Wlanholding Advisory- & Beteiligungsgesellschaft

Das transkript-Interview: Werner Lanthaler im Gespräch

Als Werner Lanthaler Anfang 2024 von seinem Posten als CEO der Evotec SE zurücktrat, waren alle überrascht und es brodelte die Gerüchteküche. Die Untersuchung verspätet gemeldeter Aktiengeschäfte – ein Auslöser des Ganzen – ist dem Vernehmen nach abgeschlossen, die Verurteilungen zu Geldstrafen in Deutschland und Österreich (Wohnsitz) im Rahmen einer Ordnungswidrigkeit sind mit der Bezahlung abgegolten. Lanthaler sprach im Dezember 2024 mit |transkript über die Gegenwart und seine Zukunft.

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transkript. Herr Lanthaler, nach Ihrem Rücktritt als CEO von Evotec haben Sie ein Sabbatical angekündigt. Doch untätig waren Sie nicht. Werden Sie der Branche weiter treu bleiben?

Werner Lanthaler. Ja, das werde ich. Ich engagiere mich weiterhin als Aufsichtsrat für Unternehmen aus der Life-Science-Branche, bin jüngst zum Aufsichtsratsvorsitzenden der österreichischen Proxygen gewählt worden und freue mich, dass mir auch die Aktionäre der Schweizer AC Immune auf der letzten Hauptversammlung erneut ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Darüber hinaus befinde ich mich im Aufbau meiner Advisory- & Beteiligungsgesellschaft Wlanholding.

transkript. Was machen Sie mit dieser Unternehmung genau?

Lanthaler. Die Wlanholding unterstützt als strategischer Investor und Partner die Wachstumspläne von Unternehmen aus dem Hightech-, Life-Science- und Sustainability-Sektor. Das ist meine Passion, und es gibt keine größere Freude als transformativen Ideen beim Wachsen zu helfen. Dieses Engagement werde ich nach und nach international ausbauen. Meine Vision ist es, nach Intercell und Evotec weitere globale Champions aus Europa heraus zu entwickeln. Ich bin also kein Aussteiger aus der Szene. Es ist auch kein neuer Lanthaler, der da unterwegs ist, sondern es ist der alte, der sich weiterentwickelt hat und mit seinem Netzwerk breiter und tiefer auf diverse Themenfelder schaut.

transkript. Gibt es Themen, die Ihnen aus Ihrer Zeit als CEO besonders am Herzen liegen?

Lanthaler. Ja, wie wir weltweit langfristig erfolgreich sein können. Die Strategie in meinem ehemaligen Unternehmen hat unter meiner Führung auf Innovation gesetzt, nicht etwa auf ein reines Servicegeschäft. Wir haben in bestimmten Bereichen zu den Front-runnern zählen wollen, um im Innovationsgeschehen auf Augenhöhe zu Partnerschaften zu gelangen.

Im Servicegeschäft ist man ewigem Preisdruck ausgesetzt, den der Westen generell nicht leicht gewinnen kann. Also das An-die-Grenzen-von-Technologien-gehen und bestimmte Bereiche wie die induzierbaren pluripotenten Stammzellen, OMICS-Technologien oder Biologics vollständig in das Unternehmen zu integrieren, erfordert klare strategische Entscheidungen, die Geld kosten, bevor sie hochprofitablen Umsatz bringen. Das sind immer auch herausfordernde Diskussionen mit der eigenen Mannschaft, dem Aufsichtsrat, den Aktionären, vor allem auch in einem schwierigen Marktumfeld. Alles Entscheidungen, zu denen ich heute noch zu 100 Prozent stehe.

transkript. Sie denken also weiter über Strategien in unserer Branche nach?

Lanthaler. Ja, mehr als je zuvor. Wir sind erst am Anfang der Aufteilung der Wertschöpfungsketten auf bestimmte Player. Ein paar Beispiele: Nicht jeder muss eine molekulare Datenbasis aufbauen, nicht jeder muss den iPSC-Assay für multiparallele und Hochdurchsatz-Analysen zum Laufen bringen, wenn das ein paar wenige Anbieter für alle Nutzer machen können. Aber der Ausgleich in der Monetarisierung von Pharma zu den innovativen Dienstleistern muss noch gerechter werden. Viele Performance-basierte Deals haben schon ein besseres Niveau für Innovationspartner erbracht. Aber Dienstleister brauchen Portfolio- und Skaleneffekte, um nicht permanent mit dem Rücken zur Wand zu stehen. Sie müssen selbst mehr ins Risiko gehen, um bei den Deals noch besser abzuschneiden. Aber das muss man dann auch aushalten und zu finanzieren bereit sein, wenn es anfangs nicht hundertprozentig läuft. Strategie ist nichts Kurzfristiges, das sieht man gerade auch etwa bei Zelltherapie-, Radiopharma- oder AI-Unternehmen. Da kann man nicht plötzlich einsteigen und morgen schon ernten wollen.

transkript. Was hat in Ihrer Reflexionszeit noch stattgefunden? Worüber haben Sie noch nachgedacht: über die Unternehmens-Tretmühle allgemein oder auch über ganz andere Dinge?

