Agroscope, M. Waldburger

Schweizer Ethikkommission sieht neue Gentechnik skeptisch

Aus Sicht der Eidgenössischen Ethikkommission für die Biotechnologie im Ausserhumanbereich (EKAH) muss die Erwartungshaltung an neue gentechnische Verfahren wie CRISPR/Cas zur Lösung von Klimafolgen in der Landwirtschaft gedämpft werden. Eine deutliche Mehrheit innerhalb der EKAH schätzt die Chancen dieser Verfahren für zu gering ein, um im gegebenen engen Zeitraum wesentlich zur Anpassung beizutragen. Ihnen dennoch eine solche Rolle zuzuweisen, hieße, "eine Wette auf die Zukunft" einzugehen.

ANZEIGE

Als konkrete Maßnahme empfiehlt die EKAH der Politik, den vorgegebenen Beitrag, den die Landwirtschaft zur Reduktion der Emissionen beibringen soll, deutlicher zu erhöhen, als dies bisher vorgegeben wird. Zudem muss angesichts des Klimawandels dringend die landwirtschaftliche Produktion angepasst werden, müssten der Fleischkonsum und die Viehhaltung reduziert werden. Hauptziel ist dabei die nachhaltige Sicherung der Ernährung. Die Klimastrategie der Schweiz legt für die Landwirtschaft im Vergleich zu anderen Bereichen (zum Beispiel Industrie und Wohnen) ein wesentlich niedrigeres Reduktionsziel fest. Es müssen bis 2050 demnach bisher nur mindestens 40% der Emissionen reduziert werden. Aus Sicht der EKAH ist dieses politisch festgelegte Reduktionsziel ethisch gesehen unzureichend.

Die unter ethischen Gesichtspunkten entwickelte Stellungnahme zur Nutzung von "neuen gentechnischen Methoden" in der Pflanzenzucht in der selben Stellungnahme stößt auf viel Kritik aus ganz verschiedenen Richtungen. Die klare Mehrheit der EKAH findet es eher "unwahrscheinlich, dass die neuen gentechnischen Verfahren in der knappen Zeit, die zur Verfügung steht, einen entscheidenden Beitrag zur Sicherung oder Steigerung der Ernteerträge leisten können". Diese "Wette auf die Zukunft" sei angesichts der Dringlichkeit der Anpassungsziele "ethisch nicht zu rechtfertigen."

Die Neue Zürcher Zeitung fragt angesichts dieser Äußerung, welches Innovationsverständnis die EKAH als Maßstab heranziehe, denn auch die "normale" Pflanzenzüchtung könne in der kurzen Zeit unmöglich einen signifikanten Beitrag zur Anpassung an die Klimafolgen leisten. Andere Kommentare zweifeln die rein ethische Beratschlagung insgesamt an und fragen, ob genügend Technologiekompetenz im Gremium der zwölf Weisen versammelt gewesen sei. Auch Verbände der traditionellen Landwirtschaft zeigen sich enttäuscht. Sie hatten sich ein klares Urteil über die Nutzung der CRISP/Cas-Methoden erhofft. Dieses bleibt das Gremium schuldig, obwohl der ursprüngliche Auftrag des Schweizer Bundesrates genau das beinhaltete.

Konkret hat die EKAH die Methoden der neuen Gentechnik nicht verdammt, verurteilt oder in Abrede gestellt, dass sie "irgendwann einmal" nutzbringend eingesetzt werden könnten. Vielmehr seien sich alle Experten des Gremiums einig, "dass neue gentechnische Verfahren nur so eingesetzt werden sollten, dass keine Pfadabhängigkeit entsteht. Dies bedeutet, dass gleichzeitig bereits bestehende Technologien genutzt und alternative Lösungsansätze gefördert werden, die zum Erreichen des 1,5 Grad-Ziels beitragen können".

Die EKAH ist von der Schweizer Eidgenossenschaft gesetzlich beauftragt, die Entwicklungen und Anwendungen der Bio- und Gentechnologie im außerhumanen Bereich zu beobachten und aus ethischer Sicht zu beurteilen. Der Mandatsbereich umfasst damit alle Anwendungen der Bio- und Gentechnologie an Tieren, Pflanzen und anderen Organismen einschließlich deren Auswirkungen auf Mensch und Umwelt. Die Diskussion dürfte mit diesem Votum nicht beendet sein.

SIE MÖCHTEN KEINE INFORMATION VERPASSEN?

Abonnieren Sie hier unseren Newsletter