Glücksklee im All
Am 14. März startet eine NASA-Rakete, die eine kleine, von Studenten konzipierte Box voll Klee aus Hannover auf die ISS bringt.
Eine Geschichte wie aus einem Sci-Fi Film. Wissenschaftler erforschen die Möglichkeit, Pflanzen im All anzubauen, um Astronauten und zukünftigen Weltallgärtnern den Weg zu ebnen. Sieben Studenten des sogenannten Glücksklee-Teams aus der Leibniz Universität Hannover sind unlängst im Kennedy Space Center in Florida angekommen, wo sie in wenigen Tagen ihr Experiment für vier Wochen ins All verabschieden. Am 14. März 2023 um 1:00 Uhr (CET) geht es los auf die Internationale Raumstation (ISS).
Das Ganze begann vor etwa eineinhalb Jahren, als das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR und die Luxembourg Space Agency (LSA) im Rahmen des Überflieger-2-Wettbewerbs Studierende dazu aufriefen, Ideen für eigene Experimente auf der Internationalen Raumstation ISS einzureichen. Konditionen waren, dass mindestens vier Studenten in einem Team zusammenarbeiten, um einen Entwurf für ein kompaktes Experiment einzureichen, das eigentlich schon Ende 2022 für 30 Tage auf die ISS gebracht werden sollte. Eine Studentin der Pflanzenbiotechnologie an der LUH fand die Ausschreibung etwa zehn Tage vor Einsendeschluss und beschloss, es trotzdem noch zu versuchen. Sie trommelte Kommilitonen zusammen und sie bildeten das nun unter dem Namen „Glücksklee“ bekannte Team von zehn Studenten aus der Pflanzenbiotechnologie, dem Maschinenbau und der Informatik. In der kurzen verbliebenen Zeit designten sie ein Experiment, in dem sie den Einfluss von Schwerelosigkeit auf die Symbiose zwischen einer Modellpflanze und einem Bakterium untersuchen.
Die Expertenjury war überzeugt. Am 2. Dezember 2021 wurden vier Gewinner gekürt. ADDONISS von der TU München, BRAINS von der University of Luxembourg, FARGO von der Universität Stuttgart und Glücksklee von der Leibniz Universität Hannover. Die Gewinnerteams erhielten je 20.000€ finanzielle Unterstützung und etwa ein Jahr Zeit, um ihr Projekt zu realisieren und startbereit zu machen. Die fertige Forschungsapparatur, die jeweils in einen vorgefertigten Container mit den Maßen 10 x 10 x 20cm passen muss, wird jetzt ein bisschen verspätet ins All geschossen.
Aber was sagt uns dieses Experiment denn überhaupt? Es wäre von Vorteil für Astronautenteams, in der Lage zu sein, Pflanzen im Raumfahrzeugen kultivieren zu können, um sich auf langen Aufenthalten auf der ISS oder auch auf zukünftigen längeren Weltraumreisen zu ernähren. Die veränderte Schwerkraft während solcher Reisen wirkt sich natürlich auf die Entwicklung der Pflanzen aus. Außerdem brauchen Pflanzen neben Licht, Luft und Wasser auch Dünger, um gut gedeihen zu können. Das Experiment wird eine Methode der „Selbstdüngung“ untersuchen, womit die Pflanzen ganz ohne Düngerzugabe angebaut werden können. Die Symbiose von Klee (Medicago truncatula) und in der Erde lebenden Bakterien (Sinorhizobium meliloti) und die Veränderungen in dieser Beziehung in der Schwerelosigkeit. Hier auf der Erde funktioniert diese Symbiose, indem die Bakterien im Boden den Wurzeln Nährstoffe entziehen und sie gegen Stickstoff austauschen, den die Pflanze für ihre Entwicklung benötigt. Die Mikroben in den Wurzelknöllchen, die Stickstoff fixieren, ermöglichen der Pflanze, ohne zugegebenen Stickstoffdünger zu überleben. In dem Versuchsgefäß werden mehrere Kleesetzlinge unter kontrollierten Bedingungen wachsen. In dem geschlossenen System der Box ist eine Kamera eingebaut, die die Entwicklung an Bord der ISS während der gesamten Zeit aufzeichnen. Nach der Rückkehr zur Erde wird der „Weltraumklee“ im Labor gründlich auf schwerkraftbedingte Veränderungen untersucht.
Und wieso Klee? Die hier genutzte Kleespezies ist eine Modellpflanze. Das heißt, dass sie intensiv erforscht ist und Wissenschaftler schon viel von ihrem Wachstum und ihren Bedürfnissen verstehen. Außerdem gehört Klee zu den Leguminosen, also der Pflanzenfamilie, aus der alle Hülsenfrüchte wie zum Beispiel Linsen oder Erbsen stammen. Mit der Erforschung einer Leguminose im All können Schlüsse auf alle weiteren dieser Hülsenfrüchtler geschlossen werden und somit deren Kultivierung ermöglichen. So wird man einen großen Schritt (für die Menschheit) näher an dem Wissen sein, ob es möglich ist, unter Mikrogravitationsbedingungen selbstdüngende Pflanzen anzubauen. Wenn sie in der Schwerelosigkeit gut wachsen können, könnten sie in Zukunft eine nützliche Nahrungsquelle im Weltall darstellen.