Lanthaler. Ich habe auch viel über unsere Innovationsbescheidenheit nachgedacht. Alle anderen können etwas besser als wir, heißt es bei uns viel zu oft. Heute wird zur gleichen Zeit weltweit publiziert. Der Vorsprung Einzelner ist am Anfang also minimal. Jeder kann sich überall auf der Welt überlegen, was man für ein Geschäftsmodell aus einer Idee oder Technologie entwickeln kann. Induzierbare Stammzellen sind auch nicht nur in Japan groß geworden, weil dort der Nobelpreisträger sitzt. Man kann sich überlegen, wie man ein Zulieferer von Amazon wird, oder man kann selbst ein Amazon werden. Wir sind in bestimmten Bereichen phantastisch aufgestellt. Und doch glauben zu viele, daraus nur etwas mit Hilfe der USA oder vielleicht demnächst mit China oder Indien machen zu können. Uns muss klar sein, dass KI diese Welle noch beschleunigen wird. Sie wird Service- und Routine-geschäfte ersetzen. Umso dringender müssen wir aus der Bescheidenheit und Defensive heraus, um als globale Innovatoren zu gewinnen. Was die Unternehmens-Tretmühle betrifft, kann ich nur sagen, dass ich immer sehr gerne als CEO und CFO gearbeitet habe, und mache da keinen Abstrich. Ich habe mich in der Funktion nie in einem Hamsterrad befunden. Es war und ist ein Privileg, in der wichtigsten Industrie der Welt mit vollem Einsatz zu arbeiten.

transkript. Sie werden auch weiterhin die Entwicklung innovativer Unternehmen gestalten, aber in einer anderen Rolle. Wo sind Sie da mit Ihren Überlegungen gelandet?

Lanthaler. Während einer Auszeit kann man besser reflektieren als in den Zeiten, in denen man im Job in der vollen Verantwortung steht. Mit dieser neuen Freiheit hatte ich Zeit, auch sehr viel in anderen Feldern zu studieren. Und natürlich auch Zeit dafür, nach links und rechts zu schauen, nach Themen, für die ich brenne. Aber auch ein tieferes Verständnis dafür zu entwickeln, was im hektischen Alltag oft nicht möglich ist. Erst wenn man etwas im Detail versteht, kann man beginnen, diese Themen auch zu gestalten. Und diese spannenden Themen identifiziere und entwickle ich heute in der Wlanholding.

transkript. Gab es den Moment, in dem Sie etwas ganz anderes machen wollten?

Lanthaler. Im Gegenteil. Ich bin noch fester als je überzeugt, dass Hightech-, Life-Science- und Sustainability-Themen die wichtigsten und spannendsten sind, die man sich denken kann. Es gibt eine spannende neue Generation von Unternehmerpersönlichkeiten, denen noch der sichtbare Erfolg fehlt, denen ich aber gerne weiterhelfen will.

transkript. Haben Sie in Ihrem Sabbatical nun eine Adlerperspektive auf die Arbeit eines CEO gewonnen?

Lanthaler. Vieles sehe ich mit Abstand klarer. Die Ursache für mein sehr rasches Drängen zu Zielen war immer, dass ich der festen Überzeugung bin, dass man sich entscheiden muss, ob man ganz vorne dabei sein will oder sehr schnell im globalen Wettbewerb verliert. ‚All in‘ zu sein, das ist der entscheidende Unterschied, um gesund zu wachsen. Im Wettbewerb soll man sich nie ausruhen; gleichzeitig geht das nur, wenn ein Team gemeinsam an einem Strang zieht.

transkript. Wenn Sie nun einen Ratgeber für Führungspersonal schreiben würden, welche Ratschläge hätten Sie?

Lanthaler. Ich weiß nicht, ob mich das wirklich jemand fragt. Ich habe da nur drei wesentliche Ratschläge. Man sollte maximal zehn Jahre CEO bei einem Unternehmen sein, egal wie gut man ist. Man sollte ein maximal diverses Team versammeln, weil das enorm inspirierend ist. Und man sollte so viel wie möglich kreative Werkzeuge ins Management hereinlassen, um eine empathische, inspirierende Führungsspitze zu gestalten und diese auch frisch und kreativ zu halten.

transkript. Vielen Dank.

Das Interview führte Redaktionsleiter Dr. Georg Kääb Ende 2024, entnommen aus Heft 4/24. Obwohl Herr Lanthaler im Prinzip bereit war, über seine Zeit und die Umstände seines Abschiedes bei und von Evotec näher Auskunft zu geben, wurden die entsprechenden Passagen auf juristisches Anraten nicht freigegeben. Die Redaktion musste diese Entscheidung respektieren.

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