Vfa-Biotech-Report: Neue Rekordzahlen

Mehr als die Hälfte der 2022 neu zugelassenen Medikamente waren Biopharmazeutika. Doch im laufenden Jahr erwartet der vfa eine Eintrübung der Geschäftsaussichten.

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Die Biotechnologie hat ihren Anteil am Pharmamarkt in Deutschland erneut ausgeweitet. 59% aller im vergangenen Jahr neu zugelassenen Arzneimittel – so viele wie nie zuvor – waren Biopharmazeutika (2021: 46%). Insgesamt stieg der Marktanteil von Biologika am Gesamtmarkt auf 32,9% (2021: 31,4%). Der Umsatz mit rekombinant hergestellten Medikamenten betrug 2022 17,8 Mrd. Euro (16,1 Mrd. Euro). Global waren es 403,1 Mrd. US-Dollar (2021: 345,8 Mrd. US-Dollar). Das berichtet im Auftrag des vfa die Strategieberatung Boston Consulting Group in ihrem jährlich herausgegebenen Biotech-Report „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2023“.

„In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Zahl der zugelassenen Biopharmazeutika auf 398 und der nun rund 50.000 Arbeitsplätze fast verdoppelt – 2022 betrug der Zuwachs 8,7% im Vergleich zum Vorjahr – der Umsatz sogar verdreifacht“, so Dr. Matthias Meergans, der neue Geschäftsführer Forschung & Entwicklung des vfa. Die Biologika-Pipeline hat sich seit 2005 weit mehr als verdoppelt. Von 256 klinischen Entwicklungskandidaten im Jahr 2005 stieg sie auf 672 Ende vergangenen Jahres und erreichte damit das Niveau von 2021 mit 669. Gegenüber dem Jahr 2021 stieg die Zahl der Phase I-Projekte um 5,6%. Dies zeige, dass während der vergangenen Jahre hohe Investitionen getätigt wurden, so Meergans.

Ein organisches Wachstum und mit 80% den höchsten Marktanteil weisen Biologika gegen immunologische Erkrankungen und mit 48% Marktanteil zielgerichtet wirkende Arzneimittel gegen Krebs auf. Die größten Umsatzzuwächse verzeichnet der Report bei biotechnologischen Antiinfektiva (+35%) und Biologika gegen Atemwegserkrankungen (+15%), die Marktanteile von 25% bzw. 8% erreichten, – nach Einschätzung des vfa indirekte Sonderwirkungen der Corona-Pandemie und der Marktzulassung der Herpes zoster-Impfung im vergangenen Jahr.

„Die Ergebnisse unterstreichen die herausragende Relevanz der Biotechnologie für die Gesundheitsversorgung in Deutschland. Das ist nur durch leistungsstarke Unternehmen möglich. Sie sind enorm forschungs- sowie entwicklungsorientiert und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Innovationskraft Deutschlands“, so vfa-Präsident Han Steutel. Laut Steutel dürften "die starken Zahlen der Biotechnologie jedoch nicht über die trüben Aussichten der gesamten Pharmabranche hinwegtäuschen”. Die Einschnitte durch die Gesetze der Bundesregierung zur Stabilisierung der durch die Corona-Pandemie arg gebeutelten Reserven der gesetzlichen Krankenkassen machten den Standort Deutschland zunehmend unattraktiver.

Im Zuge des im Oktober 2022 verabschiedeten GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) wurden Preiserhöhungen bei Arzneimitteln, die keinem Festbetrag unterliegen, bis 2026 verlängert, der Herstellerabschlag um 5% erhöht. Die Umsatzschwelle, von der an Arzneien gegen seltene Erkrankungen einer Nutzenbewertung unterliegen, wurde von 50 Mio. Euro auf 30 Mio. Euro Jahresumsatz abgesenkt. Die finanzielle Belastung für die Pharmaunternehmen lägen in der Größenordnung der jährlichen Investitionen der Hersteller in die klinische Forschung.

Der vfa erwartet daher für das laufende Jahr bei der Produktion ein Minus von 1,7%, beim Umsatz von sogar 5% durch Lieferengpässe, gestiegene Energiekosten und die finanzielle Mehrbelastung. Rund die Hälfte der Unternehmen sei bereits im Sparmodus und habe Personalabbaupläne entwickelt oder erarbeitet derzeit Rationalisierungspläne. Einen ähnlich pessimistischen Geschäftsausblick hatte Anfang des Jahres der Biotechnologieverband BIO Deutschland per Befragung seiner Mitgliedsunternehmen vermeldet.

Damit der Innovationsstandort Deutschland mit seiner exzellenten Grundlagenforschung, aber schwachen Translation in die Klinik attraktiver für Investitionen werde, müsse die Bereitschaft zu einem partnerschaftlichen Dialog von Bundesministerien, Wissenschaft und Biotech- und Pharmaindustrie an einem Runden Tisch steigen. Dass dies möglich ist, zeigen die Beispiele Großbritannien und Spanien, wo die administrativen Hürden für klinische Studien pragmatisch gesenkt wurden. Beide Länder haben Deutschland als ehemalige weltweite Nr. 2 bei der Zahl klinischer Studien inzwischen überholt. Heute steht Deutschland nur noch auf Rang 6.

”Die Erfolge der Biotechnologie sollten nicht unnötig aufs Spiel gesetzt werden“, so Steutel.

Neurolentech und Kaerus Bioscience kooperieren

Die österreichische Neurolentech GmbH und Kaerus Bioscience Ltd. (UK) arbeiten künftig gemeinsam an neuen Behandlungsmöglichkeiten für Patienten mit genetisch bedingten neurologischen Entwicklungsstörungen (NDD). Das IST Austria-Start-up und das Biotech-Unternehmen vereinbarten im April eine entsprechende Technologie-Zugangspartnerschaft.

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