Mit Frank Thelen den Krebs bekämpfen: Prosion Therapeutics
Den Krebs besiegen wollen, ein Mittel gegen Krebs zu finden, das steht in jedem Businessplan im Bereich der Onkologie und das schon seit Jahrzehnten. Man darf sich daher mit einer gesunden Skepsis auch dem neuesten Akteur auf diesem Feld nähern. Möglicherweise kann der nicht einmal etwas dafür, dass die Algorithmen des Datennerds Frank Thelen ausgerechnet ihn, die Kölner Prosion Therapeutics, aufgespürt haben, um ein neues Investmentziel für den Publikumsfonds 10xDNA zu identifizieren. Eigentlich agiert dieser Fonds auch eher als Portfolioinvestor in börsennotierte Unternehmen, die entweder den Durchbruch schon geschafft haben und noch größer werden könnten (Tesla, Palantir) oder in einem Feld unterwegs sind, auf dem das Unternehmen selbst zum Star werden oder zumindest mit der nächsten Welle weiter nach oben gespült werden könnte. Das Investment in Prosion solle als Seedförderung verstanden werden und bewege sich im siebenstelligen Bereich, wie Frank Thelen den Kollegen der WELT vor wenigen Tagen erzählte. In Kombination mit einem EU-Förderbescheid über 2,5 Mio. Euro wäre das Köln-Berliner Unternehmen nun runde zwei Jahre finanziert.
Der Ansatz des von Slim Chiha und Mutlu Yoenel gegründeten Start-ups ist aus der Chemie-Doktorarbeit von Chiha bei Prof. Dr. Hans-Guenther Schmalz an der Universität zu Köln entstanden und in Zusammenarbeit mit Dr. Ronald Kühne vom Leibniz-Forschungsinstitut für Molekulare Pharmakologie (FMP) in Berlin verfeinert worden. Ziel sind die sogenannten prolin rich motifs (PRM) als ein genereller Angriffsort, um Zellsynthese und -proliferation und damit insbesondere die Krebsmetastasierung zu unterbinden. Die PRMs werden ihrerseits von PRM-recognizing domains (PRDs) gebunden. Diese Verbindung gilt als essentiell, um viele Signalwege der diversen Stoffwechselprozesse zu initiieren. Bisher sind wenige Substanzen entwickelt worden, die diese PRM-PRD-Wechselwirkung unterbinden können, mithin gilt das Motif bisher als „undrugable“. Mit dem generellen Angriff auf das Proteom als Ganzes (etwa 10–20% der menschlichen Proteombestandteile tragen dieses PRM-Muster in sich) will man dem Krebsgeschehen jegliche Ausweichmöglichkeit abschneiden und möglichst früh in die Zellentartung, ein Ergebnis fehlregulierten Proteinstoffwechsels, eingreifen.
Wer Frank Thelen als Investor gewinnt, betritt im gleichen Schritt die sozialen Medien und so kann man über Prosion recht viel auf Youtube erfahren. Das Unternehmen befindet sich in der präklinischen Entwicklung, kann anscheinend in einigen Mausmodellen das Krebsgeschehen reduzieren und Metastasen unterbinden. Bleibt die Frage, ob ein so genereller Angriff auf eine hohe Diversität an Stoffwechselprozessen nicht auch schwerwiegende Nebenwirkungen hervorrufen kann. Hier lohnt sich auch das eine oder andere weitere Video aus dem Hause Thelen und des 10xDNA-Publikumfonds, bei dem der promovierte Biologe Nick als Research Analyst, der erst seit wenigen Wochen Thelen unterstützt, das allgemeine Biotech-Portfolio erläutert. Insgesamt fünf internationale Biotech-Firmen befinden sich in diesem Portfolio (Gingko Bioworks, Oxford Nanopore, Invitae, Beam thx, Fate thx). Sie mussten mehrheitlich an den US-Börsenplätzen in den vergangenen Monaten eine äußert schwierige Zeit erleben und die Kommentare zu den Videos lesen sich durchaus auch als Beschimpfung der Investmentstrategie. Thelen selbst kokettiert in einem der Videos damit, dass er „seit der Grundschule nicht gut in Biologie, Chemie und Physik aufgepasst“ habe, spricht Anlegern und sich selbst aber Mut und genügend Kompetenz zu, um mit Hilfe von Experten („Dr. Nick“) Durchbrüche zu entdecken. Er sieht allerdings auch klar das Risiko und sagte in der WELT: „In Zukunft wollen wir noch progressiver investieren – und werden auch mehr verlieren.“ Ob sich hier eine Story wie einst bei Hopp und von Bohlen wiederholt, mit diversen Unterschieden unter anderem bei Kapitalisierungsdecke und Fachkompetenz, bleibt abzuwarten.
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