Samenraub spart Partnersuche

Carassius gibelio, der Giebel, ist ein Verwandter des Goldfischs und konkurriert mit der Karausche um den Lebensraum. Die invasive Art stammt aus Asien und hat den Samenraub professionalisiert. Wissenschaftler der Universität Innsbruck sowie ihre Kollegen aus Berlin und Würzburg haben nun erstmals das vollständige Genom des Giebels beschrieben.

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Um sich zu vermehren, braucht der Giebel keinen Partner. Er mischt sich einfach unter einen Schwarm, der zu den Karpfenartigen gehört, zum Beispiel Karauschen, und lässt seine dort abgelegten Eier mitbefruchten. Die Spermien bewirken eine Teilung der Giebel-Eizelle. Ist das passiert, wird das Erbmaterial des fremden Männchens einfach abgebaut. Aus dieser „spermienabhängigen Parthogenese“ oder Jungfernzeugung entstehen weibliche Klone des Giebelweibchens, männliche Giebel kommen nur sehr selten vor.

„Die unisexuelle, also rein weibliche Fortpflanzung ermöglicht eine rasche Besiedlung von neuen Lebensräumen und bietet invasiven Arten einen großen Vorteil gegenüber den ursprünglich vorkommenden Konkurrenten“, so Studienleiterin Dunja Lamatsch vom Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee, der Universität Innsbruck. Lamatsch erforscht die Mechanismen unisexueller Fortpflanzung bei Wasserlebewesen.

Der Giebel ist hexaploid – er besitzt sechs Chromosomensätze. Vier davon sind durch die Kreuzung nicht-verwandter Fischarten zusammengekommen. Die anderen zwei wurden durch Kreuzung mit einem nahe verwandten Fisch hinzugefügt. „Vermutlich ist es bei diesen Kreuzungen irgendwann zu Problemen bei der Bildung der Keimzellen gekommen. Das könnte einer der Auslöser von unisexueller Vermehrung sein“, erklärt Lamatsch. „Bei Arten, die sich rein weiblich vermehren, fällt die Meiose aus und ein Verschmelzen der Keimzellen ist nicht mehr nötig.“

Gemeinsam mit Forschern des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei in Berlin (IGB) und der Universität Würzburg zerlegten die Innsbrucker Wissenschaftler das Giebel-Genom in einzelne Chromosomensätze. Das Genom des Giebels besteht aus insgesamt 150 Chromosomen, mehr als dreimal so viele wie das Genom des Menschen. Zum ersten Mal wurde damit die gesamte Erbinformation eines hexaploiden Tiers beschrieben, was zu einem besseren Verständnis des Mechanismus hinter seiner unisexuellen Vermehrung beiträgt.

Die Studie unter der Leitung von Dunja Lamatsch vom Forschungsinstitut für Limnologie, Mondsee, der Universität Innsbruck wurde im Fachmagazin Nature Communications veröffentlicht.

©transkript.de/laborwelt/MaK

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