
Millionenfinanzierung: Herz-Antikörper findet Investoren
Die aktuell größte frühe Finanzierungsrunde des Jahres in Deutschland sammelt die nordrhein-westfälisch-schweizerische EvlaBio mit 21 Mio. Euro ein. Deren Wirkstoffentwicklung eines spezifischen Antikörpers wurde im Dortmunder Lead Discovery Center (LDC) unter die Fittiche genommen und validiert. Mit der daraus hervorgegangenen Datenlage konnte nun ein ansehnliches Investorenkonsortium überzeugt werden. EY sieht zugleich die Finanzierungslage für Start-ups äußerst kritisch.
Das Biotech-Start-up EvlaBio hat eine Seed-Finanzierung in Höhe von 21 Mio. Euro abgeschlossen – eine der bisher größten Frühphasenrunden in Deutschland. EvlaBio eröffnet mit der Finanzierung in Düsseldorf und hat zudem eine Niederlassung in Zürich, Schweiz. Mit dem Kapital soll die präklinische Entwicklung eines monoklonalen Antikörpers abgeschlossen und der Übergang in IND-ermöglichende Studien vorbereitet werden. Angeführt wurde die Finanzierungsrunde von der französischen VC-Gesellschaft Kurma Partners. Beteiligt sind außerdem AdBio Partners (Paris, Barcelona) mit ihrem ersten Investment in Deutschland, der Boehringer Ingelheim Venture Fund, NRW.Venture (NRW.BANK) und der High-Tech Gründerfonds (HTGF).
EvlaBios Leitprogramm zielt auf die Behandlung der linksventrikulären Hypertrophie (LVH) im Rahmen von chronischer Nierenerkrankung (CKD) ab. Im Fokus steht ein neuartiger Antikörper, der den FGF23/FGFR4-Signalweg blockiert – ein Schlüsselfaktor bei der krankhaften Herzmuskelvergrößerung in CKD, die häufig in Herzversagen mündet. FGF23 (Fibroblast Growth Factor 23) bindet an FGFR4 (Fibroblast Growth Factor Receptor 4) und signalisiert über den Phosphatstoffwechsel das Zellwachstum. CEO und Mitgründer Wenzel von der Heydte betont den hohen medizinischen Bedarf: „Trotz fortschrittlicher Therapien bleibt LVH bei CKD ein ungelöstes Problem. Unsere gezielte Wirkweise direkt an den Kardiomyozyten stellt einen vielversprechenden neuen Therapieansatz dar.“
Die Technologie stammt ursprünglich vom LDC in Dortmund und wurde dort in Zusammenarbeit mit dem KHAN Technology Transfer Fund I entwickelt, woraus sich auch die Verbindung zu den Investoren NRW.Bank (bereits als Seedinvestor aktiv) sowie dem in Bonn ansässigen HTGF ergab. Mitgründer und COO Dr. Thomas Kirmeier betont das große Potential des hochspezifischen Ansatzes: „Die gezielte Blockade von FGF23/FGFR4 könnte eine krankheitsmodifizierende Therapie ermöglichen, die an der Wurzel der kardiorenalen Wechselwirkung ansetzt.“
Die Investoren betonen die wissenschaftliche Exzellenz des Teams und die hohe Relevanz des Therapieansatzes bei einer weit verbreiteten, bisher unzureichend behandelbaren Erkrankung. Marek Kozlowski, Senior Investment Director bei der NRW.BANK, kommentierte: „Die FGF23/FGFR4-Achse ist ein sehr gut validierter Zielweg, dessen klinisches Potential bislang jedoch ungenutzt geblieben ist. EvlaBios Forschungs- und Entwicklungsprogramm könnte das nun grundlegend ändern. Mit der erheblichen Seed-Finanzierung durch NRW.Venture und dieses hochkarätige Investorenkonsortium ist EvlaBio bestens aufgestellt, um die Entwicklung des Leitkandidaten voranzutreiben.“ Die Mittel sollen EvlaBio helfen, den nächsten Meilenstein in Richtung klinischer Entwicklung zu erreichen.
Eine Finanzierung in dieser Größenordnung in einer sehr frühen Phase eines Wirkstoffentwicklers ist mittlerweile eine Rarität in Deutschland. Klaus Ort, Senior Partner Life Sciences bei der Beratungsgesellschaft EY, hatte kürzlich auf den starken Einbruch der Finanzierungen hingewiesen: „Innerhalb nur eines Jahres hat sich die Landschaft der Biotech-Finanzierung in Deutschland deutlich verändert. Ein Blick auf das erste Halbjahr 2025 zeigt einen dramatischen Einbruch bei Eigenkapitalfinanzierung und einen Anstieg bei Schulden-Finanzierung“, sagte Ort. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Venture-Capital-Finanzierung um 90% eingebrochen, Anschlussfinanzierungen (follow-on über die Börse) gingen um 46% zurück.
Auf der anderen Seite werde ein Anstieg der Fremdfinanzierung beobachtet. Trotz des starken Rückgangs bei Eigenkapital ist der Gesamtkapitalzufluss nämlich insgesamt nur um 30% gesunken – dank eines deutlichen Anstiegs der Fremdkapitalfinanzierung. Etablierte Unternehmen setzen laut EY zunehmend auf nicht-verwässernde oder verwässerungsbegrenzende Finanzierungsinstrumente (wie etwa Anleihen oder Finanzierungen auf Abruf), um ihre Liquidität zu verlängern und wichtige Meilensteine zu erreichen. Das deutet auf einen Paradigmenwechsel hin – bei Investoren ebenso wie bei Unternehmen, die nun stärker auf Flexibilität und Diversifikation setzen. Für Start-ups bedeutet das jedoch laut EY: Es stehen deutlich weniger Mittel über Eigenkapital zur Verfügung – außer man überzeugt mit einer validierten Datenlage, wie es EvlaBio offensichtlich gerade gelungen ist.