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Cellvie: Fortschritt bei der Mitochondrien-Isolation

Mitochondrien sind in jedem Lehrbuch als "Kraftwerke" der Zellen beschrieben. Dass diese Kraftwerke, die wesentlich für die Bereitstellung von Energie für alle Stoffwechselvorgänge im menschlichen Organismus sind, auch einmal schlapp machen können, gerät zunehmend in den Fokus bei der Therapieentwicklung für unterschiedlichste Krankheitssymptome: selbst bei Long COVID und Erkrankungen wie ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom) gibt es die Hypothese einer Schädigung der Mitochondrien. Die Schweizer Firma cellvie AG hat nun einen Durchbruch in der Isolation und Anreicherung der kleinen Organellen erzielt.

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Mitochondrien gelten als „Kraftwerke der Zellen“ – ihre Funktion bestimmt maßgeblich Gesundheit, Alterung und Krankheitsverläufe. In der biomedizinischen Forschung werden sie zunehmend als Schlüsselziel für Therapien gegen Herzinfarkt, Schlaganfall oder Organversagen gesehen. Auch im Bereich der Longevity-Medizin, die auf ein gesundes Altern abzielt, rücken mitochondriale Ansätze in den Fokus.

Ein vielversprechender Ansatz ist die therapeutische Mitochondrien-Transplantation (TMT). Dabei werden intakte Mitochondrien isoliert und in geschädigtes Gewebe eingebracht, um dessen Energiestoffwechsel zu stabilisieren und Zelltod zu verhindern. Besonders relevant ist das Verfahren bei Ischämie-Reperfusionsschäden (IRI), die entstehen, wenn nach unterbrochener Blutversorgung – etwa bei Herzinfarkt, Schlaganfall oder Transplantationen – wieder Sauerstoff ins Gewebe gelangt. In Europa und den USA sind jedes Jahr mehr als drei Millionen Patienten betroffen. Bisher fehlen gezielte Therapien.

Das Schweizer Unternehmen cellvie hat sich auf diesen Ansatz spezialisiert. Bislang galt jedoch die Herstellung der Mitochondrienpräparate als größter Engpass. Der klassische Isolationsprozess war bisher stark manuell geprägt und daher auch von der individuellen Handhabung im Labor abhängig. Das bedeutete: nicht für eine skalierbare, GMP-konforme Produktion geeignet. Gemeinsam mit dem Schweizer Forschungszentrum CSEM entwickelte cellvie nun im Rahmen eines Innosuisse-Projekts eine automatisierte, geschlossene Lösung, die eine standardisierte Gewinnung von Mitochondrien in größerem Maßstab erlaubt.

„Die Etablierung eines robusten und skalierbaren Systems zur Isolierung von Mitochondrien ist unerlässlich, um bioenergetische Funktionalität und Sicherheit zu gewährleisten“, erklärt Charlotte Fonta, Senior R&D Engineer bei CSEM. Die international anerkannte, öffentlich-private Technologieinstitution der Schweiz, die 1984 gegründet wurde, legt den Fokus auf Anwendung und Translation und beschäftigt über 630 Mitarbeiter an sechs Standorten in der Schweiz (Hauptsitz Neuenburg) und verfügt über mehr als 180 eingetragene Patente.

Für cellvie-COO Dr. Martijn Brugman ist das System ein Durchbruch: Es ermögliche die Herstellung von Präparaten „in großen Mengen und zu sehr günstigen Kosten“. CEO und Gründer Dr. Alexander Schueller (siehe Interview in European Biotech News Magazin 2/2024) betont die Bedeutung des Fortschritts: „Dies wird ein entscheidender Schritt auf dem Weg zur klinischen Anwendung sein.“ Der nächste Schritt besteht darin, den neu entwickelten Prozess an externe Partner für die Produktion zu übergeben – zunächst für klinische Studien, langfristig für die kommerzielle Anwendung.

Damit rückt ein bislang visionärer Ansatz der mitochondrialen Therapie näher an die Praxis. Sollte es gelingen, Ischämie-Schäden mit TMT wirksam zu behandeln, könnte dies nicht nur die Transplantations- und Notfallmedizin revolutionieren, sondern auch die Grundlagen für mitochondrienbasierte Longevity-Therapien schaffen. Aber auch bei vielen anderen Krankheitsformen mit derzeit unklarer Entstehung sind Mitochondrien im Fokus, etwa bei Long COVID und Erkrankungen wie ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom). Hier forscht etwa das deutsche Start-up Mitodicure an einer eigenen Mitochondrien-Therapie.

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