AIgnostics aus Berlin gelingt Serie A-Finanzierung mit 14 Mio. Euro
AIgnostics, ein Spin-off der Charité – Universitätsmedizin Berlin, das neuartige digitale Pathologielösungen mit "Explainable AI" für die pharmazeutische Forschung und Diagnostik entwickelt, freut sich aktuell über eine überzeichnete Serie A-Finanzierungsrunde in Höhe von 14 Mio. Euro. Bekannte Namen der Investorenszene sind nun an Bord: Wellington Partners führte die Runde als Neuinvestor an, die bestehenden Investoren Boehringer Ingelheim Venture Fund (BIVF), der von IBB Ventures verwaltete VC Fonds Technologie, der High-Tech Gründerfonds (HTGF) sowie der von Ascenion initiierte CARMA-Fonds als weiterer neuer Investor beteiligten sich ebenfalls.
Während Pathologen einzelne Gewebeproben hervorragend qualitativ interpretieren können, erfordert die tiefgreifende Analyse großer Datensätze den Einsatz der Künstlichen Intelligenz („KI“). AIgnostics hat dies erkannt und fokussiert sich auf die Entwicklung modernster KI-Modelle für die detaillierte Analyse von Gewebeproben und zugehörigen Metadaten im Auftrag von Blue-Chip-Kunden aus der Pharma- und Biotechnologiebranche. Die KI-Modelle von AIgnostics gehen weit über aktuelle Standardlösungen und etablierte Ansätze hinaus und decken die wichtigsten Gewebefärbetechnologien wie Hämatoxylin-Eosin (H&E), Immunhistochemie (IHC) und Multiplex-Immunfluoreszenz (mIF) ab. Ihr Einsatz soll eine Beschleunigung der präklinischen und translationalen Forschung ermöglichen, indem sie das Verständnis der Biologie von Krankheiten und Wirkmechanismen verbessern. Außerdem können neuartige Biomarker und Hinweise auf die Wirksamkeit von innovativen Arzneimittelkandidaten identifiziert werden, die mit herkömmlichen Methoden der Mikroskopie nur schwer zu erfassen sind.
„Mit dieser neuen Finanzierungsrunde wollen wir unsere Präsenz und unser Team weiter ausbauen. Insbesondere werden wir einen stärkeren Fokus auf den US-amerikanischen Markt legen, auf dem wir seit Anfang des Jahres aktiv sind“, erklärte Viktor Matyas, CEO und Mitgründer von AIgnostics. „Bald werden wir erste KI-Modelle in frühphasigen klinischen Studien einsetzen können. Mittelfristig wollen wir auch für die Entwicklung von KI-gestützten Companion Diagnostics (CDx) weltweit ein starker Partner werden.“ Der Zurückhaltung vieler Pathologen beim Einsatz von KI begegnet AIgnostics aktiv: „Unsere patentierte 'Explainable AI'-Technologie macht herkömmliche Black-Box KI-Modelle 'erklärbar' und legt die Merkmale offen, auf denen ihre Entscheidungen und Vorhersagen beruhen. Dies hilft bei der Entdeckung neuartiger Biomarker oder Identifizierung von Hinweisen für das Ansprechen auf innovative Medikamente. Darüber hinaus haben wir einen proprietären Ansatz für das automatisierte Training von KI auf Zellebene entwickelt, der nicht auf manuelle Annotationen von Pathologen angewiesen ist. Beide Ansätze wurden bereits erfolgreich in für Kunden durchgeführten Studien eingesetzt“, sagte Dr. Maximilian Alber, CTO und Mitgründer.
Dr. Rainer Strohmenger, Managing Partner bei Wellington Partners, kommentierte: „Wir sind von dem Team und der Technologie von AIgnostics tief beeindruckt. Wellington freut sich, sich als neuer Leadinvestor der Gruppe der bestehenden Investoren anzuschließen und einen führenden deutschen KI-Anbieter in seiner Expansionsphase zu unterstützen. Mehr noch als bei unserem früheren Portfoliounternehmen Definiens sehen wir bei AIgnostics das Potential, die Nutzung der Pathologie durch die pharmazeutische Industrie und CROs im Arzneimittelentwicklungsprozess wesentlich effizienter zu gestalten, um die Behandlung von Patienten mit schwer behandelbaren Krankheiten, einschließlich Krebs, deutlich zu verbessern.“
|transkript.de sprach mit CEO Matyas und Neuinvestor Strohmenger.
|tk: Die Pathologie ist ein schwieriges Geschäftsfeld, das stark von den Pathologen selbst bestimmt wird, die bisher alle Digitalisierungstechnologie oder gar AI argwöhnisch oder ablehnend beobachten. Wie kommt AIgnostics mit dieser Herausforderung klar?
