
Business Angel Kongress in Düsseldorf und ein Abschied mit Ansage
In Düsseldorf trafen sich Mitte März 120 Teilnehmer schon zum 14. Business Angel Congress. Eine Veranstaltung, die in den Jahren manche Veränderung durchgemacht hat, aber der Zielrichtung der Erstveranstaltung immer treu geblieben ist: alle Akteure des Innovationsökosystems in Nordrhein-Westfalen zusammenzubringen, aber dabei auch ins europäische und internationale Umfeld zu schauen und von dort neue Entwicklungen und interessante Musterbeispiele hereinzuholen.
„Float or Flourish – Diving into the Investment Pool” lautete das Motto des 14. BIO.NRW Business Angel Congress, der dieser Tage in Düsseldorf stattfand. Der neu gewählte Veranstaltungsort am Flusskilometer 741 machte die Wahl dieses interpretationsfähigen Mottos schnell klar: dort ist der Rhein nicht nur in Sichtweite und von der Hochterrasse den Flusskapitänen der vorbeiziehenden Frachtkähne auf die Schiffskarte neben dem Steuerrad zu schauen, der Veranstaltungsraum befindet sich auch über einem frisch gebauten städtischen Schwimmbad.
Die von Bernward Garthoff und seinem Team der BIO Clustermanagement NRW GmbH seit Jahren und diesmal zum 14. Mal organisierte Veranstaltung war jedoch die letzte, die er aktiv gestaltete, bevor er zum Jahresende in den Ruhestand gehen wird. Dieser Abschied ist bereits länger angekündigt, doch dem Team gelang mit einer feierlichen Dankesrede und Verabschiedung mitten im Programm eine Überraschung des Langzeit-CEO, die das Publikum mit Standing Ovations begleitete.
Das dichtgepackte Programm aus Paneldiskussionen und Vorträge ließ dennoch Platz für Fragen aus dem Publikum, also für die Interaktion, die die Expertisen auf Seiten der Redner mit denen des Publikums gut vermischte. Als lokale, nationale und doch auch grenzüberschreitende Investoren traten für ihre Einrichtungen Marek Kozlowski (NRW.Bank) und Anke Cassing (HTGF) auf die Bühne. Sie machten unter anderem am Beispiel der Emergence Therapeutics aus Marseille/Duisburg deutlich, wie wichtig die gute Zusammenarbeit auf internationaler Ebene für den Erfolg ist. In vier Jahren von der Gründung rings um einen besonderen ADC-Antikörper zum Exit an Eli Lilly sollte dabei als Ansporn für die im Saal vertretenen Start-ups und Investoren verstanden werden, doch es wurde auch deutlich gemacht, dass hier besondere Umstände und ein ideales Timing von Angebot und Nachfrage zusammengetroffen sind, die einen wichtigen Faktor für den Erfolg einer (auch kurzlebigen) Unternehmensentwicklung ebenso deutlich machten: es gehört einfach auch etwas Glück dazu.
Diesen Ball nahmen die jungen Start-ups CureDiab und SRTD Biotech auf, die ihre kurze Firmengeschichte schilderten wie auch ihr Verständnis über den Schritt aus dem wissenschaftlichen Elfenbeinturm hinaus in die für Forscher neuen Wirklichkeiten des Unternehmensgründers Sowohl Elisabeth Rohbeck von CureDiab als auch Bernd Hoffmann von SRTD betonten dabei, dass sie sich weiterhin als Wissenschaftler in den jungen Unternehmen verstehen. Aus dem Netzwerk von BIO.NRW bezögen sie das nötige Zusatzwissen über unter anderem Finanzierung, Unternehmensführung und -strategie. Genau dafür steht der Business Angel Congress: die verschiedenen Akteure eines Innovationsökosystems zusammenzubringen, Neuigkeiten etwa über Finanzierungsinstrumente auch aus den europäischen Nachbarländern aufzuzeigen, und sowohl regionale als auch internationale Kontakte verfügbar zu machen.
