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BioVersys behandelt ersten Tuberkulosepatienten

Die Schweizer Antibiotikaentwickler von BioVersys und ihr Kooperationspartner GSK starten mit der ersten Behandlung eines Patienten die klinische Phase II-Studie zur Behandlung von Tuberkulose mit der niedermolekularen Verbindung Alpibectir-Ethionamid. Über zehn Millionen Menschen erkranken weltweit jährlich an Tuberkulose, über eine Million sterben an dieser Infektion, deren Erreger immer stärker Multiresistenzen gegen gängige Antibiotika aufweisen.

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Die kürzlich an die Schweizer Börse gegangene BioVersys AG (SIX: BIOV) kommt mit der klinischen Entwicklung eines Antibiotikums gegen den Tuberkuloseerreger in die entscheidende Phase. Das Unternehmen teilte mit, dass der erste Patient in einer klinischen Phase II-Studie zur Behandlung von pulmonaler Tuberkulose (TB) mit Alpibectir-Ethionamid (AlpE) behandelt wurde. Ziel der Studie ist es, die frühe bakterizide Aktivität und Sicherheit von AlpE in Kombination mit den gängigen Erstlinien-TB-Medikamenten zu evaluieren. Die Studie wird im Rahmen des EU-Programms IMI2 UNITE4TB durchgeführt und ist Teil der Zusammenarbeit zwischen BioVersys und GlaxoSmithKline (GSK). Der Test auf eine bakterizide Wirksamkeit von AlpE wird jeweils innerhalb von 14 Tagen in der Studie erhoben, die bis Ende 2025 laufen und insgesamt 60 Patienten mit pulmonaler Tuberkulose einschließen soll. Erste Ergebnisse der Datenauswertung werden für das zweite Quartal 2026 erwartet.

Alpibectir (BVL-GSK098) ist eine neuartige niedermolekulare Verbindung, die aus der von BioVersys entwickelten Transcriptional Regulatory Inhibitory Compounds (TRIC)-Plattform hervorgegangen ist. Die Entwicklung erfolgte in enger Zusammenarbeit mit GSK, dem Institut Pasteur Lille und der Université de Lille. AlpE ist darauf ausgelegt, Resistenzen zu überwinden und die Wirksamkeit von Ethionamid (Eto) oder Prothionamid (Pto) signifikant zu steigern. Ethionamid, ein Antibiotikum, das strukturell zu den Thionamiden zählt, wird zwar selbst zur Behandlung von multiresistenten Tuberkulose-Erregern eingesetzt. Doch der Wirkstoff gehört zur Zweitlinien-Anwendung nur in Kombination mit anderen Antituberkulotika, da es bei alleiniger Gabe rasch zu Resistenzen kommt. Im Jahr 2023 erhielt die fix-dosierte Kombination von AlpE die Orphan-Drug-Designation (ODD) der U.S. Food and Drug Administration (FDA) für die Behandlung von Tuberkulose.

Dr. Glenn E. Dale, Chief Development Officer von BioVersys, erklärte: Alpibectir hat in einer Phase I- sowie einer siebentägigen Phase IIa-Studie eine vielversprechende Sicherheitsbilanz gezeigt. In dieser Studie wurde erstmals ein Wirkungsnachweis im Menschen erbracht, mit einer bakteriziden Wirkung, die mit der von Isoniazid vergleichbar ist. Die neue 14-tägige Phase II-Studie wird diese Untersuchungsreihe nun weiterführen, um die Wirksamkeit, Sicherheit, Verträglichkeit und Pharmakokinetik in Kombination mit Erstlinien-TB-Medikamenten zu untersuchen.“

Die enge Zusammenarbeit zwischen BioVersys und GSK umfasst nicht nur die Entwicklung von AlpE für pulmonale Tuberkulose, sondern auch den Bereich der TB-Meningitis (TBM). BioVersys plant den Start einer klinischen TBM-Studie in der ersten Hälfte des Jahres 2026. Diese zweigleisige Strategie, unterstützt durch den klinischen Studienpartner TASK, soll die Entwicklung von AlpE für TB-Patienten beschleunigen.

Tuberkulose bleibt eine der führenden Todesursachen weltweit. Laut WHO-Tuberkulosebericht 2024 erkrankten 2023 rund 10,8 Millionen Menschen an TB, 1,25 Millionen Menschen starben daran. Besonders besorgniserregend sind die 400.000 neuen Fälle resistenter Tuberkulose, von denen der Großteil multiresistente (MDR) TB-Fälle sind. Die WHO schätzt, dass derzeit nur 68% der MDR-TB-Patienten erfolgreich behandelt werden. Zwei Drittel der weltweiten TB-Fälle wurden in acht Ländern registriert: Indien, Indonesien, China, Philippinen, Pakistan, Nigeria, Bangladesch und in der Demokratischen Republik Kongo. BioVersys selbst ist auch mit anderen Antibiotikaprojekten unterwegs und gegen den Krankenhauskeim Acitenobacter baumanii kurz davor, eine Phase III-Studie zu starten.

Vereinte Kraftanstrengungen gegen Antibiotikaresistenzen
UNITE4TB ist eines von neun Projekten innerhalb des AMR Accelerators und führt klinische Phase II-Studien durch, um die Evaluierung neuer TB-Medikamente und -Kombinationen zu beschleunigen. Es integriert innovative Studiendesigns, Biomarker für die Behandlungsantwort sowie KI- und Deep-Learning-Techniken, um die vielversprechendsten Therapieansätze zu identifizieren. Das Projekt wird von der Innovative Medicines Initiative 2 (IMI2) finanziert, die durch das EU-Forschungsprogramm Horizon 2020 und verschiedene Partner aus der Pharmaindustrie unterstützt wird. David Barros-Aguirre, Leiter der Global Health Medicines R&D bei GSK und UNITE4TB-Projektleiter, kommentierte: Tuberkulose ist nach wie vor eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit, die besonders verletzliche Gemeinschaften in Hochrisikogebieten betrifft. Der Start der Phase IIa-Studie mit AlpE in Kombination mit Erstlinien-TB-Medikamenten ist ein bedeutender Fortschritt im Kampf gegen resistente TB-Erreger.“

Immer mehr Fälle von Tuberkulose
Nach der Corona-Pandemie ist Tuberkulose wieder auf dem Vormarsch. Das zeigen Daten des US-amerikanischen Center for Disease Control and Prevention (CDC): Nach fast drei Jahrzehnten eines kontinuierlichen Rückgangs der Tuberkulosefälle in den Vereinigten Staaten und einem starken Rückgang im Jahr 2020 begann die Zahl der TB-Fälle und die Inzidenzrate im Jahr 2021 wieder zu steigen. Wahrscheinlich habe die Erholung von pandemiebedingten Störungen im Gesundheitswesen, der Anstieg des Reise- und Migrationsaufkommens nach der Pandemie sowie TB-Ausbrüche in mehreren Bundesstaaten zu diesen Entwicklungen beigetragen, schlussfolgert das CDC. Die Zahl der Infektionen hat fast wieder das Niveau des Jahres 2010 erreicht.

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