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Liese-Initiative zur rechten Zeit

Der Europaabgeordnete Dr. Peter Liese hat sich mit einem eigenen Gesetzesvorschlag zur Medizinprodukteverordnung an das europäische Parlament gewandt. Der BVMed begrüßt die Initiative.

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Der Gesetzesentwurf des Europaabgeordneten Dr. Peter Liese komme zur richtigen Zeit. So werde nach der Europawahl keine unnötige Zeit verloren, so BVMed-Geschäftsführer Dr. Marc-Pierre Möll. „Wir müssen gemeinsam mit allen Beteiligten Europa wieder zu einem wettbewerbsfähigen MedTech-Standort machen. Wir müssen überzogene Strukturen aufbrechen und gute regulatorische Rahmenbedingungen schaffen.“

Als „ungewöhnlichen und wichtigen Schritt zur Verbesserung der überbürokratischen und praxisuntauglichen EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR)“ hatte der Bundesverband Medizintechnologie BVMed die Initiative von Dr. Peter Liese bezeichnet. Dass sich der Arzt und Medizinprodukte-Experte mit einem eigenen Gesetzesentwurf an die Europäische Kommission wende, zeige laut Möll die Dramatik der negativen Auswirkungen auf die Versorgung der Patienten. Direkt nach der Europawahl sollten Kommission, Parlament und Rat gemeinsam Lösungen erarbeiten.

In seiner Gesetzesinitiative schlägt Liese unter anderem die Abschaffung der Rezertifizierung für Medizinprodukte der Klassen IIa und IIb (nicht implantierbar) vor sowie eine Verlängerung der Gültigkeit der MDR-Zertifikate auf zehn Jahre für Produkte der Klassen IIb (Implantate) und III. Der BVMed setzt sich für die Abschaffung der Rezertifizierung für alle Medizinprodukte ein, „denn gerade Produkte der Klassen IIb und III unterliegen umfassenden Berichtspflichten, die durch die Benannten Stellen engmaschig überprüft werden“, so Möll. Die Rezertifizierung erzeuge daher lediglich unnötige Bürokratie und Kosten. Darüber hinaus könne die Benannte Stelle bei Bedenken gegen ein Produkt das entsprechende Zertifikat jederzeit suspendieren.

Diskussionswürdig findet der BVMed den Vorschlag, ein „Europäisches Büro für Medizinprodukte“ (European Medical Devices Office) als Teil der Verwaltungsstruktur in der EU-Kommission anzusiedeln. Es sei richtig, eine zentrale rechenschaftspflichtige Verwaltungsstruktur zur Harmonisierung einzuführen: „Wir brauchen mehr Harmonisierung durch Zentralisierung“, so Möll. Dies habe der BVMed auch schon in seinem MDR-Whitepaper vorgeschlagen. Wo die Stelle angesiedelt und wie sie ausgestaltet werde, müsse ergebnisoffen diskutiert werden.

Positiv bewertet der BVMed die vorgeschlagenen Sonderverfahren für Orphan Devices und innovative Produkte sowie die bessere Unterstützung für kleine und mittlere Unternehmen (KMU), beispielsweise durch niedrigere Zertifizierungsgebühren und die Einrichtung eines KMU-Büros. 93 Prozent der MedTech-Unternehmen seien KMU – und somit das Herzstück der innovativen Branche, so Möll.

Die Gesetzesinitiative beinhaltet unter anderem folgende Maßnahmen:

  • Abschaffung der Rezertifizierung für Produkte für die Risikoklassen IIa und IIb (nicht implantierbar);
  • Verlängerung der Gültigkeit der Zertifikate auf 10 Jahre für Produkte der Klassen IIb (Implantate) und III;
  • Sonderverfahren für Orphan Devices und innovative Produkte und spezifische wissenschaftliche Beratung in einem strukturierten Dialog vor der Antragseinreichung;
  • Reformierung der Berichtspflichten (PSUR und SSCP); Abschaffung der verpflichtenden Aktualisierung, es sei denn, sie wird durch wesentliche Änderungen ausgelöst;
  • Unterstützung für KMU (niedrigere Gebühren, KMU-Büro);
  • Zentralisierte Notifizierung und Aufsicht der Benannten Stellen;
  • Harmonisierte/standardisierte Anforderungen für Benannte Stellen insbesondere über die Einhaltung der Guten Verwaltungspraxis und Kostenkontrolle;
  • Rechtsbehelfe für Unternehmen;
  • neues „Europäisches Büro für Medizinprodukte“ (European Medical Devices Office) als Teil der Verwaltungsstruktur in der EU-Kommission;
  • Zuständigkeit der EU-Ombudsperson für Fragen zu Medizinprodukten.

Anfang Juni hatte der BVMed bei einer Anhörung zum Antrag der Unionsfraktion im Gesundheitsausschuss des Bundestages eine aktive Rolle der Bundesregierung im Europäischen Rat und gegenüber der EU-Kommission angemahnt, um eine Verbesserung der EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) zu erreichen. Die MDR-Defizite hätten laut Dr. Christina Ziegenberg, stellvertretende BVMed-Geschäftsführerin, dazu geführt, dass MedTech-Innovationen immer unattraktiver würden und die Patientenversorgung in Europa gefährdet sei.

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