Tubulis sammelt Mega-Serie B2-Finanzierung ein
Die Tubulis GmbH erhöht den Finanzierungsrekord aus dem Mai 2022 um den Faktor zwei. Von damals 60 Mio. Euro steigt das Volumen der nun Serie B2 genannten, als eigenständige Runde zu verstehenden Finanzierung auf rekordverdächtige 128 Mio. Euro. Neues Geld, keine Erweiterung der früheren Runde. Die Finanzierung wurde neu angeführt von EQT Life Sciences (Niederlande) sowie Nextech Invest aus der Schweiz.
Die Martinsrieder Firma Tubulis macht erneut Schlagzeilen. War schon die erste Meldung der Serie B-Finanzierung im Jahr 2022 mit 60 Mio. Euro etwas für die deutsche Branche in der Höhe relativ Ungewöhnliches, so toppt die neueste, eigenständige Runde durch Hinzunahme weiterer, internationaler Investoren dies deutlich: 128 Mio. Euro machen das hohe Interesse am Feld der Antikörper-Wirkstoff-Konjugate (ADC) erneut deutlich.
Dabei wurde der erste ADC-Wirkstoff bereits im Jahr 2000 zugelassen. Jedoch zeigte sich dann, dass die Nebenwirkungen viel stärker ausfielen als gedacht, die unerwünschte toxische Wirkung auf gesundes Gewebe die Patienten weiter schädigte. Es brauchte ein weiteres Jahrzehnt bis ADCs der zweiten Generation die unspezifische Toxizität besser in den Griff bekamen und doch sieht man nun erst in den vergangenen etwa fünf Jahren einen reglerechten Run auf alle Unternehmen, die eine ADC-Pipeline oder spezielle Technologieplattformen für die Verknüpfung von Toxin (Payload) und Antikörper im Angebot haben. Seit 2019 wuchs das Volumen an Deals und Akquisitionen im weltweiten ADC-Entwickler-Raum auf 125 Mrd. US-Dollar.
Darunter sind so große Akquisitionen wie SeattleGenetics (SeaGen) für 43 Mrd. US-Dollar durch Pfizer, die gerade aus der übernommenen SeaGen-Pipeline auch einen Erfolg in der Phase III-Studie vermeldete. Aber auch bei Kooperationen haben die Summen längst die Milliardengrenze durchbrochen. Die US-amerikanische Merck zahlte 5 Mrd. US-Dollar Upfront an die japanische Daiichi Sankyo, um an deren ADC-Wirkstoffen zu partizipieren. Wenn daraus Zulassungen erfolgen sollten, würde der Deal auf bis zu 21 Mrd. US-Dollar hochgeschraubt werden müssen.
In diesem Umfeld nutzt die Tubulis GmbH die Gunst der Stunde und wartet mit einer sehr spezifischen und stabilen Linkertechnologie auf. Das Unternehmen versteht sich aber nicht als Werkzeuglieferant, sondern will selbst Wirkstoffe in die klinische Entwicklung bringen. In der aktuellen Finanzierungsrunde geht es um die Tubulis-ADCs TUB-040 und TUB-030. TUB-040 richtet sich gegen das Tumorantigen Napi2b, ein allgemein anerkanntes Target bei Eierstock- und Lungenkrebs. TUB-030 zielt auf 5T4, ein Antigen, das in soliden Tumoren häufig überexprimiert wird. Aktuell bereitet Tubulis eine erste Studie (first in Human) mit dem gegen Napi2-gerichteten ADC vor, für die die Rekrutierung im Mai starten wird. Das Target ist jedoch ein Wagnis. Bereits 2014 scheiterte Genentech/Roche mit einem eigenen ADC-Antikörper und erst im vergangenen Jahr auch Mersana Therapeutics. Unklar ist in beiden Fällen, ob die Stratifizierung der eingeschlossenen Patienten nicht ausreichte oder die Konzentration des Toxins am Wirkort Tumorgewebe zu gering ausfiel.
