
Das Auto als Gesundheitsmonitor
In einer aktuellen Studie untersuchen die Charité – Universitätsmedizin Berlin und die BMW Group, wie der Gesundheitszustand von Autofahrern mit Hilfe KI-basierter Fahrzeugsensorik überwacht werden kann.
Des Deutschen liebstes Kind – das Auto – könnte in Zukunft dazu beitragen, Autofahrer während der Fahrt gesundheitlich zu überwachen und dadurch die Risiken für Unfälle zu reduzieren. In einem gemeinsamen Forschungsprojekt der Charité und der BMW Group wird untersucht, wie KI-basierte Fahrzeugsensorik den Gesundheitszustand der Fahrenden erkennen kann. Das Ziel ist es, Technologien zu entwickeln, die Vitalparameter während der Fahrt erfassen und dadurch beispielsweise gesundheitliche Risiken wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte frühzeitig vorhersagen.
Das Studienfahrzeug wurde mit hochentwickelten Sensoren ausgestattet, die unter anderem Vitalparameter wie Hautleitfähigkeit, Herzfrequenz oder Atemfrequenz erfassen – teilweise sogar ohne Körperkontakt. Damit wird eine standardisierte, fortlaufende und wiederholbare Erhebung medizinisch relevanter Daten unter Alltagsbedingungen möglich.
Die automatischen Messungen finden unter realitätsnahen Bedingungen statt: im Straßenverkehr, im Stand sowie auf einem Testgelände. Dabei berücksichtigen sie auch äußere Faktoren wie Wetter, Fahrverhalten oder Stresslevel. An der Studie nehmen gesunde Personen und Probanden mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko oder Vorerkrankungen teil. Eine ausführliche klinische Untersuchung zu Studienbeginn ermöglicht eine valide Zuordnung der Ergebnisse.
„Wir wollen herausfinden, mit welchen Technologien gesundheitliche Auffälligkeiten im Fahrzeug am zuverlässigsten erkannt werden können“, erläuterte Dr. Alexander Meyer, Professor für Künstliche Intelligenz in der Medizin und Chief Medical Information Officer am Deutschen Herzzentrum der Charité, das Ziel der Studie. „Dazu prüfen wir die Validität und Qualität der erfassten Vitalparameter in unterschiedlichen Fahrzuständen“, so Dr. Matthias Franz, BMW Forschung, Neue Technologien, Projektleiter Automotive Health. „Das machen wir zum Beispiel, indem wir die Daten der Fahrzeugsensoren mit denen, die uns hochwertige Standardgeräte der Herzmedizin liefern, vergleichen.“
Das langfristige Ziel ist die Entwicklung von Systemen, die früh auf gesundheitliche Veränderungen reagieren und rechtzeitig warnen können. Anwendungen wie telemedizinische Konsultationen oder ein kontinuierliches Monitoring von chronisch Kranken sind perspektivisch ebenfalls denkbar. „Durch die kontinuierliche und multimodale Erfassung von Gesundheitsdaten erhalten wir eine völlig neue Grundlage für die Entwicklung individueller Präventionsprogramme“, so Meyer, der auch das Projekt Automotive Health an der Charité leitet. „Wir könnten Risikoprofile deutlich präziser erfassen und daraus individualisierte Maßnahmen ableiten.“
Prof. Dr. Heyo K. Kroemer, Vorstandsvorsitzender der Charité ergänzte: „Gesundheitsversorgung muss dort ansetzen, wo die Menschen leben und arbeiten – und eben auch fahren. Die Kooperation mit der BMW Group zeigt, wie technologische Innovation und klinische Forschung Hand in Hand gehen können, um neue Antworten auf die Herausforderungen einer alternden Gesellschaft zu finden.“
Die ersten Ergebnisse der Studie werden Ende des Jahres erwartet. Langfristig planen die Partner, die gewonnenen Erkenntnisse in serienmäßige Fahrzeugfunktionen und gesundheitsfördernde Programme zu überführen. Projektpartner ist unter anderem das Berlin Institute for the Foundations of Learning and Data (BIFOLD), eines der sechs deutschen KI-Kompetenzzentren, an dem Prof. Meyer auch als Research Group Lead tätig ist.