Messe Analytica: zurück auf Normal
Am heutigen letzten Messetag der viertägigen Analytica in München lässt sich resümieren: Nach einem schwächeren ersten Tag füllten sich im Laufe der Woche alle Messehallen bis an ihre Kapazitätsgrenzen. Die zum Teil riesigen Stände der großen Laborausrüster und Technologieanbieter waren teilweise überfüllt, in den Gängen gab es kein Durchkommen mehr. Die zufriedene Erschöpfung der über 1.000 Aussteller zeigte: Die Messe ist wieder da, wo sie vor der Corona-Delle war.
Auf der Eröffnungspressekonferenz hatten die Messeveranstalter noch etwas zurückhaltend die Hoffnung geäußert, mit den Aussteller- und Besucherzahlen „wieder in die Nähe der Zahlen von 2018 zu kommen“, wie es Dr. Reinhard Pfeiffer, Geschäftsführer der Messe München, ausdrückte. Während der erste Messetag von etlichen Ausstellern vor allem in den hinteren Bereichen der vielen Messehallen als ausgesprochen schwach bezeichnet wurde, füllten sich die Gänge, Hallen und Stände im weiteren Verlauf immer mehr und die Menschenmassen vermittelten durch die vibrierende Betriebsamkeit, aber auch in vielen Gesprächen der Teilnehmer, die Stimmung: Es geht dort weiter, wo man vor Corona stand und durch die Pandemie jäh ausgebremst wurde. Am Ende der vier Tage meldete die Messe rund 34.000 Besucher aus 117 Ländern und einen neuen Besucherrekord der Analytica-Konferenz, die seit drei Jahrzehnten von diversen Fachgesellschaften mit einer breitgefächerten Themenvielfalt (diesmal viel über Künstliche Intelligenz) organisiert wird.
Über die Branchenzahlen war in den vergangenen Monaten viel berichtet worden. Sowohl der Branchenverband SPECTARIS als auch die Fachabteilung Life Science Research (LSR) im Verband der Diagnostica-Industrie zeigten in ihren Übersichten noch einmal den bergspitzenartigen Aufschwung, den gerade die Labor-, aber auch die Diagnostikunternehmen durch die Pandemie genommen hatten. Doch nach dem Gipfel folgte der auch im Bergsport bekannte Abstieg, der nicht allmählich, sondern ebenso steil nach unten ging und teilweise noch im gesamten Jahr 2023 zu einer Nachfragedelle in der Branche führte, da viele Kunden ihre Lager überfüllt hatten. Diese hohen Lagerbestände und das langsame Abschmelzen werden von beiden Verbänden, aber auch von vielen einzelnen Unternehmen der Branche als wesentliche Gründe für den Umsatzrückgang im vergangenen Jahr genannt (siehe Hintergrund).
Je nach Gesprächspartner und Unternehmen konnte man auf der Analytica recht unterschiedliche Geschichten über den Jahresbeginn 2024 hören. Während die einen vor allem in den USA noch eine größere Zurückhaltung bei den Bestellungen sehen, weil schlicht noch keine größeren Budgets für den Einkauf freigegeben wurden, sehen die globaler aufgestellten Unternehmen in verschiedenen Regionen der Welt wieder mehr Dynamik bei den Einkäufen, so dass die Auftragsbücher im ersten Quartal bereits gut gefüllt zu sein scheinen. Eine latente Unsicherheit, ob nun die Talsohle erreicht ist und leichte positive Änderungen gleich eine Trendumkehr bedeuten und man von nun an generell auf den Wachstumspfad zurückkehren kann, wollte jedoch keiner der Experten leugnen. Zu volatil ist das Weltgefüge. Krisen aller Art können positive Entwicklungen jederzeit wieder bremsen, weltpolitische Themen wie Handelsbarrieren oder gar Handelskriege sind fest in den Köpfen aller Beteiligten verankert und verhindern eine freudetrunkene Sektlaune über einzelne Großaufträge.
Die Auseinandersetzung der USA mit China und die unsichere Positionierung Europas und Deutschlands in diesem Zusammenhang werden immer wieder thematisiert. Die gut 150 chinesischen Aussteller, die auf mehreren großen Gemeinschaftsständen in verschiedenen Hallen platziert waren, konnten dazu keine Auskunft geben, da die Firmenvertreter kaum in Interaktion mit den Besuchern traten. Die Stände wirkten fast wie Fremdkörper in den Messehallen, die Firmenvertreter selbst wie Ausstellungsobjekte. Offensichtlich wollte der chinesische Staat ein Signal setzen, dass auch China wieder „da“ ist und sich präsentiert. Doch das wichtige Thema der Grundlagen jeder internationalen Zusammenarbeit, der offene und vertrauensvolle, aber auch rechtssichere Austausch von Gütern, Waren und Know-how, auch im Hinblick auf das Lieferkettengesetz und andere Themen, die im Zusammenhang mit China oft genannt werden, konnte mit dieser eher verschlossen wirkenden Präsentation nicht angesprochen werden.