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Stoffwechselprofiling enthüllt Medikamenteneffekte
Ein Schweizer Forschungsteam hat eine Hochdurchsatz-Metabolomik-Methode entwickelt, mit der sich der Einfluss zahlreicher Wirkstoffe auf den Zellstoffwechsel gleichzeitig analysieren lassen. Dies soll helfen, neue Einsatzmöglichkeiten für Medikamente zu entdecken und Nebenwirkungen besser vorherzusagen.
Oft werden Nebenwirkungen von Medikamenten erst spät in der Entwicklung identifiziert. Einem Forschungsteam aus der Schweiz ist es nun gelungen, mit einem innovativen Ansatz für metabolisches Profiling die Wechselwirkungen hunderter Wirkstoffe gleichzeitig mit dem Zellstoffwechsel zu ermitteln. Seine Ergebnisse stellte es im Fachjournal Nature Biotechnology vor.
Neben den bekannten Eigenschaften von Medikamenten ist es ebenso wichtig zu verstehen, wie diese den Zellstoffwechsel beeinflussen. „Unser Verfahren liefert eine zusätzliche Charakterisierung der Substanzen, aus der sich mögliche Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten ableiten lassen“, so der Letztautor Mattia Zampieri, Pharmakologe an der Universität Basel und der ETH Zürich. Auf diese Weise ließe sich die Medikamentenentwicklung beschleunigen.
Für die Analysen wurden Zelllinien mit einer Wirkstoffbibliothek inkubiert, die 1.520 Small-Molecule-Verbindungen umfasst, und das Zellwachstum mittels Time-Lapse-Mikroskopie überwacht. Anschließend analysierte das Team die Stoffwechselprodukte mittels FIA-TOF-Massenspektrometrie. Diese Methode ist mit einer Duchflussinjektionsanalyse (Flow Injection Analysis, FIA) gekoppelt, ermöglicht eine schnellere Messung ohne vorherige chromatographische Trennung der Metaboliten und erlaubt dadurch die parallele Messung vieler Moleküle mit hoher Sensitivität.
So konnten die Daten von 2.269 Stoffwechselprodukten und deren Veränderungen durch die Wirkstoffbehandlung erfasst werden. Insgesamt wurden auf diese Weise mehr als 3,4 Millionen Wechselwirkungen zwischen Wirkstoffen und Metaboliten identifiziert. Durch den Vergleich mit unbehandelten Zellen ließen sich für jeden Wirkstoff die metabolischen Effekte aufzeigen, die Rückschlüsse auf das Wirkprinzip ermöglichen.
Mit der in Nature Biotechnology vorgestellten Methode konnten sowohl zahlreiche Nebenwirkungen als auch Wechselwirkungen zwischen einzelnen Wirkstoffen identifiziert werden. Darüber hinaus ließen sich Vorhersagen der Wirkstoffeffekte treffen und experimentell validieren. Anhand der metabolischen Profile konnten auch bisher unbekannte Wirkprinzipien von gängigen Medikamenten aufgedeckt werden. Ein Beispiel ist das Schilddrüsenhormonanalogon Tiratricol, das als Inhibitor der Dihydroorotat-Dehydrogenase auch in die Pyrimidin-Biosynthese eingreift und somit als Krebsmedikament in Betracht kommt.
„Wirkstoffe beeinflussen viel mehr, als wir es uns vorgestellt hatten“, fasst Zampieri die gewonnenen Erkenntnisse zusammen. „Unsere langfristige Vision ist, das individuelle Stoffwechselprofil von Patienten mit den Wirkmechanismen tausender Wirkstoffkandidaten abzustimmen.“ Auf diese Weise könnten Medikamente gefunden werden, die den durch Krankheiten veränderten Stoffwechsel normalisieren. Auch für komplexe und seltene Erkrankungen ermöglicht die Hochdurchsatz-Metabolomik neue Behandlungsansätze, indem neue chemische Bibliotheken mit einer möglichst großen funktionellen Bandbreite generiert werden. Grundlegend für den Ansatz ist die Integration der umfangreichen multimodalen Omics-Daten, bei der neue KI-Lösungen eine entscheidende Rolle spielen können.