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MINFLUX: Ein detaillierter Blick auf den Kerntransport

Wissenschaftler aus Texas und Heidelberg konnten mit einem neu entwickelten Ansatz für die dreidimensionale superauflösende Bildgebung Transportvorgänge durch die Kernporen von Zellen detailliert nachvollziehen.

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Mit der Bildgebungstechnik 3D MINFLUX des EMBL Imaging Centre in Heidelberg gelang es dem internationalen Forschungsteam um Siegfried Musser von der Texas A&M University erstmals, den Molekültransport durch die Kernporenkomplexe (NPCs) dreidimensional und in einmaliger Detailtiefe zu verfolgen. Die in Nature veröffentlichten Ergebnisse stellen bisher geltende Hypothesen in Frage, wonach Import und Export aus dem Zellkern auf getrennten Wegen stattfinden.

Moleküle müssen sich schnell und effizient durch die Poren der Doppelmembran bewegen können – ohne Staus oder Kollisionen. Dabei ging das Team von zwei Möglichkeiten aus: Entweder verlaufen Import und Export auf unterschiedlichen Wegen oder die Moleküle weichen einander auf einem gemeinsamen Weg aus. Tatsächlich nutzen die Moleküle nur einen kleinen Teil des Porenquerschnitts nahe den Wänden des Porenkanals. Hier bewegen sie sich in beide Richtungen und schlängeln sich dabei aneinander vorbei. „Dies ist das Worst-Case-Szenario – Verkehr in beide Richtungen in engeren Kanälen“, so Musser. „Was wir entdeckt haben, war eine unerwartete Kombination dieser Möglichkeiten. Wir kennen also nicht die ganze Antwort, und es ist komplizierter, als wir ursprünglich dachten. “

Überraschend war auch die Erkenntnis, dass sich Moleküle 1.000-mal langsamer durch die Kernporen bewegten als in freier Lösung. Grund dafür ist ein Netzwerk ungeordneter Proteine, das die Poren teilweise verstopft. „NPCs sind möglicherweise so konzipiert, dass sie nicht an der Kapazitätsgrenze operieren müssen“, so Musser. „Dies allein könnte die schädlichen Auswirkungen von Wettbewerb und Verstopfung begrenzen.“ Moleküle bewegten sich dabei in einem von acht Transportkanälen in den jeweiligen Speichen des peripheren Rings – entweder kontinuierlich oder aber mit vorübergehenden Pausen. Das Zentrum blieb hingegen offenbar versperrt. Hier sitzt zumindest bei Hefe-Kernporen ein zentraler „Pfropfen“, der den Transport kontrolliert. Dieses Porenzentrum könnte laut Musser der vorrangige Weg für den Export von mRNA sein.

Modernste Bildgebung am EMBL

Der Ansatz von MINFLUX (Minimum Photon Flux Localization) ist dafür ausgelegt, diese Molekülbewegungen zu visualisieren. Die von Stefan Hell entwickelte Technik ist eine Weiterentwicklung von superauflösenden Bildgebungserfahren zur Moleküllokalisation wie STORM und PALM. Durch einen optimierten Laserstrahl benötigt sie weniger Photonen zur Anregung und erlaubt so eine schnellere Bildaufnahme. Laut Sebastian Schnorrenberg, Anwendungsspezialist am EMBL Imaging Centre, bietet die Technik die höchste räumliche und zeitliche Auflösung und ist bis zu zehnmal genauer als bisherige Methoden. So soll die zweifarbige Anwendung (?) die Möglichkeit bieten, gleichzeitig den Transporter Importin-a und die Kernporenkomplexe zu markieren und sie mit einer räumlichen Auflösung von 7-8 Nanometern und einer zeitlichen Auflösung im Millisekundenbereich zu verfolgen. Außerdem sollen sich die Moleküle im Vergleich zu anderen Mikroskopietechniken wesentlich länger verfolgen lassen.

„MINFLUX ermöglicht nicht nur die Verfolgung einzelner Moleküle in Zellen, sondern könnte theoretisch auch zur Visualisierung von Strukturveränderungen in Proteinen eingesetzt werden, so dass wir Proteine in Aktion beobachten können“, so Schnorrenberg. Fehlfunktionen des Kernporenkomplexes stehen mit einer Vielzahl von Erkrankungen in Verbindung. Weitere Untersuchungen könnten helfen, deren Mechanismen besser zu verstehen.

Die MINFLUX-Technik ist nur eine der hochmodernen Imaging-Ansätze am EMBL. Kürzlich hat die Chan-Zuckerberg-Initiative zwei Projekte gefördert: Eines entwickelt die Hochdurchsatz-Röntgentomografie (HiTT2T) weiter, die mit räumlicher RNA-Analyse kombiniert wird und so Unterschiede zwischen gesundem und krankem Gewebe gezielt analysieren lässt. Ein anderes Projekt soll die Kryo-fokussierte Ionenstrahl-Rasterelektronenmikroskopie (FIB-SEM) etablieren, die mit Hilfe von Plasmatechnologie eine besonders schonende und genaue Gewebeuntersuchung ermöglichen soll.

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