar in Wien immer schwierig, aber Richtung Niederösterreich geht es schon sehr viel einfacher und dort haben wir unsere Fühler auch ausgestreckt.