BVMA-Symposium: Viel Harmonisierungsbedarf in der klinischen Entwicklung

Zum 30. Symposium des Bundesverbandes der medizinischen Auftragsforschungsinstitute (BVMA) traf sich in München nach den coronabedingten (teil-)digitalen Veranstaltungen der vergangenen zwei Jahre die Rekordteilnehmerzahl von rund 350 Experten der klinischen Wirkstoffentwicklung. Es ging um die neue EU-Regulierung für klinische Studien (CTR) und ihre Anforderungen, aber auch um die Patientensicht etwa auf dezentrale Studien.

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War im vergangenen Jahr das Symposium noch überschrieben mit „Nach der Pandemie und vor der CTR“, so lautete diesmal das Motto: „Neue Ansätze in der klinischen Forschung – Europa rückt zusammen“. Bei beiden Überschriften kann man die Hoffnung herauslesen, dass sich diese als selbstvollziehende Prophezeiungen verwirklichen mögen – was mit dem Pandemieende bereits im vergangenen Jahr im Nachhinein als etwas zu optimistisch angesehen werden muss.

Auch die Hoffnung, dass Europa angesichts einer neuen EU-Regulation zur Durchführung von klinischen Studien nun gar nicht anders könne, als zusammenzurücken, ist zuallererst eine Hoffnung. Denn selbst in der Pandemie hatte sich gezeigt, dass zwar die EMA als europäische Arzneimittelzulassungsbehörde in Sachen Durchführung von klinischen Studien während der Notsituationen in den Kliniken rasch eine Direktive mit sehr pragmatischen Handlungsanweisungen veröffentlichte. Doch einzelne Länder, und dabei gerade Deutschland selbst, hielten es für angebracht, einen eigenen Anhang zu dieser Direktive zu publizieren, der „Sachverhalte konkretisieren sollte“, wie es aus den Behörden dazu hieß. In der Realität stellten sich diese nationalen Ergänzungen jedoch als Stolpersteine heraus, die zur Verlangsamung und Verunsicherung beigetragen hätten. So wünscht sich der Vorstandsvorsitzende des BVMA, Martin Krauss, nichts mehr, als dass die Behörden nicht wieder zu den umfangreichen neuen EU-Regeln nochmals nationale Extrahürden aufbauen. „Die gutgemeinte Detailtiefe von Regelungen mag für Juristen wichtig sein, in der Praxis sollte aber die pragmatische Lösung im Vordergrund stehen – und auch stehen dürfen", so Krauss zu |transkript.de.

Während in einzelnen Vorträgen tatsächlich um die Worte „kann“, „soll“, „muss“ und „darf“ in den Regelentwürfen diskutiert und über ihre Interpretation spekuliert wurde, verdeutlichte der Beitrag der Vertreterin einer Patientenorganisation, dass die Perspektive der Betroffenen (Patienten und ihre Angehörige) kaum in die Regelwerke und Ausführungsverordnungen einfließt.

Sally Hofmeister von der World Duchenne Organization machte unter dem Kapitel der „dezentralen Studien“ – als durch die Coronapandemie neuentstandene Form der Einbeziehung des Studienteilnehmers von zu Hause aus – deutlich, dass es dabei sowohl Chancen als auch „Sorgen“ gäbe. So seien die größere Flexibilität, der geringere Aufwand durch weniger Reisetätigkeit und die Durchführung von Tests in vertrauter Umgebung sehr zu begrüßen. Die hohe Verantwortung der Studienteilnehmer, sich exakt an das Studienprotokoll zu halten ohne eine Vor-Ort-Anleitung wie auch insgesamt die geringere Nähe zu Fachexperten sei jedoch eine große Belastung. Hofmeister schlug daher vor, dass man hybride Formen des Studiendesigns zur Auswahl stellen sollte und unbedingt eine jederzeit verfügbare Fachperson abstellen müsse, um die Studienteilnehmer nicht alleine zu lassen. Der Datenschutz war aus ihrer Perspektive interessanterweise kein großes Thema, während die Referenten aus den Behörden an genau diesem Punkt einhakten, dass gerade in dezentralen Studien der Datenübermittlung besondere, validierte und zertifizierte Aufmerksamkeit geschenkt werden müsse.

Das BVMA-Symposium versammele auch beim 30. Mal die ganze Bandbreite der Akteure in einem Symposium. Die Sprecher brachten oft verschiedene Perspektiven ein, da sie eigene Lebenswege von der Behörde in die Industrie oder von einer CRO zu einer Behörde geführt haben. Gerade der informelle Austausch folgt dabei meist dem Wunsch des Veranstalters, es möge pragmatisch und gemeinsam nach Lösungen gesucht werden.

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