SPRIND finanziert Nanoschalter zur Tumorbekämpfung
Für seine Nanoschalter, die eine nebenwirkungsärmere Krebsimmuntherapie eröffnen, erhält die Plectonic Biotech GmbH ein SPRIND-Darlehen.
Ein von der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND über die nächsten Jahre gewährte Kredit in ungenannter Höhe soll dem Münchener Start-up Plectonic Biotech GmbH die Entwicklung DNA-basierter Nanoschalter ermöglichen, die die Wirkungen von Krebsimmuntherapien auf gesunde Zellen minimieren und damit deren oft schweren Nebenwirkungen minimieren. Dies erreicht der Nanoschalter, in dem er eine Hyperstimulation des Immunsystems verhindert und zudem erst lokal, also nach Bindung an Tumorzellen wirkt.
Bei Krebsimmuntherapien wird das körpereigene Immunsystem gegen Krebszellen gerichtet. Problematisch dabei ist es, eine hohe Wirksamkeit der Immunantwort mit möglichst geringen Nebenwirkungen zu verbinden. Eine Lösung scheint nun gefunden: Das Team der Plectonic Biotech GmbH um die Gründer Dr. Klaus Wagenbauer, Dr. Jonas Funke, Dr. Benjamin Kick und Prof. Hendrik Dietz hat einen „An/Aus-Schalter“ für Antikörper-basierte Immuntherapien entwickelt. Anders als die meisten Therapien richtet sich dieser nicht gegen ein Tumorantigen, sondern kann gegen zwei gerichtet werden, die in dieser Kombination nicht auf gesunden Zellen vorkommen, also tumorzellspezifisch sind. So zeigt es jedenfalls die Fimenhomepage.
Der Schalter ist nur wenige Nanometer groß und basiert auf der DNA-Origami-Technik, das heißt DNA wirkt hier nicht als Speicher von Erbinformationen, sondern als strukturbildendes Element molekularer Maschinen. Erkennt der bispezifische Antikörper seine Tumorzielproteine und bindet an sie, kommt es zu einer Konformationsänderung des Nanoschalter, die eine zuvor in der Schalterstruktur verborgene Andockstelle für Immunzellen freisetzt. Das heißt, erst nach der lokalen Bindung des Nanokonstruktes an die Tumorzelle, können Immunzellen spezifisch an die Tumorzelle binden. Das ist das Besondere am neuen Therapieansatz von Plectonic ist also: Das Immunsystem reagiert erst, wenn eine Tumorzelle identifiziert und gebunden wurde. Das führe zu einer geringeren Aktivität im gesunden Gewebe und damit zu weniger Nebenwirkungen, erklärt Wagenbauer, der die Technologie mit seinem Team DietzLab des Munich Institute of Biomedical Engineering der TUM entwickelt hat. Der Schalter, der LOGIBODY heißt (LOGIc-gated antiBODY), kann mit unterschiedlichen Antikörpern gegen verschiedene Tumorarten bestückt werden.
Das Münchner Start-up will nun gemeinsam mit Pharmaunternehmen neue Therapeutika gegen verschiedene Tumorerkrankungen entwickeln. Zunächst sollen die Studien durchgeführt werden, die für eine sogenannte IND-Anmeldung (investigational new drug) und für den Start einer klinischen Phase I-Studie notwendig sind.
Die Ende August 2018 von der Bundesregierung gegründete Agentur für Sprunginnovationen SPRIND hat ihren Geschäftssitz in Leipzig und will „Denker und Macher“ dabei unterstützen, bahnbrechende Ideen aus Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft in erfolgreiche Produkte, Dienstleistungen und Arbeitsplätze in Deutschland umzusetzen. „Made in Germany“ solle wieder an die Spitze des technologischen Fortschritts der Welt gebracht werden, so der damalige Wirtschaftsminister Peter Altmaier. Insbesondere geht es um die Bewältigung der Durststrecke zwischen Grundlagenforschung und Marktreife.
Mario Brandenburg, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Bildung und Forschung und Aufsichtsrat der Bundesagentur für Sprunginnovationen SPRIND, kommentierte die aktuelle Förderung der TUM-Ausgründung: „Plectonic mit seinem bahnbrechenden Therapieansatz ist erneut ein sehr gutes Beispiel, das die Aufgabe von SPRIND im Innovationsökosystem zeigt: Mit SPRIND identifizieren und unterstützen wir Technologien mit Sprunginnovationspotenzial und begleiten sie durch das ‚Valley of Death‘ von der Grundlagenforschung zur Marktreife. Unternehmen wie die Plectonic Biotech GmbH erhalten beim Reifegrad ihrer Technologie von privaten Kapitalgebern noch nicht ausreichend Eigenkapital, da Arzneimittel-Zulassung, Umsatz und Gewinn erst in einigen Jahren zu erwarten und der Weg dorthin risikobehaftet und kostenintensiv ist. Damit dieser vielversprechende und für viele Krebspatienten wichtige neue Ansatz eine Chance hat, seinen medizinischen und volkswirtschaftlichen Nutzen in Deutschland zu entfalten, braucht es Instrumente wie die SPRIND.“
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