Kein Milliardenbau in Niederösterreich

Boehringer Ingelheim legt sein 1,2 Mrd.-Euro-Projekt in Niederösterreich auf Eis. Der Bedarf an weiterer Produktionskapazität hätte bei neuer Betrachtung der Pipeline ergeben, dass der Ausbau in Wien ausreiche und der zusätzliche Standort in Bruck in Niederösterreich nicht benötigt werde, so das Unternehmen.

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Boehringer Ingelheim legt sein Milliardenprojekt in Niederösterreich überraschend auf Eis: Die ursprünglich geplanten 1,2 Mrd. Euro werden nicht in Niederösterreich investiert. 800 Arbeitsplätze hätten dort ab 2026 entstehen sollen.

Der deutsche Pharmakonzern Boehringer Ingelheim begründet den kompletten Rückzug damit, dass der erwartete künftige Bedarf an biopharmazeutischen Produktionskapazitäten durch bestehende Standorte abgedeckt sei. „Die Produktpipeline erfordere eine klare Fokussierung und Priorisierung“, hieß es in einer Aussendung des Unternehmens. Ziel sei es, bis 2030 rund 25 neue Wirkstoffe auf den Markt zu bringen. „Deren Herstellung wird auch die Einführung neuer Produktionstechnologien erfordern. Der erwartete künftige Bedarf an biopharmazeutischen Produktionskapazitäten ist hingegen – nicht zuletzt durch die kürzlich in Betrieb genommene Zellkulturanlage in Wien – mit den bestehenden Produktionsanlagen abgedeckt“, so Boehringer dazu weiter.

Die Präsentation des Projekts im April des Vorjahres war noch prominent besetzt. Neben Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner freute sich auch die damalige Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (beide ÖVP) über die Vorstellungen des Pharmakonzerns. Der Plan war aus Sicht der Beteiligten vielversprechend. Bis 2026 hätte im Brucker Eco-Plus-Park ein Campus aus sieben Gebäuden samt hunderten Fachkräften entstehen sollen. Gesprochen wurde von einer „Aufwertung der Region“ und einem „Erfolgsbeispiel“, so erinnert Der Standard an die damalige Euphorie. Die nachhaltige Bauweise und eigene Energiegewinnung wurden als wegweisend hervorgehoben.

Nun ist alles Makulatur, und man fragt sich, warum dem Großunternehmen die zu groß dimensionierte Produktionskapazität erst jetzt auffällt. Ist die sehr optimistische Planung der 25 neuzugelassenen Wirkstoffe bis 2030 doch etwas übertrieben? Fällt das Auftragsgeschäft der biopharmazeutischen Produktion für Dritte geringer aus, als in der Langzeitplanung vorgesehen?

Boehringer Ingelheim betont, Österreich bleibe ein wichtiger Standort, an den Ausbauplänen für Wien werde nicht gerüttelt. Da die Firma keinen Aktionären Rede und Antwort stehen muss und als neben der deutschen Merck letztes großes Pharmaunternehmen privat geführt wird, bleiben die Antworten auf viele nun aufkommende Fragen wohl aus. Die österreichischen Parteien sehen die Schuld jeweils bei den anderen.

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