Viktor Matyas: KI wird in der Pathologie erfolgreich sein, wenn sie einen klaren Mehrwert für Patienten liefert und in den Workflow der Pathologen eingebettet ist. Um das zu erreichen, entwickelt AIgnostics Lösungen in enger Kooperation mit Pathologen, aber auch forschenden Pharma- und Biotech-Unternehmen. Außerdem ist es uns wichtig zu betonen, dass Pathologen durch unsere Modelle nicht ersetzt, sondern unterstützt werden sollen. Während Pathologen hervorragend darin sind, qualitativ einzelne Proben zu beurteilen, hat KI Vorteile bei der präzisen Quantifizierung von Gewebemerkmalen und bei der Analyse komplexer Biomarker. Wir sind überzeugt, dass immer mehr Patholgen Digitalisierung und KI als Chance und nicht als Bedrohung wahrnehmen, da diese einen essenziellen Beitrag zur Präzisionsmedizin leistet.
|tk: Was ist das Besondere an AIgnostics im Vergleich zu anderen AI-firmen?
Rainer Strohmenger: AIgnostics verfügt über ein hervorragendes Team unter Leitung der Mitgründer Viktor Matyas und Maximilian Alber und hat sich in kurzer Zeit und äußerst dynamisch zu einem der aussichtsreichsten Unternehmen mit Fokus auf AI-Anwendungen in der medizinischen Forschung entwickelt. Entscheidend dafür ist natürlich die medizinische und technologische Expertise, die unter anderem durch die Mitgründer Prof. Dr. Frederick Klauschen und Prof. Dr. Klaus-Robert Müller repräsentiert wird. Ein weiterer Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmen wie PathAI besteht in der Kollaboration mit führenden medizinischen Institutionen, die AIgnostics Zugriff auf Millionen von anonymisierten Pathologieschnitten und Patientendaten zum Training der AI ermöglicht. Die Technologie der AIgnostics ist durch eine schnell wachsende Zahl von sehr erfolgreichen Projekten mit der Elite europäischer Pharmaunternehmen inklusive Boehringer Ingelheim bereits hervorragend validiert.
|tk: Wie sehen Sie die echten Marktchancen?
Rainer Strohmenger: Die AI-Technologie von AIgnostics ermöglicht die äußerst detaillierte morphologische und quantitative Auswertung von innerhalb von klinischen Studien gewonnenen Biopsien, auch wenn diese nur mit Standardverfahren angefärbt sind. Dadurch liefert AIgnostics seinen Pharmapartnern höchst entscheidungsrelevante Informationen, die zum Beispiel im Rahmen der Auswahl der geeigneten Patienten für personalisierte Krebstherapien oder zur genaueren Prognose einer klinischen Wirksamkeit eingesetzt werden können. Der Wert dieser Informationen ist potentiell sehr hoch, da er für den Erfolg eines klinischen Entwicklungsprogramms entscheidend sein kann. Pharmapartner sind daher zu substantiellen Zahlungen bereit. Das adressierbare Marktpotential liegt mittelfristig sicherlich mindestens im dreistelligen Millionenbereich und kann durch Ausweitung auf die klinische Diagnostik noch erheblich gesteigert werden.
Aignostics startete offiziell 2018 im Digital Health Accelerator-Programm des Berlin Institute of Health (BIH), basierend auf gemeinsamer Forschung der Charité-Universitätsmedizin Berlin unter der Leitung von Frederick Klauschen und der TU Berlin unter der Leitung von Klaus-Robert Müller. Anfang 2020 wurde AIgnostics aus der Charité ausgegliedert. Bis heute hat hat das Start-up bereits knapp 20 Mio. Euro von führenden VC-Investoren eingeworben. Es unterhält Büros in Berlin und Boston, USA.
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