Erfahrung trifft Nachwuchs
Im Panel „Lighthouses of Success“ mit Nils Schrader, Prof. Detlev Riesner, Bert M. Klebl und Matthias Guth gestand auch der Mitgründer von Qiagen (Detlev Riesner) ein, dass er bei seinen weiteren Investitionsentscheidungen als Business Angel nicht immer das Glück auf seiner Seite hatte, man dieses also nicht pachten könne. In der Diskussion stellten das Lead Discovery Center Dortmund (Bert Klebl) und die MIG Capital (Matthias Guth) ihre Ansätze in der Unterstützung von Innovationsprojekten vor. Beide betonten, dass die Idee schon etwas ganz Besonderes sein müsse, eben Best-in-class, dass aber auch das Team zähle und die Chemie zwischen Investor und Projektteam unbedingt stimmen und langfristig tragfähig erscheinen müsse. Denn der gemeinsame Weg in der Wirkstoffentwicklung sei eher länger als so kurz und überschaubar wie im eingangs aufgeführten Sonderfall bei Emergence. Klebl betonte seine Sichtweise, dass die Gründung eines Start-ups nicht übereilt werden, sondern erst erfolgen sollte, wenn die Daten gut genug aussehen, um daraus den Zeitrahmen für die weitere Entwicklung bis zum Eintritt der klinischen Prüfung möglichst klar ableiten zu können. Nur dann wäre das Investment auch konkreter abschätzbar und ein ewig verzögerter Entwicklungsweg, der die Finanzmittel schneller verbraucht als neue zu beschaffen sind, könne vermieden werden. Schrader stellte die Bedeutung von Leuchttürmen für die internationale Sichtbarkeit und Wahrnehmung von Nordrhein-Westfalen als Standort für Life-Sciences-Innovationen heraus. Er könne mit Qiagen, Miltenyi und anderen Schwergewichten auf den internationalen Messen sehr gut punkten. Detlev Riesner steuerte das Bonmot des Tages bei, in dem er ein japanisches Sprichwort zitierte, das besagt, dass „der Platz direkt unter den Leuchttürmen sehr dunkel sein kann.“ Die Aufgabe, die in höheren Ebenen schwebenden Leuchttürme mit den sich in ihrem Schatten tummelnden kleineren Unternehmen und Start-ups zu verbinden und den Austausch zu fördern, schilderte Schrader als die Dauerbaustelle einer Clusterorganisation.
Im Detail stellte ein Referent das neue Finanzierungsinstrument SAFE (Simple agreement over future equity) dem bekannteren CLA (Convertible loan agreement), der Wandelschuldverschreibung, gegenüber und beleuchtete die Vorteile einer Brückenfinanzierung ohne gleichzeitige Anteilsübertragung (SAFE, dort wird das auf einen späteren Zeitpunkt vertagt). Dazu wurde in einem Vortragsblock mit mehreren Beispielen verdeutlicht, dass auch eine neue Form der Crowd-Finanzierung der Methode des Geldeinsammelns über eine größere Gruppe an Kleininvestoren neuen Schwung verschafft. Lukas Linn von Invesdor erklärte und zeigte mit Vertretern des Diagnostikunternehmens Pirche aus München und des niederländischen Start-ups PeelPioneers die neue Form der Bündelung der vielen Kleininvestoren in einer rechtlichen Einheit, die mit nur einer Stimme spreche und den Aufwand der Kleininvestorenbetreuung stark vereinfache. Bas van Wieringen, PeelPioners, brachte seine Erfahrungen mit Kampagnen zum Crowdinvesting in einem sehr persönlichen Referat so gut auf den Punkt, dass er in den Pausen der meistgesuchte Gesprächspartner war.
Mit weiteren Erfahrungen aus dem internationalen Investitionsgeschehen in den USA sowie einem Ansatz eines Angel-Netzwerkes, das nur noch Teams unterstützt, wenn mindestens eine Frau im Start-up-Management vertreten ist, wurde eine sehr interessante und vielfältige Bandbreite geboten, die zu einem sehr lebhaften und regen Austausch beim Kaffee oder dem nachfolgenden Abendessen führte. Trotz Streik und etwas Mühen mit dem nicht vorhandenen Nahverkehr, war der Business Angel Congress den Ausflug an den Rhein wert – ob mit oder ohne Schwimmflügel.
Ein erster Eindruck der diesjährigen Veranstaltung hier im Video