Zäsur für die Medtech-Branche

Seit Mai 2021 gilt die EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR). Sie ist eine Zäsur für die Medtech-Branche in Europa: Die bürokratischen Anforderungen steigen erheblich – für alle Beteiligten.

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Die neue EU-Medizinprodukte-Verordnung (MDR) hat bereits jetzt deutliche Auswirkungen auf den Markt: Eine Umfrage des BVMed vom Herbst 2021 zeigt, dass über 70 Prozent der Unternehmen aufgrund der MDR einzelne Medizinprodukte oder Produktlinien eingestellt haben. Mehr als 55 Prozent der befragten BVMed-Unternehmen gaben an, dass bisherige Lieferanten ihre Geschäftstätigkeit aufgrund der MDR aufgegeben haben.

Bilanz der MDR
Da alle Produkte unter dem neuen Rechtsrahmen einer neuen Konformitätsbewertung unterzogen werden müssen, droht bis zum Ende der Übergangsperiode ein gewaltiger Zertifikatsstau aufgrund der knappen Ressourcen. Diese müssen besser eingesetzt werden. Zudem kommen Innovationen zum Erliegen, da Forschungsabteilungen aktuell auf die MDR-Regularien fokussiert sind.
Was muss jetzt geschehen? Der Handlungsdruck wächst. Dieshalb sieht der ­BVMed unter anderem folgende Lösungsansätze:

  • Der Designations-Zeitraum für Benannte Stellen muss gestrafft werden, und es muss Anreize für neue Anträge geben.
  • Der vorhandene Zertifikatsstau im Mai 2024 muss entzerrt werden: Dafür werden entsprechende Ressourcen in den Benannten Stellen benötigt. Die vorhandene Kapazität muss besser genutzt, und die Prioritäten müssen richtig gesetzt werden: in QMS-Audits und den Reviews von technischen Dokumentationen.
  • Für Hersteller, die nachweislich keine Benannte Stelle finden oder deren bestehende Verträge aufgekündigt oder nicht verlängert werden, müssen Lösungen etabliert werden.
  • Für bewährte und sichere Bestandsprodukte müssen pragmatische Lösungen, beispielsweise über eine Übergewichtung der Post-Market-Daten oder das Instrument der „Anerkennung klinischer Praxis“ gefunden werden.
  • Für Nischen- beziehungsweise Spezial­produkte, die in kleiner Patienten­population angewendet werden, muss die Europäische Kommission Ausnahmeregelungen in Europa schaffen.

Europäische Lösung gefragt
Die deutsch-französischen MedTech-Verbände BVMed und SNITEM haben auf einer Konferenz Mitte März 2022 in Paris mit Vertretern der EU-Kommission eine Initiative gestartet, um auf europapolitischer Ebene Lösungen für die Probleme bei der Umsetzung der neuen EU-Medizinprodukte-Verordnung voranzutreiben (www.bvmed.de/mdr-bvmed-snitem), denn es muss jetzt gehandelt werden.

BVMED-Branchenkonferenz
Der BVMed zieht am 18. Mai 2022 Bilanz über die bisherige Implementierung und beleuchtet die aktuellen Herausforderungen. Gemeinsam mit politischen Entscheidungsträgern und Experten aus unterschiedlichen Stakeholderkreisen wird über aktuelle Themen, Probleme und Lösungsansätze diskutiert, um die Patientenversorgung auch nach Ablauf der Übergangsperiode zu gewährleisten. Bereits am Vorabend trifft sich die Branche zu einem Get Together mit Podiumsdiskussion. Informationen zum Programm und Anmeldung unter www.bvmed.de/mdr2022).

Der Text ist in der aktuelle Ausgabe von medtech zwo 2022 erschienen. Das Heft kann hier als PDF heruntergeladen werden.

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