Das Wagnis genau auf dieses Zielmolekül und die damit verbundenen Indikationen zu fokussieren, scheint die Investoren nicht abzuschrecken. Insbesondere der Neuinvestor Nextech Invest ist mit weiteren ADC-Portfoliounternehmen kein Greenhorn in dem Sektor und gewohnt, die hohen Finanzierungsrunden (etwa bei Silverback und proFoundBio) mitzugehen. EQT Life Science schöpft aus einem Milliardenfonds, der deutsche High-Tech-Gründerfonds (HTGF) war beim kurzlebigen deutsch-französischen ADC-Unternehmen Emergence Therapeutics investiert und hat dort den schnellen Exit zu einem höheren dreistelligen Millionenbetrag an Eli Lilly hautnah miterlebt. Dabei konnte sich auch die landeseigene Investitionsbank NRW.Bank über den Return of Investment freuen. Tubulis steht die bayerische Förderbank Bayern Kapital seit dem Start zur Seite. Als Investorenkonsortium vereint sind nun EQT Life Sciences und Nextech Invest Ltd, Frazier Life Sciences, Deep Track Capital sowie die früheren Investoren Andera Partners, BioMedPartners, Fund+, Bayern Kapital (mit ScaleUp-Fonds Bayern), Evotec, coparion, Seventure Partners, OCCIDENT und High-Tech Gründerfonds (HTGF).
Franz Wocheslander, der für Tubulis bei Bayern Kapital zuständige Investment-Manager, hält die Hinzunahme neuer Investoren für eine Stärkung: „Die Antikörper-Wirkstoff-Konjugate von Tubulis sind ein Meilenstein in der zielgerichteten Krebstherapie. In der Technologie liegt enormes Potential in der gezielten Behandlung von Krebspatienten. Dank der Beteiligung eines erfahrenen Konsortiums, von unserer Seite mit den ScaleUp-Fonds Bayern, hat Tubulis nun ausreichend Ressourcen, um die Entwicklungsprojekte entscheidend voranzubringen und gleichzeitig unternehmerisch sinnvoll zu wachsen.“
Dominik Schumacher sieht das hohe Investoreninteresse ebenfalls als Bestätigung: „Diese substantielle Finanzierung durch ein Konsortium globaler spezialisierter Biotech-Investoren ist eine Anerkennung der einzigartige Position von Tubulis im ADC-Bereich. Unsere proprietären Plattformtechnologien und unser internes Know-how sind die Grundlage für unsere Pipeline von wirklich differenzierten Protein-Wirkstoff-Konjugaten“, sagte der CEO und Mitbegründer von Tubulis. Doch ein schneller Exit ist nicht der Plan des Gründerteams zusammen mit Jonas Helma-Smets. „Unser Ziel ist es, Tubulis als ein weltweit führendes ADC-Unternehmen in der klinischen Phase zu etablieren und das volle Potential von ADCs auszuschöpfen, um Patienten mit soliden Tumoren zu nutzen.“
Bislang hat Tubulis insgesamt 187,1 Mio. Euro aufgenommen. Darin enthalten ist die Serie B2 in Höhe von 128 Mio. Euro, die die letzte Tranche der früheren Serie B umfasst, die jedoch mit rund 45 Mio. Euro nicht vollständig in Anspruch genommen wurde. 10,7 Mio. Euro stehen aus der Serie A im Jahr 2020 in den Büchern sowie weitere 3,4 Mio. Euro an nicht verwässernden Mitteln im Jahr 2019 aus Fördergeldern.
In einem Bericht anlässlich der ersten Hälfte dieser Finanzierung hatten die beiden Tubulis-Gründer |transkript.de mehr Einblicke in ihre Technologieplattform und ihre Positionierung im ADC-Feld gegeben. Viele weitere Unternehmen in dem Sektor, gerade auch im deutschsprachigen Raum mit unter anderem Heidelberg Pharma, Veraxa Biotech, BioNTech (mit einigen chinesischen ADC-Partnern), Valanx Biotech (Österreich) und ADC Therapeutics, Alentis, Araris sowie GlycoEra (alle Schweiz), werden die hohe Bewertung der Martinsrieder Tubulis aufmerksam beobachten.