Übernahme-Angebot für Biofrontera-Aktionäre vom Vorstand abgelehnt
Die Deutsche Balaton AG mit Sitz in Heidelberg hat am 15. Juli 2022 die Angebotsunterlagen für ein freiwilliges öffentliches Übernahmeangebot veröffentlicht und bietet allen Aktionären der Leverkusener Biofrontera AG die Übernahme von Papieren zu 1,18 Euro an. Zugleich verfügen die Bieter und verbundene "Kontrollerwerber" nun über einen Anteil von knapp über 30% der Stimmrechte. Der aktuelle Vorstand der Biofrontera AG lehnt das Angebot ab. In drei Wochen ist die Hauptversammlung.
Irgendwoher kommt einem die Geschichte vertraut vor und in der Tat: Im Jahr 2018 vollzog sich schon einmal rings um eine nahende Hauptversammlung der Biofrontera AG ein Versuch, die Gestaltungsmehrheit bei einer börsennotierten Biotechfirma zu gewinnen; 2018 sollte eine 25%ige Sperrminorität erreicht werden (|transkript 7-8/2018). Handelnde Personen: auch damals der heutige Aufsichtsratsvorsitzende der Biofrontera AG, Wilhelm K. T. Zours, gleichzeitig auch Aufsichtsratsvorsitzender der Deutschen Balaton AG und damit der "Bieter" im neuerlichen Übernahmepoker.
Die Biofrontera AG war eine der ersten deutschen Biotechnologiefirmen der jüngeren Geschichte, die ein eigens entwickeltes Medikament zur Zulassung gebracht hatte. Das war Ende 2011 das Hautpräparat Ameluz, das dann seit 2012 europäisch und nach einer Zulassung durch die FDA auch ab 2016 in den USA vermarktet wird. Zuvor schon, 2006, gelang den Leverkusenern ein Börsengang, der jedoch gemeinsam mit dem der Münchner Wilex AG der letzte Biotech-IPO für fast ein Jahrzehnt an einem deutschen Börsenplatz bleiben sollte. Es waren mit der nahenden Lehman-Pleite keine rosigen Zeiten für Biotech-Finanzierungsrunden angebrochen. Der größere Verkaufserfolg für das Medikament und eine begleitend anzuwendende patentierte Lampe – insgesamt als photodynamische Lichttherapie gegen aktinische Keratose einzusetzen – wurde vom Gründer Hermann Lübbert immer in den USA gesehen, worüber er sich auch schon einmal mit dem Investor der frühen Stunde, Carsten Maschmeyer, nicht einig werden konnte. Dieser veräußerte seine Anteile an der Biofrontera AG, für die notwendige, kostenintensive Expansion nach USA wurde jedoch ein finanzstarker Ersatz gesucht: das war der Augenblick, als die Deutsche Balaton AG zur Biofrontera stieß.
Was sich anfangs wohl harmonisch anließ, gestaltete sich aus Sicht der Gründungsmannschaft mit dem ersten Übernahmeangebot schon schwieriger und seither durch eine Vielzahl von Nickligkeiten bei Postenbesetzungen im Aufsichtsrat, dem Börsengang der Biofrontera Inc. und entsprechenden Anfechtungsklagen, Mediationsverfahren und einem darin dokumentierten Vertrauensverlust zur gleichen Zielrichtung aller Beteiligten zunehmend schwierig. Durch die personelle Verflechtung von Funktionen in der Biofrontera AG, deren Beteiligung an der US-Gesellschaft Biofrontera Inc. (noch etwa 34% der US-Aktien gehören der einstigen Muttergesellschaft) und der Deutschen Balaton AG sowie damit engst verbundenen Unternehmungen kommt es nun zu einer für Außenstehende kaum nachvollziehbaren Situation: Die im Wesentlichen Wilhelm K.T. Zours zugerechnete Bietergemeinschaft rings um die Deutsche Balaton AG gibt ein Angebot ab, das der "Vorstand und Aufsichtsrat der Biofrontera AG (…) ablehnt".
Vermutlich kein Wunder, dass dessen verbundene Gemeinschaft der Anteilseigner zur kommenden Hauptversammlung einen Vorschlag zur Neubesetzung des Biofrontera Ausichtsrates abstimmen lassen will, der nach allgemeiner Auffassung eine Mehrheit für "Zours and friends" bedeuten würde. Ein wichtiger Faktor im ganzen Wirrwarr der Interessen und Anteile ist die über 20%ige Beteiligung der Firma Mahuro an Biofrontera AG, einer japanischen Pharmafirma, die bereits seit 2013 Firmenanteile in einer strategischen Kooperation bezogen hatte. Schon bei der Ablehnung des Übernahmeangebotes 2018 hatte die Unterstützung von Mahuro für den damaligen Vorstandskurs den wohl wesentlichen Ausschlag gegeben, und die Aktionäre des Streubesitzes von einem massiven Verkauf an Zours abgehalten. Es bleibt spannend in Leverkusen und Fortsetzung folgt gewiss.