Deutschland beteiligt sich an EU-Gesundheitsprogramm IPCEI Health

Deutschland beteiligt sich nun doch am EU-Förderprojekt zur Stärkung der Gesundheitswirt­schaft, das sich um besonders wichtige Themen im gemeinsamen europäischem Interesse (IPCEI, Important Project of Common European Interest) kümmern soll. Die Bundesregierung will 185 Mio. Euro beisteuern, nachdem das Finanzministerium monatelang eine Beteiligung ablehnte.

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Gemeinsam haben verschiedene IPCEI-Vorhaben der Europäischen Gemeinschaft, dass mehrere Mitgliedsstaaten koordiniert investieren, um ein als wichtig erkanntes Problem kooperativ zu lösen. Neben der Gesundheit gibt es auch Projekte zur IT-Sicherheit, zu grünem Wasserstoff oder zu Batteriespeicherkapazitäten.

Das jetzige IPCEI Health geht zurück auf den dritten Deutsch-Französischen Technologiedialog im Mai ver­gangenen Jahres und soll die Widerstandsfähigkeit der europäischen Medizin- und Pharmaindustrie stärken. Ein besonderer Fokus gilt der Produktion: Produktionskapazitäten müssten ausge­baut werden, um den Bedarf zu decken und Lieferengpässe zu vermeiden. Die Verlagerung der Produktion von grundlegenden Arznei­mitteln wie Antibiotika, Schmerzmitteln oder antiviralen Medikamenten aus Kostengründen nach Indien und China hatte im Corona-Krisenfall durch die gestörten Lieferketten zu Engpässen geführt und die Wahrnehmung dieses Problems in die Politik getragen.

Das IPCEI Health soll die Widerstandsfähigkeit der Wertschöpfungsketten in Europa erhöhen und den Kontinent in die Lage versetzen, gegenüber China und Indien konkurrenzfähig zu werden und seine Importabhängigkeit bei wichtigen Medikamenten zu verringern. Mehrere Ministerien wurden nun beauftragt, einen detaillierten Plan zu erarbeiten.

Im März dieses Jahres waren bereits 16 EU-Länder bei ICPEI Health an Bord. Bundesfinanzminister Christian Lindner scheute jedoch eine millionenschwere Zahlung, die als Förderung der Pharmaindustrie verstanden werden konnte zu Zeiten von Kriegs-, Inflations- und Energieängsten. Nun wurde in Verhandlungen der Ampelkoalition für den Haushalt 2023 die Beteiligung mit 185 Mio. Euro beschlossen. Erst gestern hatte der Europäische Rechnungshof diversen Public Private Partnerships der EU ein gutes Zeugnis ausgestellt. Darunter auch der von der Pharmaindustrie bereits 2007 lancierten Innovative Medicines Initiative (IMI 1 und später 2014 neuerlich gefördert als IMI 2). Auch innerhalb des 10 Mrd. Euro schweren allgemeinen europäischen Partnerschaftsprogramms für Innovationen ist die Gesundheit ein großes Thema, das in mehreren Schwerpunktfeldern gemeinschaftlicher angegangen werden soll.

Die deutsche Pharmaindustrie ist froh, dass die Blockade nun aufgelöst ist: "Mit dem IPCEI haben wir jetzt die Voraussetzungen, um wich­tige Projekte europaweit voranzutreiben“, erklärte Han Steutel, Präsident des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa). Allerdings konnte er sich einen Seitenhieb auf den deutschen Gesundheitsminister Karl Lauterbach nicht verkneifen. Es handele sich "noch nicht um eine konsistente Gesamtstrategie", kritisiert Steutel – und spielt damit auf das jüngst verabschiedete GKV-Finanzstabilisierungsgesetz an, das bei der Pharmaindustrie einen Milliardenbetrag einsparen soll. "Das Spargesetz ist der natürliche Feind eines europäischen Investitionspro­gramms", machte Steutel den Widerspruch in seinen Augen deutlich. 

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