The Lancet: Fast die Hälfte der Krebstodesfälle wäre vermeidbar

Die Studie weist auch das höhere Krebsrisiko einzelner Regionen, insbesondere der westlichen Welt nach. Verhaltensbedingte Krebsfälle treten in reicheren Ländern häufiger auf. Die fünf Regionen mit den höchsten Krebssterbera­ten aufgrund von Risikofaktoren waren der neuen Analyse nach Zentraleuropa (82,0 Todesfälle pro 100.000 Einwohner), Ostasien (69,8 pro 100.000), Nordamerika (66,0 pro 100.000), das südliche Lateinamerika (64,2 pro 100.000) und Westeuropa (63,8 pro 100.000).

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Das Ergebnis einer neuen Analyse der Studie „Global Burden of Diseases, Injuries, and Risk Factors 2019" (GBD-Studie) in Lancet (2022; 400: 563-91) macht deutlich: Die Hälfte aller Krebserkrankungen bei Männern und ein Drittel bei Frauen sind auf vermeidbare Risikofaktoren zurückzuführen. Der nach wie vor wichtigste Risikofaktor war Rauchen, gefolgt von Alkohol. Daneben erhöhen auch ein hoher Body-Mass-Index (BMI), ungeschützter Sex und hohe Blutzuckerwerte das Krebsrisiko erheblich.

Ein Team um Christopher Murray, Leiter des „Institute for Health Metrics and Evaluation“ an der Univer­si­tät von Washington in Seattle, hat in einer weltweiten Studie den Einfluss von Risikofaktoren auf Krebser­kran­kun­gen untersucht. Die Forscher konnten dabei nur auf wenige offizielle Krebsregister zurückgreifen, da es davon nur wenige gibt. Diese Un­si­cherheit versuchten sie, mit statistischen Mitteln auszugleichen.

So geben sie daher einmal den Anteil der Risikofaktoren an den Todesfällen an. Zum anderen werden die verlorenen Lebensjahre in gesunder Lebensqualität (DALY) berechnet. Sie sind dann besonders hoch, wenn der Krebs in einem frühem Lebensalter auftritt. Das Team kommt zu dem Ergebnis, dass im Jahr 2019 weltweit 4,45 Millionen Krebstodesfälle auf vermeidbare Risikofaktoren zurückzuführen waren. Die Zahl entspricht 44,4 % aller Krebstodesfälle. Bei Männern sind es 50,6 % und bei Frauen 36,3 %.

Die häufigsten vermeidbaren Krebserkrankungen waren 2019 bösartige Tumore der Atemwege (Trachea, Bronchien und Lungen). Der Anteil liegt bei beiden Geschlechtern bei 36,9 %. Bei Männern folgen Dickdarm- und Mastdarmkrebs (13,3 %), Speiseröhrenkrebs (9,7 %) und Magenkrebs (6,6 %), bei Frauen Zervixkarzinom (17,9 %), Darmkrebs (15,8 %) und das Mammakarzinom (11 %).

Die häufig "schicksalhaft" oder als Folge genetisch ererbter Faktoren empfundene Krebserkrankung wurde nun mit einer, zumindest aus der Statistik ableitbaren, deutlichen Komponente aus dem individuellen Lebensstil ergänzt. Diese äußeren Faktoren lassen sich in der Regel vermeiden, und auch andere epidemiologi­sche Studien zeigen, dass der Anteil dieser modifizierbaren Risikofaktoren hoch ist.

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