
Labore in Deutschland und Europa haben zu kämpfen
Die Verbände der Labormedizin schlagen Alarm, die neue Laborreform würde die Honorarzuteilung zu einer existenziellen Bedrohung für viele Fachlabore machen. Auch allgemeine Forschungslabore in Europa haben noch mit der sinkenden finanziellen Ausstattung seit dem Abklingen der Pandemie und der Abnahme des Interesses an diesem Bereich zu kämpfen. Das belegt die aktuelle Umfrage eines Laborausrüsters, die gemischte Aussichten auf die zukünftige Entwicklung in den Laborbetrieben präsentiert.
Die Mitglieder der beiden Berufsverbände der Akkreditierten Labore in der Medizin (ALM e.V.) und der Ärzte für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie (BÄMI e.V.) schlagen Alarm und wenden sich erneut mit einem offenen Brief an den Bewertungsausschuss und die Kassenärztlichen Vereinigungen. Anlass sind die nun vorliegenden Ergebnisse einer umfangreichen Folgenabschätzung, die die bereits von beiden Verbänden erwarteten gravierenden Auswirkungen der am 1. Januar in Kraft getretenen Laborreform 2025 durch die Umsetzung des Beschlusses des Bewertungsausschusses (BA) vom 19. April 2024 bestätigen.
„Für die fachärztlichen Labore kommt es so schlecht, wie wir es befürchtet haben“, erklärt der erste Vorsitzende des ALM e.V., Dr. med. Michael Müller. „Die von uns in Auftrag gegebenen Simulationsrechnungen auf der Basis der beiden ersten Quartale des Jahres 2024 zeigen deutlich, dass die uns versprochene Leistungsbedarfsneutralität nicht eingehalten wird. Vielmehr führt die Umsetzung der Beschlüsse des BA zu erheblichen negativen Folgen für die fachärztlichen Labore, deren erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen sich direkt auf die Patientenversorgung in den Bereichen der davon betroffenen Labore auswirken.“ So führten die Vorgaben der Kassenärztlichen Bundesvereinigung zur Honorarverteilung dazu, dass Finanzmittel aus der Laborversorgung in andere Bereiche umgeleitet werden. Dies geschehe „trotz steigender Arbeitskosten und gleichbleibend hoher Anforderungen an die Facharztlabore“, so der ALM. Die Vergütung der labordiagnostischen Untersuchungen wäre damit nicht mehr kostendeckend.
Besonders Anstoß genommen wird an der als „willkürlich“ bezeichneten Absenkung der Mindestvergütungsquote auf 85 Prozent, für die es ebenso wie für die Laborreform keine kalkulatorische Grundlage gäbe, betonte Müller. „In der Folge dieser inakzeptablen Beschlüsse des Bewertungsausschusses und deren honorarpolitischer Umsetzung kommt es bereits jetzt zur Schließung von kleineren Facharztlaboren, wodurch die labordiagnostische Versorgung von Patientinnen und Patienten insbesondere in ländlichen Regionen teils erheblich beeinträchtigt werden kann, da die Transportwege der diagnostischen Proben länger werden“, kommentiert Prof. Dr. Ralf Ignatius, stellvertretender Bundesvorsitzender des BÄMI e.V., die konkreten Auswirkungen. Durch den Honorarverlust und gleichzeitig steigende Kosten bei gleicher erwarteter Leistung gerate die wirtschaftliche Existenz in Gefahr und wichtige medizinische Untersuchungen könnten zunehmend nicht mehr durchgeführt werden, da die Erstattungsbeiträge ohnehin nicht mehr kostendeckend seien.
In ein ähnliches Horn stößt eine aktuelle Umfrage in mehreren europäischen Laboren. Demnach sieht sich die gesamte europäische Life-Sciences-Branche mit zunehmenden wirtschaftlichen Einschränkungen konfrontiert. Die Umfrage des Laborausrüsters Starlab unter 378 Beschäftigten in Laborbetrieben aus fünf Ländern zeigt, dass viele Labore mit Budgetkürzungen und steigenden Kosten zu kämpfen hätten. Zwar habe sich die Verfügbarkeit von Labormaterialien nach pandemiebedingten Engpässen stabilisiert, jedoch stellen Personalengpässe, erhöhter Kostendruck und eine sich abschwächende Konjunktur die Branche vor Herausforderungen. 64 Prozent der befragten Labore haben bereits Sparmaßnahmen eingeleitet, 58 Prozent berichten von Budgetkürzungen, und 42 Prozent sehen sich gezwungen, Forschungsbereiche gezielt zu priorisieren und andere aufzugeben.
Die Erwartungen der Umfrageteilnehmer an die wirtschaftliche Entwicklung bis Ende 2025 sind sehr gemischt: 37 Prozent der Befragten rechnen mit einer negativen Entwicklung, während 15 Prozent optimistisch in die Zukunft blicken. 48 Prozent bleiben unentschieden. Besonders in Deutschland zeigen sich Labore vorsichtig: Nur 13 Prozent der deutschen Einrichtungen erwarten steigende Budgets – der niedrigste Wert im europäischen Vergleich. Das macht sich auch in den Betrieben der Laborausrüstung bemerkbar. Beispielsweise verzeichnet Deutschland mit einem Rückgang des Materialverbrauchs um 22,5 Prozent im Jahr 2024 die stärksten Einschnitte. In der Corona-Pandemie standen wissenschaftliche Entwicklungen im Fokus, heute sehen viele Labore jedoch eine sinkende finanzielle Unterstützung. Klaus Ambos, Geschäftsführer der Starlab International GmbH, hebt hervor, dass langfristige Investitionen in Wissenschaft und Forschung essentiell seien, um Innovationen in Bereichen wie Klimaschutz, Gesundheitsversorgung und -forschung sowie demografischem Wandel voranzutreiben.