Biobasierte Nitrilherstellung ohne Zyanid
Forscher der Technischen Universität Graz und der tschechischen Akademie der Wissenschaften haben ein biokatalytisches Verfahren zur Herstellung von Nitril entwickelt, das ohne Zyanid auskommt, energiesparender verläuft und weniger schädliche Abfälle hinterlässt.
Chemische Nitrilgruppen werden beispielsweise bei der Herstellung von pharmazeutischen Wirkstoffen, Haushaltsreinigern oder Sekundenklebern eingesetzt. Bisher war dabei eine chemische Reaktion bestimmter Moleküle mit Zyanid erforderlich. Forscher von der Technischen Universität Graz und der tschechischen Akademie der Wissenschaften haben nun zwei Enzyme für die Nitrilherstellung genutzt.
Margit Winkler vom Institut für Molekulare Biotechnologie (IMBT) der TU Graz entwickelte gemeinsam mit Ludmila Martínková vom Institut für Mikrobiologie der tschechischen Akademie der Wissenschaften ein biokatalytisches Verfahren, das ohne das hochgriftige Zyanid auskommt. Außerdem reicht Raumtemperatur für den Ablauf, das spart Energie, und es entstehen weniger schädliche Abfälle.
„Zyanid beschäftigt mich bereits seit meiner Diplomarbeit, und wie wir aus den Romanen von Agatha Christie wissen, ist es hochgiftig“, erklärt Margit Winkler. „Daher war es uns wichtig, einen Weg zu finden, wie sich diese gefährliche Substanz in der Produktion vermeiden lässt. Die Fettsäuren, die wir einsetzen, stammen aus Pflanzenölen. Wir haben hier also wirklich eine biobasierte Herstellungsmethode. Die möchten wir jetzt noch verbessern, damit sie breit einsetzbar ist.“
Um das Zyanid zu ersetzen, greift die Forschungsgruppe auf Enzyme zurück und verbindet drei einzelne Reaktionen zu einer Kaskade. Ausgangsstoff sind Carbonsäuren, etwa Fettsäuren aus Ölen oder der Reststoff Lignin aus der Holzverarbeitung. Im ersten Schritt wird die Carbonsäure durch Zugabe von Zucker, Sauerstoff und dem in lebenden Bakterienzellen enthaltenen Enzym Carbonsäurereduktase zu einem Aldehyd gewandelt. Dieses Aldehyd ist allerdings hoch reaktiv und dadurch instabil, in vielen Fällen noch dazu flüchtig. Um diesen Stoff abzufangen, lässt man das Aldehyd mit Hydroxylamin reagieren, wodurch es zu stabilem Oxim umgesetzt wird.
Oxim ist eine gewässerte Form des Nitrils, weswegen im letzten Schritt das Enzym Aldoxim Dehydratase zum Einsatz kommt. Auch dieses befindet sich in Bakterienzellen und sorgt dafür, dass dem Oxim das Wasser entzogen wird. Ist dies geschehen, hat die Kaskade ihr Ziel erreicht und das gewünschte Nitril ist hergestellt.
Für kleine Mengen hat sich diese Methode bereits bewährt. Sie könnte zum Beispiel bei der Herstellung von Duftstoffen zum Einsatz kommen, von denen nicht so viel benötigt wird. Die Herstellung von größeren Nitrilmengen ist bisher allerdings noch zu teuer, vor allem im ersten Prozessschritt. Margit Winkler forscht deshalb daran, diesen effizienter zu gestalten. Bei der Dehydrierung des Oxims ist das bereits gelungen. Sie ist effizient und technisch reif für die Produktion.
Das Projekt wurde vom Österreichischen Wissenschaftsfonds FWF und der Czech Science Foundation (GACR) gefördert.