Wir finden die Besten
Dr. Susanne Simon nutzt ihre internationalen Erfahrungen in der pharmazeutischen Industrie in der Personal- und UnternehmensberatungTrockle und unterstützt Biotech-Firmen bei Stellenbesetzungen. Über die Herausforderungen in der Rekrutierung von Spezialisten und Führungskräften sprach sie mit |transkript.
transkript. Frau Simon, alle reden vom Fachkräftemangel. Andererseits heißt es, es gäbe einen Bewerbermarkt und gut Qualifizierte fänden auch gute Jobs. Was stimmt denn nun?
Susanne Simon. Ich finde es schwierig, diese allgemeine Aussage auf jede Branche zu beziehen. Gerade in Biotech-Unternehmen scheinen vor allem Vakanzen in den Labor- und Produktionsbereichen problematisch zu sein. Bei der Besetzung von Spezialisten- und Führungskräftepositionen stehen wir aus meiner Sicht vor einem anderen Problem: Aufgrund von sehr komplexen, spezialisierten und oft nahezu einzigartigen Anforderungsprofilen wird eine Positionsbesetzung oft unnötig limitiert. Hier sehen wir unsere Aufgabe darin, zusammen mit unserem Auftraggeber ein marktgerechtes Profil zu erstellen, um dann die Besten zu finden.
transkript.Gibt es noch spezielle Besonderheiten für den Personalmarkt in den Life Sciences, oder hat sich das über die Jahre angeglichen zu anderen naturwissenschaftlich-technischen Industriesektoren?
Susanne Simon. Ich denke, dass die Life-Sciences/Healthcare-Branche und somit auch der Personalmarkt einige Besonderheiten aufweisen. Beispielsweise seien genannt: Hochethischer Anspruch, Innovationskultur, Produkte mit hohem Identifikationspotential, hochqualifiziertes Personal, Qualitätsdenken, aber auch starke Regulierungen. All das macht auch den Personalmarkt hochattraktiv und einzigartig.
transkript. Gerade der Gesundheitsbereich in Pharma und Biotech hängt stark von den Rahmenbedingungen aus der Politik und der Finanzwelt ab. Ist da die Personalplanung nicht zwangsläufig sehr schwankend?
Susanne Simon. Selbstverständlich reagieren Pharma- und Biotech-Unternehmen auf ihre wirtschaftliche Entwicklung mit entsprechenden Personalanpassungen. Da sehen wir kaum Unterschiede zu anderen Branchen. Anders sieht es bei neuen Gesetzen oder Regulierungen aus. Hier besteht häufig die Notwendigkeit, neues Know-how und spezifische Kompetenz ins Unternehmen zu holen. Ich erinnere hier nur an das AMNOG, das große Market-Access-Bereiche in den Unternehmen hat entstehen lassen. Eine vorausschauende Unternehmens- und Personalplanung mit zukunftsorientierten Positionsbesetzungen ist jedenfalls hilfreich.
transkript. Hat der Bereich Human Resource auch den richtigen Stellenwert in den Unternehmen?
Susanne Simon. Die „Personalabteilung“ hat inzwischen eine wichtige und notwendige Aufwertung erfahren. Human Resources ist keine Verwaltung, sondern ein wesentlicher Teil des Unternehmensmotors mit vielen hochqualifizierten Aufgaben. Wenn man strategisches Personalmanagement ernst nimmt, geht es einerseits um die Rekrutierung und die geeigneten Maßnahmen dafür, aber andererseits auch um eine strategische Organisations- und Personalentwicklung. Ein kontinuierlicher Know-how-Aufbau sowie -Transfer in die Organisation sollte gewährleistet sein, idealerweise in einer Mischung aus externem Recruiting und interner Personalentwicklung.
transkript. Ist eine solche „strategische Personalentwicklung“ für jedes Unternehmen und jede Unternehmensleitung neu und ganz individuell zu definieren?
Susanne Simon. Das muss man sehr stark individualisieren. Ein Konzept „von der Stange“ gibt es nicht. Strategische Personalentwicklung orientiert sich zum einen an den Zielen des Unternehmens und den sich daraus ergebenden personellen Anforderungen, zum anderen an den Qualifikationen sowie Bedürfnissen und Interessen der Mitarbeiter. Damit können neue Ideen und Lösungsansätze generiert werden, um sich am Markt zu differenzieren und Wettbewerbsvorteile zu erlangen.
transkript. Bei vielen Start-ups ist die Personalsuche ein eher chaotischer Prozess und wenige nehmen sich Zeit für Planung. Sind dann Probleme programmiert?
Susanne Simon. Bei Start-ups dominiert oft die Begeisterung über die Innovationskraft beziehungsweise die Produktidee. Die strategische Bedeutung von qualifiziertem und auch erfahrenem Personal wird oft nicht erkannt oder unterschätzt. Auch fehlt häufig die Vorstellung von einer zukünftigen Organisationsstruktur. Daher halte ich es für wichtig, bereits in frühen Phasen mit Know-how und strategischer Erfahrung ausgestattete Manager an Bord zu holen, die das Unternehmen sicher auch durch die herausfordernde Wachstumsphase steuern.
transkript. Die Berufseinsteiger sind nicht Ihre Kernklientel?
Susanne Simon. Berufseinsteiger mit akademischem Abschluss werden von den Unternehmen direkt gesucht, dazu werden wir normalerweise nicht beauftragt, obwohl es eine schwierige Aufgabe ist, da der Übergang von der akademischen Ausbildung in die Industrie seit jeher steinig ist. Hochschulen vermitteln kaum Vorstellungen von etwaigen Industrieaufgaben und Arbeitsumfeldern. Wünschenswert wären hier das Aufzeigen realistischer Vorstellungen von geeigneten Zielpositionen oder Hinweise auf relevante Netzwerke. Eine proaktive Gestaltung dieses Überganges wäre für alle Seiten ein Gewinn.
transkript. Und wer seine Mitarbeiter pfleglich behandelt und in deren Entwicklung investiert, der hat heute die besten Karten im Bewerbermarkt?
Susanne Simon. Unternehmen entwickeln Strahlkraft und Sog, wenn sie in die strategische Qualifizierung und Förderung der eigenen Talente investieren, um deren Fähigkeiten und Kompetenzen zielgerichtet zu entwickeln und um einen zukünftigen, idealerweise auch höherwertigen Personalbedarf zu decken. Dies kann etwa durch Schulungen, Mentoring-Programme, Jobrotation oder horizontale sowie vertikale Stellvertreterregelungen erfolgen. Wichtig erscheint es mir hier, diese Personalentwicklungsaktivitäten und andere Vorzüge auch im Bewerbermarkt zu kommunizieren.
transkript. Wie finden Sie die wirklich passenden Bewerber?
Susanne Simon. Mit Hilfe moderner Tools und aufgrund unseres branchenbezogenen und umfangreichen Netzwerks können wir zum gewünschten Zeitpunkt geeignete Kandidaten identifizieren, gezielt ansprechen und interessieren. Dabei ist es unser Alleinstellungsmerkmal, dass wir als Brancheninsider sowohl die Positionen wie auch den Markt recht genau kennen und verstehen. Von diesem Mehrwert profitieren Unternehmen wie auch Kandidaten. Wir gehen regelrecht auf die „Schatzsuche“, gemäß unserem Motto: Die Besten finden! Denn der Kandidat sucht oftmals nicht, zumindest nicht aktiv. Hier kommen wir ins Spiel, um das Interesse an Unternehmen und Position richtig zu wecken.
Das Interview ist dem Spezial Human Resources der |transkript-Ausgabe 1/2024 entnommen.