Erster EU-Zulassungsantrag für Laborfleisch

The Cultivated B, ein Tochterunternehmen des deutschen Lebensmittelherstellers Infamily Foods, hat als weltweit erstes Unternehmen ein zellkultiviertes Fleischprodukt bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) registriert. Das Produkt fällt unter die Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union, das Zulassungsverfahren ist langwierig und wird nach vorsichtigen Schätzungen von Branchenexperten mindestens 18 Monate dauern.

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Als weltweit erstes Unternehmen hat The Cultivated B, Heidelberg, ein Tochterunternehmen des deutschen Lebensmittelherstellers Infamily Foods, bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) ein zellkultiviertes Fleischprodukt registriert. Derzeit läuft das Vorverfahren für die Zulassung, wie die Lebensmittelzeitung berichtet. Das Produkt fällt unter die Novel-Food-Verordnung der Europäischen Union. Das Zulassungsverfahren ist langwierig und wird nach vorsichtigen Schätzungen von Branchenexperten mindestens 18 Monate dauern. Zudem gilt das Zulassungsverfahren der EFSA für Novel Food als eines der härtesten weltweit, da es eine gründliche und evidenzbasierte Bewertung der Lebensmittelsicherheit und des Nährwerts beinhaltet.

Die Holding InFamily Foods aus Versmold (zwischen Bielfeld und Münster gelegen) entstammt einer traditionellen Großmetzgerei. Diese ist heute als The Butcher Family eine der drei Säulen des Lebensmittelbetriebes, mit dem eine jüngere Generation auf internationale Märkte strebt. Die beiden anderen Säulen sind The Plant Butchers sowie The Cultivated B.

The Cultivated B (TCB) ist dabei der rein auf Proteinherstellung aus dem Fermenter spezialisierte Geschäftsarm, der sich in der Eigendarstellung als eine Art CDMO für den Lebensmittelbereich präsentiert mit dem Slogan „Factory as a service“. TCB stellt seit einiger Zeit Bioreaktoren für kultiviertes Fleisch in Kanada her. Im Oktober 2022 gab das Unternehmen die Eröffnung einer 130.000 Quadratmeter großen Anlage in Ontario bekannt, die Teil einer strategischen Partnerschaft mit der staatlich geförderten Non-Profit-Organisation Ontario Genomics ist, um Bioreaktoren in Größen von 500 ml bis 25.000 Liter sowie andere Geräte für die zelluläre Landwirtschaft und Präzisionsfermentation zu entwickeln und herzustellen.

Erst vergangene Woche gab das Unternehmen eine Partnerschaft mit der Biotech-Firma denovoMATRIX bekannt. Beide wollen die Möglichkeiten der Fleischzucht im großen Maßstab erforschen und eine Zellproduktion im Pilotmaßstab etablieren, die als Standard für eine erfolgreiche Fleischzucht im großen Maßstab übernommen werden kann. Dr. Hamid Noori, CEO von The Cultivated B, kommentierte: “Diese Zusammenarbeit bedeutet nicht nur einen Schritt vorwärts in der Zelllinientechnologie, sondern spiegelt auch unser gemeinsames Engagement für fortschrittliche Innovationen im Bereich des kultivierten Fleisches wider”.

Der Gegenstand des aktuellen Zulassungsverfahrens ist – in schöner Metzgertradition – die Herstellung von Hybrid-Hotdogs mit einer Mischung aus veganen Zutaten und Schweinefleisch aus Zellkulturen, die in einem der eigens entwickelten Bioreaktoren gezüchtet wurden.

Kürzlich machten die Niederlande in der „labgrown meat“ Community von sich reden, da man dort auf einem Nebenweg zum schwierigen EFSA-Zulassungsverfahren nun zumindest staatlicherseits eine öffentliche Verkostung von „Laborfleisch und -meeresfrüchten“ erlaubt. Unter strengen Regeln und bei nur sehr begrenzter Teilnahmemöglichkeit bietet dieser direkte Kundenkontakt den Unternehmen dennoch erstmals in Europa eine frühzeitige Interaktion mit dem Kunden, was den ganzen Sektor beflügeln könnte. Die Niederlande haben mit Mark Post aus Maastrich und einigen Start-ups in dem Sektor sowie dem ersten Labor-Hamburger, der 2013 in London präsentiert und verkostet wurde, eine lange Tradition. An diese soll nun wieder aktiver gegen die asiatischen Wettbewerber und erste Zulassungen in den USA angeknüpft werden.

Das Hotdog-Würstchen aus Versmold/Heidelberg wird nun einige Monate in die undurchsichtigen Verfahrenswege der EFSA abtauchen, bis man wieder etwas davon hört, sieht oder gar schmecken kann.

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