Verbesserungspotential bei Forschungszulage für Biotech-Branche
Die im Jahr 2020 eingeführte steuerliche Forschungsförderung für Unternehmen ("Forschungszulage") wird stärker, aber nur verhalten genutzt. Bislang haben aus allen Branchen mehr als 7.200 Unternehmen über 14.000 Vorhaben zur Genehmigung eingereicht. Der Maschinen- und Anlagenbau ist mit 953 Antragstellern und 2.337 Vorhaben die Branche mit der stärksten Nutzung. In der Biotechnologie gibt es Nachholbedarf.
Rund zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung, kurz Forschungszulagengesetz – FZulG, zieht die Biotechnologie-Branche nach einer aktuellen Umfrage eine weitgehend positive Bilanz über das Förderinstrument.
So genaue Zahlen wie im Maschinenbau gibt es aber für die Biotechnologie derzeit nicht, da der zuständige VDI bisher nur komplette Wirtschaftszweige erfasst. Die Biotechnologie als Querschnittstechnologie von Pharma über Chemie bis Materialien und Lebensmittel sei derzeit nicht aus der Statistik herauszulesen, heißt es. Der Biotechnologie-Branchenverband BIO Deutschland e. V. behalf sich daher mit einer Umfrage bei seinen Mitgliedsunternehmen. 77 Prozent derer, die bereits Erfahrungen mit der Forschungszulage hatten, gaben an, diese sei positiv, nur 23 Prozent fanden diese negativ. Die positive Bewertung wurde vor allem von Unternehmen aus den Sektoren Therapie und Diagnostika, Enzyme und Auftragsforschung ausgestellt. Die meisten der negativen Rückmeldungen fallen in den Bereich Therapieentwicklung.
Heike Balzer, die gemeinsam mit Dirk Honold die Arbeitsgruppe Finanzen und Steuern der BIO Deutschland leitet, kommentiert: „Die Umfrageergebnisse und Kommentare unserer Unternehmen zeigen, dass die Forschungszulage eine sinnvolle Förderung zur Finanzierung kleinerer Forschungsprojekte und zur Unterstützung einer Anschubfinanzierung sein kann. Für großvolumige Forschungsvorhaben der medizinischen Biotechnologie ist sie allerdings nur ein kleiner Baustein zur Finanzierung und Förderung der Projekte. Trotz des mehrheitlich positiven Feedbacks unserer Unternehmen sehen wir dennoch Bedarf für Nachbesserungen, um die Förderung für deutlich mehr Unternehmen attraktiv und sinnvoll zu machen. Zu nennen wäre beispielsweise die Vereinfachung der Antragstellung. Zudem empfehlen wir die Erhöhung der Fördervolumina, die Anhebung des Fördersatzes um mindestens 5 auf 30 Prozent sowie eine deutliche Ausweitung beziehungsweise Abschaffung der Bemessungsgrundlage der förderfähigen Forschungsaufwendungen."
Experten in der Beratung für die Antragsstellung gibt es einige. Gut vertraut mit den Bedürfnissen und Gepflogenheiten in der Biotechnologie ist Michaela-Rosemarie Hermann von Leyton. |transkript.de fragte nach, wo sie die größten Stolpersteine bei der Forschungszulage sieht. „Wir sehen die größten Hürden hinsichtlich Beantragung der Forschungszulage innerhalb des zweistufigen Antragsverfahrens, insbesondere in der 2. Stufe. Hier gibt es Probleme bei der Beantragung der konkret angefallenen Kosten pro Wirtschaftsjahr bei dem jeweilig zuständigen Finanzamt. Auffällig ist, dass bereits durch die Bescheinigungsstelle Forschungszulage (BSFZ) rechtsverbindlich genehmigte Projektkosten (1. Stufe) beim Finanzamt aufgrund von Interpretationsspielräumen Streichungen erfahren. Diese sind oftmals nicht nachvollziehbar. Leider unterliegt die Prüfung durch das Finanzamt zusätzlich keiner Frist, was den Prozess zur Erlangung der Forschungszulage um bis zu ein Jahr stark verlängern kann. So sind der lange Beantragungsprozess und Dokumentationsaufwand zur Vorbereitung auf eine mögliche Prüfung durch das Finanzamt ursächlich für den bisher verhaltenen Erfolg der Forschungszulage", so Hermann.
Die ursprünglich angesetzten Kosten für die Forschungszulage liegen bei jährlich rund 2,5 Mrd. Euro. Laut einer aktuellen Erhebung des ZEW wird davon nur ein sehr geringer Teil beantragt: „Nach den Plänen der Bundesregierung sollten bis zu 2,5 Mrd. Euro pro Jahr an forschende Unternehmen gezahlt werden. Wenn wir das Ergebnis unserer Befragung hochrechnen, ist von einem Abfluss aus der Forschungszulage von deutlich weniger als zehn Prozent der budgetierten Mittel auszugehen“, sagt Christian Rammer, zuständiger Projektleiter im ZEW in einem Gespräch mit table.media.
Auch Branchenkenner können derzeit keine Schätzungen abgeben, wie viele der beantragten Vorhaben aus der Biotechnologie-Branche stammen. Eine verbesserte Klassifizierung der Anträge wird derzeit beim zuständigen VDI überlegt.