Österreich kann mehr
Sie tun es immer wieder: Die großen Player bauen laufend ihre Standorte in Österreich aus. Takeda, Boehringer Ingelheim oder Novartis profitieren von einem umfassenden Ökosystem. Warum beim Schritt nach Österreich die Standortagentur ABA die erste Anlaufstelle ist, erklärt im Interview Marlis M. Müllner, Director Strategy Investment, Austrian Busines Agency
transkript. „Österreich ist schön – komm, bleib!“ verspricht die österreichische Tourismuswerbung. Ihr Land ist für seine Schönheit und Lebensqualität weltbekannt. Wie aber überzeugen Sie internationale Life-Sciences-Unternehmen davon, diesem Ruf zu folgen?
Marlis M. Müllner. In leicht abgewandelter Form und aus voller Überzeugung kann ich Life-Sciences-Unternehmen, die überlegen, den Schritt nach Österreich zu machen, sagen: „Österreich kann noch mehr – kommt, bleibt! Unternehmen wie Boehringer Ingelheim, Novartis, Takeda oder Pfizer leben das ja seit vielen Jahren vor und investieren laufend am Life-Sciences-Standort Österreich. Takeda Wien ist eines der größten plasmaverarbeitenden Werke der Welt und globales F&E-Zentrum für Plasma-Innovationen. Das japanische Unternehmen investiert aktuell erneut einen dreistelligen Millionenbetrag in die biopharmazeutische Forschung und Entwicklung in Wien. Das ist die größte Investition in F&E seitens des Unternehmens in Österreich, das seit knapp 70 Jahren am Standort tätig ist. Ab 2025 werden dort rund 250 Forscher tätig sein, die sich auf biotechnologisch hergestellte Arzneimittel und Gentherapien fokussieren. Dazu kommt der Schwerpunkt Digitalisierung der Forschungs- und Entwicklungsarbeit, unterstützt durch innovative Technologien wie Robotik, Augmented Reality, künstliche Intelligenz und Simulationen von Prozessen mittels digitaler Zwillinge.
transkript. Das ist dann vermutlich ein Vorzeigebeispiel oder gab es kürzlich vergleichbare Investitionen?
Marlis M. Müllner. Tatsächlich haben einige Großinvestitionen im Life-Sciences-Bereich aufhorchen lassen. Im April kündigte das deutsche Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim eine Großinvestition für eine klimaneutrale „Green Factory“ in Österreich an. Die neue Produktionsanlage entsteht in Niederösterreich. Der Spatenstich für das 1,2 Mrd. Euro teure Projekt soll 2023 erfolgen. Bereits im Herbst 2021 eröffnete Boehringer Ingelheim im Zuge der größten Einzelinvestition in der Unternehmensgeschichte ein neues Produktionsgebäude in Wien, in das 700 Mio. Euro geflossen sind. Im Juli 2022 setzte Boehringer Ingelheim zusätzlich einen weiteren Schritt zum Ausbau und zur Stärkung des Wiener Standortes. Ein neues Forschungsgebäude schafft zusätzlichen Raum für die Krebsforschung in Wien und bietet für über 150 Forscher ein hochmodernes, energieeffizientes und nachhaltiges Arbeitsumfeld. Dafür investiert Boehringer Ingelheim erneut rund 60 Mio. Euro. Auch der Schweizer Pharmariese Novartis eröffnete im Mai eine neue Produktionsanlage für Biopharmazeutika in Österreich. Insgesamt investierte das Unternehmen seit 2010 in den Tiroler Produktionsstandort Kundl/Schaftenau rund 900 Mio. Euro. Novartis startete 1946 in einer Tiroler Brauerei mit der Produktion von Medikamenten. Heute befindet sich dort der wichtigste Produktionsstandort im Novartis Produktionsnetzwerk weltweit.
transkript. Was sind die konkreten Gründe dafür, dass das kleine Land Österreich im Life-Sciences-Bereich so auftrumpfen kann?
Marlis M. Müllner. Der Mix an Standortvorteilen macht den Erfolg aus! Die enorme Forschungsdynamik, der hohe Grad an Vernetzung von Forschung und Unternehmen sowie universitäre und außeruniversitäre Forschungszentren von internationalem Ruf schaffen in Summe ein ideales Biotop für Innovation und Wachstum. Und ganz konkret bietet Österreich Unternehmen eine Forschungsförderung, die international ihresgleichen sucht. Gerade weil Österreich ein kleines Land ist, ermöglichen kurze Wege, unaufwendige Kommunikation und die richtige Infrastruktur dieses fruchtbare Ökosystem.
Jedes zweite Biotech-Unternehmen ist im Hotspot Wien angesiedelt, wo mit dem Campus Vienna BioCenter ein führendes Forschungszentrum entstanden ist. Eine Schnittstelle zu den hochinnovativen Unternehmen bilden neben den Forschungseinrichtungen auch Public Private Partnership (PPP)-Modelle wie COMET oder die Christian-Doppler-Labore und Cluster wie etwa LISAvienna, Life Sciences Tirol, HumanTechnology Styria, Technopol Krems und der Medizintechnik-Cluster Oberösterreich. Das AKH Wien zählt zu den größten Krankenhäusern in Europa und arbeitet eng mit der MedUni Wien zusammen, die mit 30 Universitätskliniken, zwei klinischen Instituten, 13 medizintheoretischen Zentren und zahlreichen hochspezialisierten Laboratorien zu den bedeutendsten Spitzenforschungsinstitutionen Europas im biomedizinischen Bereich zählt.
In Österreich gibt es eine Vielzahl von Unternehmen wie BASF, ZETA, Bilfinger oder VTU, die Basistechnologien für die gesamte Wertschöpfungskette von Produktionsprozessen anbieten. Diese reichen von Good Manufacturing Practice (GMP)-Know-how für den Aufbau von pharmazeutischen Anlagen über Unternehmen, die Plasma, spezielle Enzyme und andere biologische Substrate herstellen, bis hin zu Stammzellprodukten für die Reparatur von Knochen, Knorpel oder Muskelgewebe. Die enge Zusammenarbeit zwischen Universitäten, Forschungszentren und der Industrie sowie gut ausgebildete und erfahrene Wissenschaftler, Experten und Techniker vor Ort gewährleisten höchste Qualität der Produkte und Dienstleistungen.
transkript. Sie haben die Förderungen angesprochen. Was konkret können Biotechnologie-Unternehmen erwarten?
Marlis M. Müllner. Mit einer Forschungsquote von voraussichtlich 3,26 Prozent im laufenden Jahr belegt Österreich international einen Spitzenplatz und gilt als "Strong Innovator". Die prominenten Großprojekte bestätigen die herausragenden Rahmenbedingungen für innovative Firmen in Österreich. Sowohl für internationale Konzerne als auch für Start-ups ist die Forschungsprämie von 14 Prozent häufig entscheidend bei der Standortwahl und stellt ein absolutes Alleinstellungsmerkmal für Österreich dar.
Unternehmen aus dem Bereich Life Sciences können zudem auf spezifische Förderungen zurückgreifen. Das Programm Austrian Life Sciences bietet maßgeschneiderte Förderpakete für den gesamten Entwicklungszyklus und für klinische Studien. Die Life-Sciences-Ausschreibung 2022 unterstützt klinische Studien bis zu einer Million Euro und Leitprojekte bis zu 4 Mio. Euro, um nur einige zu nennen.
transkript. Für viele Unternehmen ist derzeit nicht so sehr Geld das Problem, sondern vielmehr die Rekrutierung von Personal. Das wird in Österreich ähnlich sein, oder?
Marlis M. Müllner. Ein wesentlicher Grund für den massiven Ausbau der Betriebsstätten in der Alpenrepublik ist unter anderem das hohe Ausbildungsniveau und die Möglichkeit, Fachpersonal rekrutieren zu können. In den Life-Sciences-Fachgebieten studieren 77.000 Personen. Zusätzlich punktet Österreich mit der praxisnahen Lehre und den Höheren Technischen Schulen (HTL). Österreich belegt zudem Platz eins bei der Lebensqualität. Das hilft Unternehmen, internationale Talente von Österreich zu überzeugen und hier zu halten.
Hinzu kommt die zentrale Lage. Alle europäischen Hauptstädte sind in wenigen Flugstunden vom Drehkreuz Wien aus gut erreichbar. Das ist nicht nur für die mobile Gruppe der hochqualifizierten Fachkräfte relevant, sondern auch für global agierende Unternehmen, die eine Expansion in Europa anstreben oder europaweite, klinische Studien durchführen möchten.
transkript. Die Austrian Business Agency als Tochtergesellschaft des österreichischen Arbeits- und Wirtschaftsministeriums bezeichnet sich auch als „One-Stop-Shop“ für ausländische Unternehmen. Wie darf man sich das konkret vorstellen?
Marlis M. Müllner. Wir unterstützen Unternehmen kostenlos und maßgeschneidert bei sämtlichen Fragen zum Standort, der Ansiedlung und der Fachkräftesuche. Niemand im Land hat so viel Standort-Know-how und Vernetzungskompetenz wie wir. Wir stellen den Kontakt zu Forschungsinstituten, den Förderinstitutionen und anderen Key Playern her, helfen, Laborflächen zu finden, und informieren über alle Themen, die zu einem erfolgreichen Start in Österreich beitragen.
Kontakt
Austrian Business Agency (ABA)
Mag. Marlis M. Müllner
Telefon: +43 676 898 590 239
E-Mail: m.muellner@aba.gv.at
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